Freiheitsbrief

SOLINGER FREIHEITSBRIEF VOM 23. FEBRUAR 1374

 

Wir, Wilhelm von Jülich, Graf und Anna von Bayern, Gräfin von dem Berge und von Ravensberg, bekennen vor allen Leuten in diesem gegenwärtigen offenen Briefe, daß wir mit gutem vorbedachten Mute und Vorberatung unserer gemeinen Freunde und Räte gegeben haben und geben durch diesen Brief dem Dorp Solingen genannt und allen Bürgern samt und sonders, die jetzt darin wohnhaft sind oder hernach darin mit der Wohnung kommen mögen, und dazu all dem Gut und Erbe, gelegen innerhalb Solingens und außerhalb Solingens, das vormals Summenschatz zu bezahlen pflegte, eine ganze und stete Freiheit erblich, ewiglich und immerfort, also daß die vorgenannten Bürger, die jetzt binnen der Freiheit zu Solingen wohnhaft sind oder hernach darin mit der Wohnung kommen mögen, und dazu all ihr Erbe und Gut, so wie die genannt seien, los, ledig und frei sein sollen und zu ewigen Tagen bleiben sollen von einletziger Schätzung gleich anderen unseren Städten in unserem Lande und Herrschaft von dem Berge, jedoch so, daß dieselben Bürger uns und unsern Nachkommen solche Herbstbede jährlich bezahlen sollen, wie sie bisher getan haben.

Auch ist ausbedungen, daß dieselben Bürger von Solingen keinen von unseren Vogtsmännern, die uns Schatz zu geben pflegen, als Mitbürger aufnehmen, es sei denn mit unserer oder unserer Nachkommen Erlaubnis und gutem Willen. Und sollen auch niemand als ihren Bürger anerkennen, er sei denn mit ihnen zu Solingen wohnhaft und darin ansässig. Ferner haben wir den obengenannten Bürgern von Solingen Erlaubnis gegeben, daß sie unter sich einen Bürgermeister wählen und setzen mögen, der durch Rat der Bürger von Solingen daselbst Nutzen und Bestes befördern soll. Auch vergönnen wir, daß sie sich befestigen und ihre Freiheit bessern mögen zu all ihrem Nutzen und Vorteil.

Ferner wollen wir, daß zu Solingen niemand dem anderen zeugen soll als vermittelst zweier Schöffen oder mehr in Sachen, die nach dem Datum dieses Briefes und dieser Freiheit geschehen sollten und sich zutragen, und wer überzeugt wird in dem meisten, soll uns verwirkt haben 5 Mark, und den Bürgern 5 Schilling, und wer in den minsten überzeugt wird, solle uns verfallen sein mit 5 Schillingen, und den vorbeschriebenen Bürgern mit 20 Pfennigen kölnischer Währung. Wenn es aber der Fall wäre, daß jemand dabei bestraft werden müßte wegen Sachen, die jemanden an seinem Leib treffen, damit sollen die vorbeschriebenen Bürger nichts zu tun oder zu schaffen haben, noch sich damit befassen. Ferner wollen wir: wenn es der Fall wäre, daß die Schöffen von Solingen an irgendeinem Urteil zweifelten, das sie nicht finden könnten, das Urteil sollen sie holen und suchen an der dinglichen Bank zu Lennep. Auch wollen wir, daß kein Gerichtsbote oder seinesgleichen innerhalb der Freiheit von Solingen irgendwelche Amtshandlungen übernehme oder sich damit befasse, es sei denn der geschworene Gerichtsbote von Solingen.

Ferner wird zur Bedingung gemacht: wenn irgend ein fremder Mann, der aus eines anderen Herren Lande in der Freiheit zu Solingen zu wohnen käme und derselbe fremde Mann binnen Jahr und Tag nach dem ersten Tage, an dem er in die Freiheit aufgenommen wurde als ein Bürger, wieder von seinem Herrn gefordert würde, den soll man seinem Herrn mit all seinem Gut wiedergeben; wäre es aber der Fall, daß er binnen Jahr und Tag, wie vorher geschrieben ist, nicht gefordert würde, so soll er zu ewigen Tagen der Freiheit gebrauchen in Ruhe und Frieden gleich den anderen Bürgern zu Solingen. Ferner wollen wir, daß die vorgenannte Freiheit und sonderliche Gnade, die wir den vorgenannten Bürgern und der Freiheit Solingen gegeben und verliehen haben, stet und unverbrüchlich wäre und bestehen bleibe zu ewigen Tagen.

Und wir geben ferner den vorgenannten Bürgern ihren Wochenmarkt alle Sonntage und den frei, und ihren Jahrmarkt des nächsten Sonntags vor Sankt Simon und Judä der Apostel frei drei Tage vorher und drei Tage nachher zu fahren und zu kommen zu ewigen Tagen.

Und da wir diesen vorgenannten Bürgern von Solingen diese vorgenannte Freiheit und Gnaden gegeben haben, darum sollen sie zum Zeichen unserer Herrschaft uns und unseren Nachkommen alle Jahre geben auf Sankt Simons und Judä Tage zu ewigen Tagen zehn Mark kölnischer Währung, wie zu der Zeit gang und gäbe ist. Und auf daß alle diese angeführten Punkte und Bedingungen fest und stetig bleiben, von uns und unseren Nachkommen zu ewigen Tagen unverbrüchlich gehalten werden, so haben wir den vorgenannten Bürgern zu Solingen diesen Brief besiegelt mit unseren Siegeln zum Zeichen der Wahrheit.

Gegeben im Jahre des Herrn 1374 am Vorabend des Apostels Matthias.

 

   

DAS ERNEUERTE FREIHEITS - PRIVILEG VOM 5JULY1596

 

Von Gottes gnaden Wir Johan(nes) Wilhelm Hertzog zu Gulich, Cleve / und Berg, Grave zu der Marck und Ravensberg, Herr zu Ravenstein thun kundt, als der hochgeborner Fürst, unser freundlicher, geliebter Herr und Vatter, Herr Wilhelm / Hert-zoge zu Jülich, Cleve und Berg etc. lobseligen Andenckens hiebevorn in den Jarn unsers Herrn Thausendt Funfhondert und Sechzig auf den siebenden Tag des Monats Aprilis unserer / Statt Solingen Ire Privilegia gnediglich erneuert, bestettigt und confirmirt, auch deshalben Brief und Siegel gegeben, wie von Wort zu Wort hernach folgt:

Von Gottes Gna- / den Wir Wilhelm Hertzog zu Jülich, Cleve und Berg, Grave zu der Marck und Ravensberg, Herr zu Ravenstein etc. thun kundt, als unsere Stat Solingen bei Leben und Regierungen des hoch-ge- /
bornen Fürsten, Herrn Johanssen, Hertzogen zu Cleve, Jülich und Berge etc., unsers lieben Herrn und Vatters seliger und loblicher Gedechtnus, verbrandt, und damals auch derselben Stat- /
Privilegien mit umbkomen, derwegen Burgermeister, Scheffen, Rhat und gantze Gemeinde aldar uns zu mehrmalen andertheniglich ersucht, Inen alsolche Privilegien /
widerumb gnediglich zuerneueren, und aber wir aus den Stucken der verbranten Brieff, so zu unsere Cantzlei gelieffert und zum Theil noch zu lesen sein, sambt darbei ubergebenen /
Copien, auch sonst auff unsern Registern so viel befunden, das weilandt unsere Vorfaren, Herr Wilhelm von Jülich, Graff und Frau Anna von Bayern, Gräffin von dem Berg und Ravensberg, in /
dem Jar unsers Herrn Tausend Drey Hondert und Vier und Sieben-zig gemelte die unsere von Solingen sambt Iren Erben und gutern von einletziger Schätzung gleich ändern iren Liebdt /
Stetten in dem Landt von dem Berg gelegen zu den eiwgen Tagen gefreiet, doch das dieselbe Burger eine Herbstbede jarlichs bezalen, wie sie bis daher gethan und d(a)s sie auch keinen /
Irer Liebden Vaedtman, der irer Liebd Schätzung plag zu geben, zu einem Mitbürger sollen empfangen, es were dan mit Irer Liebden oder dero Nachkomen Erlaubnis und gut-/
ten Willen, auch niemandt von Iren Burger zuverantworten, er were dan mit Innen zu Solingen won(n)hafftig und darbinnen gesessen, zu dem Innen erlaubt, einen Burgermeis-/
ter, dergleichen Scheffen und Rhatsleuthe under sich zu kiessen, sich zu festigen und Ire Freiheit zu allem Irem Nutz und Urbar zu besseren, die Acceiss, so binnen Irer Burgerschafft /
jarlichs feit, under sich zu Bau der vorschriebenen Burgerschafft ufzuboeren. Item das zu Solingen niemandt den ändern in Sachen, so in der Freiheit gescehen und sich zutra-/
gen, anders dan ubermitz zween oder mehr Scheffen zeugen, und welcher uverzeugt veurde in dem meisten, iren Liebden Sechs Marck und den Burgern sechs Schilling verbuert /
haben, und welcher in dem minsten überzeuget, iren Liebden mit sechs Schilling, und den vorschriebenen Burgern mit zwentzig Pfenning Cölnisch Paiements erfallen sein solle, es /
were dan Sach, das darvon eineger gebrucht wurde in Sachen, die jemandt an sein Leib treffen, daran sollen die verschriebene Burger nit mil zu Ihun oder zu schaffen haben, noch /
auch sich des annemen, das auch die Scheffen zu Solingen, so vern sie an einigen Urfheilen zweivellen, des sie nill wissen, das Urlheil an der dincklicher Banck zu Lennep /
holen und suchen, und kein Fron oder seins gleichen binnen der Freiheit Solingen sich einiger Handt Sachen zu undernemen oder anzunemen, dan der geschworen Fron zu Solingen. /
Item das die Fremden, so aus eines ändern Herrn Landes binnen der Freiheit zu Solingen zu wohnen kommen, so fern sie binnen Jahr und Tag, das sie in die Freiheit vor einen /
Burger empfangen würden, wiederum von ihren Herrn gefordert, denselbigen als-dann mit alle ihrem Gutt widerfolgen.