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Bahnhof |
Wer in Solingen sagt, er verstehe immer nur Bahnhof, hat
doppelt recht. Denn kein Bürger versteht, was mit dem Bahnhof in den
letzten Jahren geschah - respektive, nicht geschah. Auch wenn es eine
Nebenstrecke ist, auch wenn Pläne zur Änderung lange diskutiert wurden,
auch wenn Geld knapp ist, alle Beteiligten haben den alten Hauptbahnhof
Solingen zu einem unwürdigen, dreckigen, ekelhaften Komplex verkommen
lassen, der nur dokumentiert, wie hilflos Politik sein kann, wenn sie zum
Spielball unkoordinierter Interessen wird. Für die Bürger und Bahnkunden
eine Zumutung, wie es sie in Deutschland vielleicht sogar kein zweites Mal
gibt. Oder ein Biotop, dass unter Weltkulturerbe gestellt werden könnte
... wären da nicht die Dinge, die nun ihren Gang nehmen und so etwas wie
einen Neubeginn bedeuten sollen. Warten wir's ab.
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Fotos:
Kerstin Ehmke-Putsch
Hans-Georg Wenke |
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Ein bundesweites Gespött, ein durchgängig so
postulierter Schandfleck: die Ruine des Solinger Hauptbahnhofes, die den
Reisenden über viele, viele Jahre zugemutet wurde. Wäre es Sibirien, man
hielte es für normal. Wie in einem Land, in dem Ordnung ein Fremdwort
ist, vergammelte der Bahnhof, während über Pläne diskutiert wurden, die
schließlich nun Wirklichkeit werden sollen und die hässlichste Stelle der
Stadt in eine blühende Landschaft verwandeln werden ... hatten wir dieses
blöde Politikergeschwätz nicht schon mal gehört? |
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Eisenbahnkurier 3/97
Autor: Helmut Brinker
EK-Verlag, Freiburg |
Nicht einen Preis für Schönheit, aber Lob für
Pragmatismus hatte sich das nach dem 2. Weltkrieg um 1955 neu errichtete
Gebäude-Ensemble verdient. Doch schon damals wurde der Keim des Verfalls
gelegt und eine bis heute unverständliche Fehlentscheidung getroffen, in
dem der Bahnhof radikal von der Obuslinie abgetrennt wurde (einige
Minuten Fußmarsch bis zur Haltestelle) und in den späteren Jahren die
Bahn nicht in der Lage war, das an sich riesige Gelände für Park&Ride
anzubieten. Der Verfall des Bahnhofes durch eher spärliche Frequenz ist
also von der Politik und der Bahn gewollt und provoziert worden. Sünden,
die sich katastrophal auswirkten. Und zugleich zeigen, wie dumm und
ignorant diese sein kann.
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Foto: Stadtarchiv Solingen |
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Vielleicht aber hat das Dilemma ja viel früher
begonnen. Schon der erste Solinger Bahnhof war ein Flop, eine
Fehlplanung. Autor Helmut Brinker zeichnete das Drama in sachlichen
Worten nach: |
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Ein stolzes Gebäude, aber schon damals - etwa in
den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts - war der Solinger Hauptbahnhof
"weit vom Schuss". Während der Bahnhof in anderen Städten zum Mittelpunkt
oder einem zentralen Gebäude wird, war und blieb er in Solingen immer
"vor den Toren der Stadt" - abseits jeglicher Entwicklung, fern vom
öffentlichen Personenverkehr, völlig ungenutzt für das, was andernorts
den Bahnhof ausmacht. Eine Totgeburt von Anfang an also. |
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Stadtarchiv |
Wie großzügig das Gelände war (oder hätte genutzt
werden sollen, siehe eingezeichnete breite Zufahrtsstraße), zeigt eine
Zeichnung im Stadtarchiv. In der Tat ist das Gelände splendid bemessen,
jedoch heute, vor den Umbauplänen im Zuge der Regionale 2006, zu einem
Stück Land verkommen, das mühelos als Filmkulisse für die schlimmste
Ruinentristesse der verfallenen DDR dienen könnte. |
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Foto: hgw, Repro einer Zeichnung im Stadtarchiv |
Das ist das Gelände im Jahr 2004: Der Güterbahnhof
der Industrie- und Handelsstadt Solingen. |
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nachfolgende Fotos: hgw |
Und das ist das einladende Gebäudeensemble, wie es
sich 2004 dem Fahrgast präsentiert. |
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Vielleicht kommen Sie doch einmal auf ein paar
nette Stunden hier vorbei .... ?! |
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Passieren kann nichts, denn inzwischen haben
Geister - freundliche und nette - die Regie über das Gelände übernommen. |
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Nachtrag
Na klar, werden Sie sagen, kenn ich, weiß ich, ist
ja klar, wo das ist, nachdem Sie alles über den Hauptbahnhof gelesen
haben. Nix, Irrtum, ö-ööh. Das ist ein Blindgleis auf dem Solinger
Nordbahnhof. Als einzige Entschuldigung gilt, dass er seit vielen
Jahrzehnten nicht mehr in Gebrauch ist. Aber schönes Bayerisches Bier
gibt es hier zu kaufen. Ist doch auch was wert. |
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