Arbeiter

Solingen war eine Arbeiterstadt, die um 1900 bevölkerungsmäßig explodierte, weil die Industrialisierung damals noch Arbeitsplätze schuf und nicht wie heute die Automatisierng Arbeitsplätze vernichtet. Doch Arbeiter, wenn sie auch materiell ungleich besser gestellt waren als die Menschen jemals zuvor und in vielen anderen Ländern, trugen durch die unmittelbare Abhängigkeit von der einzigen Einkommensquelle, eben dem Arbeitsplatz, immer schon ein hohes Risiko. Und so ist die Arbeitergeschichte, vor allem auch in Solingen, die Gleichzeitigkeit von Erfolg und Rückschlag.

 

Der Lohn der Arbeit - und kein Wert. Kaum konnte man an diesen Tagen, Sommer/Herbst 1923 dafür etwas kaufen. Verhältnisse, wie sie heute immer noch und schon wieder in vielen Ländern - vor allem in der Ex-UdSSR existieren. Man arbeitet, und hat nichts davon.

 

 

Am 10. und 11 März 1973 diskutierten 400 Vertreter der Gewerkschaftsjugend in vier Arbeitsgruppen Probleme der beruflichen Bildung.

Die damals erkannten Rückstände:

62 % der Lehrlinge finden in den Unternehmen keinen Ausbildungsplan vor.
Nur 1/3 der Lehrlinge findet für sie geeignete besondere Arbeitsplätze oder -möglichkeiten vor.
30 % haben neben der praktischen keine theoretische Unterweisung.
54 % der Lehrlinge verbringen die Arbeitstage überwiegend mit Routine-, nicht mit Lernaufgaben.
39 % würden den Ausbildungsbetrieb nicht noch einmal wählen.

 

"Wir als Gewerkschaften erheben den Anspruch auch auf die gesamten Arbeitsbedingungen Einfluss zu nehmen; denn nur so können wir die Macht der Unternehmer zurückdrängen und kollektiv die Interessen der Lohnabhängigen durchsetzen. ... Deshalb fordern wir, dass berufliche, politische und allgemeine Bildung miteinander verbunden werden. .... "

Viele der in Solingen aufgestellten Forderungen sind im übrigen im Laufe der darauf folgenden Jahren ganz oder teilweise verwirklicht worden; u. a. die Ausweitung des Blockunterrichts an Berufsschulen oder die Errichtung überbetrieblicher Ausbildungsstätten.

Herausgeber: DGB, Bundesvorstand, Abteilung Jugend, Düsseldorf

Ob vor 150 Jahren, vor 50 Jahren oder heute: Das Schicksal des Arbeiters (auch wenn der heute meistens ein Angesteller ist und Boss-Anzüge trägt) ist, kaum oder selten über die eigene berufliche Zukunft und Chance bestimmen zu können. Ungleich schneller und unvermittelter trifft jemanden, der "lohnabhängig" arbeitet, die Kündigung. Insofern haben Gewerkschaften, bei Lichte betrachtet, nichts, aber auch gar nichts erreicht. Hätten sie können?

 

Auch "berühmte Marken" und "eingesessene Firmen" waren und sind kein Garant gegen den plötzlichen Verlust des Arbeitsplatzes. Kaum ein renommiertes Solinger Unternehmen, das überlebt hätte bzw. ohne Kündigungen ausgekommen ist. Nur einige wenige haben dies wirklich geschafft. Für die Mitarbeiter anderer berühmter Marken kam das Ende um so jäher, brutaler und emotional nie mehr reparabel.

 

Umgekehrt ging es aber auch. In den 50er und 60er Jahren, als die Konjunktur stark wuchs, schmissen viele Arbeiter freitags wegen 10 Pf. Lohnforderung "die Brocken hin" und arbeiteten ab Montag "in einer anderen Bude".

Soziale Partnerschaft war deshalb seinerzeit eine vielgebrauchte Vokabel, weil sich ohnehin keiner drum scherte.

 

Die Löhne der meisten Solinger Arbeiter wurden früher nicht in Tarifverträgen festgeschrieben, sondern Preis-Verzeichnissen. Das sind Liste über Stück-Entlohnung. Die jedoch wurde, wie andere Tarifverträge, zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ausgehandelt und waren bindend. Sowohl die Arbeitgeber- wie die Arbeitnehmerseite achteten streng darauf und drohten Ausschluss an, wenn sich Mitgleider nicht daran hielten. Der damalige Gedanke der Wettbewerbsfreiheit fusste auf der Werte-Übereinkunft, dass Chancengleichheit dann gegeben ist, wenn alle die gleichen Kosten bzw. Einkünfte haben. Bei Arbeitern ergab sich die Differenzierung aus Fleiß und Geschick, also die Stückzahl, bei Arbeitgebern und deren Vertriebswegen auch: mehr verkaufen, mehr Umsatz, mehr Gewinn. Gewissermaßen eine Linearität der Chancen.

 

 

Löhne, Entlohnung war nicht immer nur ansteigender Tendenz; 1922, ein Jahr vor der Hyperinflation, wurden die Vergütungen nach unten korrigiert.

 

 (aus obigem Verzeichnis)

Die charakteristische Physiognomie eines Bergischen.

 

3 folgenden Bilder aus: Von den bergischen Menschen und den Stätten ihrer Arbeit

Am Schleifstein

 

 

In der Plieststube