Corporate Identity

Die Darstellung einer Stadt war bis in die 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts eine bunte Melange der jeweiligen Stile, des Zeitgeistes - oder auch des Zufalls. Erst vor relativ wenigen Jahren setzte sich auch in der Stadtwerbung der Gedanke durch, man müsse mit einem "einheitlichen Gesicht", der Corporate Identity an die Öffentlichkeit treten. Allerdings ist dies nach wie vor mehr Theorie denn reale Praxis, zumal, wenn diese im zufallsgesteuerten Behördenalltag entsteht.

 

Der Stil der 60er Jahre: nachempfunden dem "Bergischen Farb-Dreiklang" weiß-schwarz-grün:

Weiß die Lehmflächen der Fachwerkhäuser, schwarz die Eichenbalken bemalt und grün die Fensterläden.

Und die Schrift? Der berühmte Schriftzug mit dem markant geschwungenen g war noch nicht erfunden. Holzschnittschriften waren in den 60er Jahren durchaus typografisch "der letzte Schrei".

 

Titelseite einer (nach heutigem Sprachgebrauch) Image-Broschüre

Herausgeber: Stadt Solingen, Amt für Information und Wirtschaftsförderung
Gestaltung: Groß / Odenthal (der Gestalter des SG-Schriftzuges)
Klischees: Contius, Wald
Druck: Hermann Ullrich, Solingen
1966; Auflage 35.000

 

Hier kann man den Farbdreiklang in einer typischen Solinger Gasse nachvollziehen.

 

Original-Tuschezeichnung: HGW

 

Die 70er Jahre: Die Farb-Kombination Grün-Schwarz-Weiß bleibt, aber es kommen spielerische, "lockere" Elemente hinzu. Hans-Jürgen Schmatz ist ein Solinger Typograf und Grafiker, der - im Rückblick gesehen - genial-bahnbrechende Entwürfe machte, aber - wie es so üblich ist - in der Heimatstadt zwar akzeptiert, aber nicht in seiner wirklichen Bedeutung anerkannt wurde.

Titelentwurf: Hans-Jürgen Schmatz, Grafiker, Solingen
Offsetrepro Conrad KG, Solingen
Druck Friedr. Metzger, Solingen

 

Zur Nur-Innenstadt-Version gibt es noch eine Variante, die auch Schloss Burg einbezieht, symbolisch für die Umgebung von Solingen.

Titelentwurf: Hans-Jürgen Schmatz, Grafiker, Solingen
Offsetrepro Conrad KG, Solingen
Druck Schreiber & Fey, Solingen
Auflage 30.000
1977

 

Ein Streichholfbrief (im Gegensatz zu "Streichholzschächtelchen" ist das für Amerikaner noch aussprechbar), ein Streichholzbrief mit der Silhoute und de Lage der Stadt und immerhin 19 zündenden Dingen - so etwas hat es schon lange nicht mehr in der Klingenstadt gegeben.

 

   

Für alle, die Solingen irgendwie zwischen Südschweden, Ruhrpott und Sibirien vermuten, hier eine etwas präszisere Angabe über die Lage mitten in Westeuropa.

 

 

 

 

1988 hat die Stadt die ursprüngliche gestalterische Linie längst verlassen und kippt in eine Banalität ab, die grauenvoll ist. Das ist schlechter Comic-Stil oder bewegt sich - mit heute verglichen - auf dem Niveau der billigsten Massen-Grafiken, wie sie auf CDs zu Ramschpreisen vertrieben werden. Eine kommunikative Katastrophe, die Belanglosigkeit und zugleich Hilflosigkeit ausdrückt. Das Titelblatt steht übrigens in krassem Kontrast zum Inneren, wo in Tabellen und Verzeichnissen sauber und klar strukturiert Informationen präsentiert werden.

Doch das alles ist eigentlich noch "gut", verglichen mit dem Niveau der Erbärmlichkeit, auf dem die Stadtverwaltung heute gestalterisch abgesunken ist.

 

Informationsbroschüre der Stadt Solingen, ohne Impressum