Fried. Herder Abr. Sohn

Ein Traditionsunternehmen, das heute - im Wilden Westen würde man sagen: aufgelassen - stilliegt. Als Firma. Aber neues Leben ist die Räume gezogen, hoffnungsträchtiges sogar. Das Gebäudeensemble wurde umgebaut und beherbergt das Gründer- und Technologie-Zentrum der Stadt Solingen. Plus jede Menge innovativer Firmengründungen (start ups). Hier können Firmengründer in einer nützlichen Infrastruktur den Start in die Selbständigkeit wagen.

 

Das Unternehmen wurde 1727 gegründet, ist also bald 300 Jahre alt. Die Ursprünge gehen auf 1623 zurück, als Jürgen Herder im Dreißigjährigen Krieg Schwerter schmiedete. Die Firma besitzt mit dem "Pik As" das ältese Warenzeichen Solingens.

 

Phantastische Typographie, in ihrer Schlichtheit kaum noch zu toppen (daran sollten sich heutige bild-, verlaufs-, farb- und textvernarrte Grafiker durchaus ein Beispiel nehmen); Titelseite eine Kataloges für Holland / Südostasien, einem der Hauptextportgebiete des Unternehmens.

großformatiger Katalog (28,5 x 36 cm), 20 Innenseiten, ohne Jahres- und Adressangabe, Drucker oder sonstige Vermerke; 3farbiger Offsetdruck; geschätzt um 1922/25

Dem Grundsatz, ihre physische Existenz und Adresse fast zu verheimlichen, zu verstecken, ist das Unternehmen übrigens auch auf seiner heutigen Internet-Site treugeblieben.

 

 

Im Inneren ebenfalls ein sehr stilvoller Eindruck: sauber arrangiert die Produkte, die Seiten von einer Markenzeichen-Vignette begrenzt.

Einfarbiger (schwarzer) Druck der lithografierten Bildmotive, die bei einigen Produkten durch ein rotbraun und ein goldgelb coloriert sind. Die Artikelnummern sind handgezeichnet.

 

 

Deutlich zu sehen, dass die Farbbereiche mit der Hand als Maske gezeichnet wurden. Eine optisch ingesamt präzise Arbeit, die unter der Lupe aber ihren Charakter als "hand made" verrät.

Übringens ein phantastisches Beispiel, wie man auch heute manches Schwarzweiß- oder Buntfoto wieder "schön" machen könnte, nämlich durch die leider völlig vergessene Duplex-Technologie.

 

 

Die Vielfalt der Produkte bzw. dern mit dem Auge manchmal nur schwer auszumachende Differenzierung ist aus allgemeiner Sicht bewundernswert, aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen ein Alptraum: tausende von Modelle vorzufertigen und sie in der garantiert falschen Stückzahl auf Lager nehmen zu müssen, auf dass gebundenes Kapital vor sich hin rostet ...

 

 

 

 

 

 

 

Klapzakmessen, Klapptaschenmesser, in zentimetergenauer Sortierung.

 

 

Poststempel 12. März 1897

 

 

 

 

Postkarte der Kundschaft


 

"Wenn Sie mit nicht auf die in Ihrem w(erten) Schreiben  vom 10. notierten Preise 15 % Rabatt gewähren können, sehe ich keinen Vorteil meinen anderen Bezugsquellen gegenüber & habe ich dann keine Veranlassung zu wechseln. Wenn Sie 15 % gewähren können, bin ich auch damit einvestanden, daß die Spachteln ohne jeden Stempel geliefert werden.
Hochachtend
Justus Sterner"

Von wegen, Discount-Kämpfe wären etwas von heute !

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(nebenbei: die Karte ist nicht schief gescannt, sie ist schief gedruckt)

 

Klar ersichtlich: das kunstvolle "Geschlüngels" um den Firmennamen, die zur Jahrhundertwende (Jugendstil) üblichen Vignetten, Verzierungen, Schmuckelemente, sind im Handsatz mühsam und akkurat zusammengesetzt. Man sieht in der Vergrößerung deutlich die Anschlüsse. Ja, Setzer sind eben tolle Künstler!