Versuch einer Interpretation
Von Hans-Georg Wenke |
my sight
Bilder in, aus und über
Solingen
"Fotografie, das ist
in erster Linie das Spiel mit dem Licht". An dieser Grundregel kann man sich
nicht vorbeimogeln. Das beherrscht Kerstin Ehmke-Putsch als Fotografin in
vielen Varianten.
"Fotografie, das ist
die Wahl des Ausschnittes kombiniert mit der Perspektive". Auch das ist, was sie technisch wie
formell sicher beherrscht.
"Fotografie
ist subjektiv, ist eine Aussage, die man vermitteln will". Das ist, was im völlig objektiven
Sinne emotionale von banalen Bildern trennt. Die Bilder von Kerstin
Ehmke-Putsch sagen, rein formell, zunächst einmal mit einer sehr
selbstbewussten Sicherheit: ich wollte das so sehen, darstellen, zeigen, das
ist meine Sicht der Dinge. Ich will mich nicht Vorurteilen anschließen, ich
will selbst urteilen.
Und dann ist da noch
etwas, was sich Deutungen und erst recht wortgewandten Beschreibungen
entzieht: es sind Botschaften. Sehr subtile Botschaften. Sie geht, der
Solinger Hauptbahnhof mit seinem Motivreichtum ist ein Beispiel dafür, mal
geradezu poetisch-liebevoll mit dem jämmerlichen Anblick einer Bauruine um.
Um dann wieder, beim nächsten Schuss gewissermaßen, mit geradezu brutaler
dokumentarischer Art das Hässliche zur Blamage derer werden zu lassen, die
diese Realität zu verantworten haben.
Kerstin Ehmke-Putsch
ist eine intensiv subjektive Sachfotografin und eine kühl-distanzierte
Lichtbildnerin zugleich. Sie nimmt sich zurück, beschränkt sich mit formaler
Simplizität auf den für sie neutralen Standpunkt: Ich halte ja nur die
Kamera fest und drücke auf den Auslöser - den Rest muss das Motiv selbst
tun. Und dann, wenn darum geht, Perspektiven oder Motive aufzuspüren, die
sich nicht unbedingt von selbst ergeben, holt sie das Detail oder die Szene
für den Augenblick ihres Fotos aus der Alltäglichkeit und verleiht dem
Abbild eine Würde: würdig, gesehen, würdig, beachtet, würdig, anerkannt zu
werden. So, wie es ist, so, wie es die Fotografin sieht.
Sie
verzichtet dabei oft bewusst auf den Einsatz verfremdender Technik und Optik,
um dem Motiv gerecht zu werden, das gewissermaßen aus sich selber spricht.
Dennoch gehen die Bilder weit über Dokumentarfotografie hinaus, weil sie
bewusst subjektiv sind. Und seit jüngstem setzt Kerstin Ehmke-Putsch auch
die EBV (elektronische Bildverarbeitung) als Werkzeug der Bildgestaltung
ein, so wie dies in der professionellen Fotografie inzwischen zum Standard
wird. Denn was früher durch Filter vor der Linse oder Abwedeln beim
Vergrößern, Mehrfachaufnahme oder spezielle Papiersorten - und vieles mehr -
als "Kunsthandwerk" in der Fotografie galt, lässt sich heutzutage am
Computer durch ein reiches Repertoire der digitalen Effekte noch vielfach
übertreffen. Doch auch hier gilt für die Fotografin: nicht der Effekt,
sondern die Aussage sind Maßstab der Dinge, ein Bild ist nur dann ein gutes
Bild, wenn dem Motiv Gerechtigkeit widerfahren ist.
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