Hauptbahnhof

Ein Eisenbahnknotenpunkt ist diese Stadt nun nicht gerade. Aber immerhin liegt sie an zwei Strecken. Einer bedeutenden, Köln-Wuppertal-Westfalen und einer eher nur regional bedeutenden, Ohligs-Solingen-Remscheid. Weshalb an der Nebenstrecke der Bahnhof Hauptbahnhof und dort, wo die Intercitys halten, eben ein Nebenbahnhofsname die Reisenden verwirrt.

Diese hübsche Postkarte, ein fröhliches Produkt der 50er, hat mit der Realität nichts zu tun, ist aber sicherlich ein netter Beweis für die Vielfalt der Motive in der Klingenstadt. Getreu dem Motto: alles neu macht der Krieg. Heute, das ist für Solingen nicht neu, sieht es ohne Krieg am Bahnhof so aus, wie Bahnhöfe im Krieg ausgesehen haben.

Verlag Schöning & Co, Lübeck

Das Glanzstück in seiner vollen Blüte in den 60er Jahren.

Der Turm wurde übrigens in den 80er Jahren wegen Baufälligkeit abgetragen. Was gäbe das da oben heute für eine Szenen-Disco, mann-o-mann.


 

Damals existierte noch ein Express im Anbau und man fuhr die schweren Pakete mit der Sackkarre vom Universal-VW-Bully zum Schalter oder zurück - und die Bahn schaffte es noch, um 5 oder 6 Uhr nachmittags aufgegebene Sendungen tatsächlich weiterzubefördern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Hauptbahnhof Solingen in der Realität des Jahres 2002 (links) - und das gleiche Sujet (rechts) im Ursprung.

aktuelles Fotos: Kerstin Ehmke-Putsch

historische Aufnahme: Fotopostkarte, Hersteller nicht vermerkt

 

 

Das war die kolltühne Vision einer eleganten Nachkriegs-Eingangshalle zu einem der unbedeutendsten Hauptbahnhöfe Deutschlands. Angefahren von bummelnden Personenzügen. Bis heute.

 

Ein wenig sakral wirkte der Hauptbahnhof Solingen mit seinem kirchturmsähnlichen, völlig ungenutzten Turm.

 

So hat das Prachtstück einstmals ausgesehen, als die Bahnlinie von der damaligen Endhaltestelle Weyersberg nach Schaberg, Güldenwert und Remscheid verlängert wurde. Die Blumenrabatte im Vordergrund existieren in etwa bis heute. Der linke Teil hat die Bombardierung im zweiten Weltkrieg einigermaßen überstanden und war lange Zeit die Bahnhofsgaststätte, davon etliche Jahre mit einem "singenden Wirt".

 

Heiss & Co., Graph. Kunstanstalt, Cöln-Lindenthal

 

Das beste, was dem ehemaligen Hauptbahnhof passieren konnte, ist seine neue Nutzung für das "Bergische Institut für Produktentwicklung".

Vorbericht aus dem ST im Jahr 2005



 

Die Wirklichkeit hält, was der Plan versprochen hat. Ein schmuckes Kleinod ist entstanden, das an simpler Banalität kaum noch übertroffen werden kann und somit Solingen hervorragend repräsentiert. Dass nun hier ein Design-Institut untergebracht ist, macht die Rolle von Gestaltung deutlich: sie ist im Idealfall eine signifikante Steigerung der Gebrauchsfähigkeit von Objekten, und im Regelfall der Kniefall vor Einsicht, dass man mit dem zufrieden sein muss, was relativ leicht machbar ist.

 

Aus einem hässlichen Entlein wurde wieder ein Kultbau. Da kann auch der gemeine Bürger nur zustimmen und sagen: schön geworden.