Autos erwünscht

Die Wirtschaft dieser Stadt lebt(e) zu einem großen Teil von der Automobilindustrie. Und es gab mal Zeiten in dieser Stadt, da war man den Autofahrern und ihren Parkplätzen durchaus wohlgesonnen. Heute ist der "Knöllchen"-Etat wie woanders auch fest eingebaut und eine unverzichtbare Einnahmequelle des Kommunalhaushaltes.

 

So fuhr man einst in Solingen. Bruno Unterbühner sen., Begründer der Walder Fotografen-"Dynastie", ließ sich 1905 über die Straße am Eipaß kutschieren. Und genoss es sichtlich, dass die schmalen Reifen durch die Matsch schlidderten. Warum der Kotflügel Kotflügel heisst, wird wohl schnell klar: sonst klatscht einem die Pferdesch... klatschnass ins Gesicht. Gut, dass man ein Verdeck dabei hat, so braucht man nicht den Schirm aufzuspannen.

aus: Unterbühner, "Wald im Auftrag"

 

 

 

LKW Marke Büssing um 1915

 

Die Düsseldorfer Straße (Ohligs), vom Bahnhof aus gesehen.

 

Verlag Schöning & Co, Lübeck

So haben wir ja wohl mal alle angefangen ....

 

Der millionste Käfer, der 1955 vom Band lief, dessen Produktion 1977 nach Mexiko verlegt wird und dessen letztes Exemplar 2003 gebaut wurde.

Am „Dreieck“ (Innenstadt Solingen).

 

 

Verlag Schöning & Co, Lübeck

 

Parken fast überall. Denn wer hatte schon ein Auto?

Carl Blümer, Wuppertal

 

Der Marktplatz in Gräfrath.

 

Verlag Schöning & Co, Lübeck

 

In die Kirche mit dem Auto? Kein Problem noch in der 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts.

 

Agfa-Bildpostkarte
Cramers Kunstanstalt KG, Dortmund
März 1963

 

Dieses Bild kann man sich gar nicht lange genug ansehen. Es ist es wert, dass man auf die Details hinweist:

Der Ufergarten, richtig breit, da passen nicht nur Autos an den Straßenrand, die wenigen, die fahren, haben Platz satt (man meint, inzwischen seien die Häuser enger gestellt worden).

Im Hintergrund: das alte Mühlenhof-Kino"bunker".

Die Hauptstraße: mit dem Auto zu befahren - und man kann parken !

Entenpfuhl: Parkplätze !

Verlag Schöning & Co, Lübeck
courtesy: Peter Wilmanns

 

 

Satt Platz für parkende Autos.

 

Selbst 1971 konnte man sich mit dem Auto noch frei auf dem Mühlenplatz bewegen und in der Mummstraße Parkplätze bekommen. Licht in der City, heute durch die Clemensgalerie zugebaut. Man nennt dies städtebauliche Akzente. Aha.

courtesy: Peter Wilmanns

 

 

Was vor 40 und 50 Jahren sich automatisch ergab, weil der Autobestand gering war, haben Kommunalpolitik und Verwaltung im Laufe der letzten Jahre durch das Prinzip "Aussitzen" wieder eingeführt. Irgendwann - bei der Errichtung der Clemensgalerien 1998, um genau zu sein - wurde die Kölner Straße zwischen Graf-Wilhelm-Platz/Dreieck und Mühlenhof für den Durchgangsverkehr Richtung Norden stillgelegt und Richtung Süden stark gedrosselt. Fortan herrscht Ruhe in der City. Kaum Autos - und kaum Menschen. Nun warten alle auf Zuschuss-Gelder von der Landesregierung, damit man den Neumarkt neu gestalten kann. Wie, weiß keiner so ganz genau.

 

 

Uli Preuss, "Tageblatt-Fotograf", hat Solingen aus der Luft aufgenommen. Dieses Archivbild wurde am 4. 2. 04 im ST veröffentlicht.

 

Auf diesem Bild ist in der Tat der eigentliche Mittelpunkt einer 160.000-Einwohner-Stadt zu sehen. Und zwar in Friedenszeiten und bei immerhin gut gefüllten Sparkonten. Nicht, dass jemand denkt, Solingen sei unter Quarantäne gestellt worden ;-)

 

Autobahnauffahrt Haan Anfang der 1950er Jahre: völlig problemlos. Und: Quer durch den Gegenverkehr ! Na und ?

 

Bei wenigen Autos gibt es auch wenige Unfälle und Verkehrsopfer - und umgekehrt. So mag man meinen. Und täuscht sich gewaltig. Heute kaum noch vorstellbar, dass man in den 60ern jährlich um 25 Verkehrstote im Durchschnitt hinnehmen musste. Heute, bei der vierfachen Autoanzahl, ist es weniger als ein Fünftel. In der Hoffnung, dass dies so bleibt. Das Solinger Tageblatt, in dem die Grafik erschien, errechnete für 2003 rund 4.000 Verkehrsunfälle auf Solinger Straßen. Das sind täglich über 10. Die rund 100.000 Autos, so errechnete die Redaktion, bilden Stoßstange an Stoßstange eine Karawane von 540 km, von hier bis an die dänische Grenze.

ST, 4. 2. 04