Elberfelder Zeitung

Ein Blick über den Solinger Gartenzaun in eine der wichtigsten Nachbarstädte, nach Elberfeld. Im Verlag Sam. Lucas erschien diese Gazette. Komplett im Handsatz, Hochachtung. Nun immerhin, als ich in diesem Unternehmen nach dem Studium anfing, gab es immer noch eine rund 25 Personen zählende Handsetzerei - wegen Kalendern, Kursbüchern, Telefonbüchern und ähnlichen Großwerken. Aber keine Zeitung mehr. In der zu blättern ist eine gelungene Mischung aus Erstauen und amüsierter Unterhaltung. Darum: zur Lektüre empfohlen.

 

 

 

 

 

Buchstabe für Buchstabe mit der Hand gesetzt. Extrem fehlerfrei, was die Orthografie angeht, aber mit den unvermeidlichen Patzern, die aus Zeitdruck und Müdigkeit zugleich entstehen, nämlich Schludrigkeiten beim Ausschließen der Zeilen. Da wurde gefuscht, was das ungeübte Auge nicht sieht, aber kräftig Zeit spart. Recht so, die Herren Handsetzer wussten sich immer schon zu helfen.

 

 

 

 

 

 

Blick in den Zeitungskopf: wo ein Blatt einer Kleinstadt nicht überall Agenturen unterhielt!? Und erst die übersichtlichen Peise, wie 1 Thaler und 29 1/4 Silbergroschen.

 

 

 

 

 

Eine Petitzeile ist eine 8-Punkt-Zeile, ziemlich genau 3 mm.

Pfeister in Solingen war ein Buchhändler.

 

 

 

Nachrichten aus dem Reich, und es war noch reich, das Reich. 87 Mio Reichsmark Baarvermögen, Cash, in der preußischen Bank. Und nur 167 Mio RM Notenumlauf. Mit anderen Worten: Der Bank ein Drittel, dem Volk zwei Drittel der Barschaften.

Der Papst schickt sich an, sich die Unfehlbarkeit anzumaßen. Im Römischen Concil wird mit harten Bandagen gekämpft. Schluss, sagen die Betonköpfe, wir bestimmen, dass der Papst unfehlbar ist und lassen darüber nicht diskutieren. Hat sich etwas geändert? Nee, nix.

Kleine Schießerei, nur ein Todter, nichts Besonderes ...?? !!

 

 

Lehrer als Professoren wurden über die Landesgrenzen hinaus verkündet.

 

 

 

 

 

Preußen hat so sein liebes Problem mit den Franzmännern ... und höhere Politik war schon damals stinklangweilig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Um so interessanter das pralle Leben, nachzulesen im Annoncentheil. Übrigens: Gerade wird die Eisenbahn gebaut !

 

 

 

 

Wie es scheint, ist Dortmund bierisch-bayerischer als die Bierbayern selbst.

 

 

 

Und merkwürdige Heiltinkturen samt sonderlicher Werbung gab es immer schon. Dies hier muss man, nicht nur der eigenwilligen Rechtschreibung wegen (erinnert das nicht an heue?) ganz einfach Zeile für Zeile genüsslich lesen :

 

 

Gymnasium sucht Lehrer, Monster sucht Concert, Weltgeschichte such Leser und Naturwissenschaft sitzt nachmittags ...

 

 

Allerlei Ankündigungen.

 

 

Die Kleinanzeigen, im amerikanischen Zeitungsjargon "classified ads" genannt.

 

Regionalnachrichten, unglaublich: Königin besucht König zwecks Musik und Gruß.

 

 

Und die Schützen saufen, bis sie nicht mehr exerciren können. Hurrah, hurrrrraaahhhh, huuuurrrrrrraaaaaaaahhhhh ..

 

 

 

 

 

Mathematisch gesehen:
2 Zuchteber =
1 Forschungsinstitut.

 

 

 

Dass reiche Frauen klauen, ist wohl genetisch bedingt, oder wie kommt es seinerzeit zu Stande? Vorläufer-Phänomen der heutigen Manager-Selbstbedienungsmentalität?