Gott grüß die Kunst

Das offizielle Grußwort der handwerklichen Drucker der Zünfte. Es erklärt zweierlei: Alles, was mit Buchdruck zu tun hat, ist wirklich Kunst. Und sie steht unter dem Segen des Herrn, was bedeutet, dass sie über das niedere Irdische hinausgeht. In Solingen war sie recht früh verbreitet und dank der vielen Handelsfirmen dieser Stadt gab es immer für die Drucker genügend Arbeit.

 

 

 

Bücher gab es vor dem Buchdruck - handgeschrieben. Erst das Gießen einzelner Buchstaben, die Erfindung Gutenbergs, machte das Büchermachen schneller, einfacher, preiswerter. Drucken gab es auch vor Gutenberg. Und deshalb sind die ersten Drucke, wie hier die Schedelsche Weltchronik, durchaus mit Handschriften vergleichbar, weil Drucken die Fortführung des Bücherschreibens mit technischen Mitteln anstrebte. Erst später wurde daraus eine eigene künstlerische Ausdrucksweise, die sich vor allem über den Umgang mit der Schrift und der Farbe vermittelt.

 

 

Im Gegensatz zu heute war ausgangs der von uns als Mittelalter bezeichneten europäischen Politik- und Kulturepoche der Schmuck ein fester Bestandteil von textlichen Informationen. Die Wichtigkeit des Inhaltes wurde durch die Pracht der Verzierungen visualisiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

Wie kann man heute gute Gestaltung lernen ?
Mit einer sehr simplen Formel: man schaue sich jahrhundertealte Meisterwerke an. In ihrer Formschönheit sind sie bis heute nicht nur gültig, sondern mustergültig.

 

 

Heute sehen wir Kursivschriften ("schräge") als eine Variation einer Normalschrift an. In ihrer Entstehung waren sie eigenständig. Ihr Ursprung ist Italien. Hier eine Druckseite von einem "Klassiker" unter den Druckern, Aldus Manutius, aus dessen Schrift über Cicero eben jene Schriftgröße stammt, die zum Ankerpunkt der Schriftbemaßung wurde; eben das "Cicero", 12 Punkt.

 

 

Wer heute noch erleben will, wie es in einer Druckerei vor dreihundert, vierhundert Jahren ausgesehen hat, dem sei das Pantin-Moretus-Museum in Antwerpen empfohlen. Einem erhalten gebliebenem Kleinod der Druckerkunst, wie es kein zweites mehr in Europa gibt.

 



In solchen Regalen wurden die Schriftkästen aufbewahrt. Eine gut ausgestattete Druckerei hatte 6, 7, höchstens 10, 12 Schriftfamilien komplett ausgebaut - und meist noch "jede Menge" besondere Schriften in wenigen Schriftgrößen (z. B. für Plakate, Überschriften, Spezialalphabete usw.)

 

 

Die Einteilung der Schriftkästen folgte bei den "Gemeinen" (den Kleinbuchstaben) der Logik, dass diejenigen Buchstaben, die am häufigsten vorkamen, den kürzesten Greifweg hatten. Die Großbuchstaben ("Versalien") sind allerdings dem Alphabet nach eingeordnet.

Eine teilweise unterschiedliche Kasteneinteilung gibt es für Frakturschriften ("deutsche" oder im internationalen Sprachgebrauch "black types", auch als "gebrochene Schriften bezeichnet) und den Antiqua-Schriften ("lateinische Schriften").

 

 

Größere Schriften werden nicht "im Haufen" in Fächer gelegt, sondern aufgereiht, zwischen Hölzer gesteckt. Daher nennt man sie auch "Steckkästen".

 

Die Setzer standen mit dem Winkelhaken am Pult, nahmen jeden einzelnen Buchstaben händisch aus den Kästen. Das Blindmaterial lag in separaten Kästen. Die großen, langen "Klötze" heißen "Stege", dünnere "Regletten".