Verflucht und unentbehrlich

Gesundheit ist das höchste Gut. Sie zu schützen - oder notfalls wiederherzustellen - ist auch in Zeiten der Diskussion um Unbezahlbarkeit medizinischer Leistungen immer noch eine der höchsten gesellschaftlichen und damit kulturellen Ziele und Angelegenheiten. Das sollte man nie vergessen, wenn man wieder einmal, als Laie, es viel besser weiss als die Ärzte und von ihnen Wunder erwartet.

 

1974 erschien der Neubau des damals noch so heißenden Städtischen Klinikums fast schon wie eine Art futuristisches Raumschiff.

Und bei dieser stimmungsvollen Beleuchtung, die kaum noch der Realität entspricht, wie eine einladende Hotelhalle.

Heute heissen die früheren "Krankenanstalten" Klinikum Solingen und sind ein Lehrkrankenhaus der Universität Köln.

Die damaligen Pläne für einen II. Bauabschnitt wurden nie realisiert, sondern durch eine andere Planung ersetzt, aufgrund derer nun ein neuer Trakt entstanden ist.

 

Herausgegeben von der Stadt Solingen, Repro Peter Conrad, Druck Carl Vieth

Für viele Solinger sicher noch in Erinnerung: bei der Einweihung des Neubaus (auf dem Bild fehlt noch die Farbkugel im Eingangsbereich) "lebte" Haus 1 noch, die alten nach Chloroform riechenden Anstaltsräume mit ihren erdrückend wuchtigen Fluren und riesig erscheinenden Krankensälen (wer das Glück hatte, mit 14 Personen auf einem Zimmer zu liegen, der schloss bald eine Zusatzversicherung ab).

 

 

 

 

Das "Allgemeine Krankenhaus für die Gemeinden Solingen, Wald, Gröfrath und Höhscheid) zur Zeit des 1. Weltkrieges; Blick von der damaligen (heute dort nicht mehr existenten) Margarethenstraße (Blickpunkt wäre heutiges Stammhaus, die dargestellten Gebäude existieren nicht mehr, dort steht jetzt ein moderner Anbau).

Ernst König, Solingen

 

 

Das in Ohligs gelegene Krankenhaus ist heute die St.-Lukas-Klinik; ein Neubau der 60er Jahre, der direkt in das Waldgebiet der ehemaligen Ohligser Heide gestellt wurde und auch noch heute nur über eine schmale Wohnstraße zu erreichen ist. Was - wieder einmal - die Solinger Mentalität charakterisiert: viele gute Ideen wurden nie konsequent zu Ende gebracht. Zum Schluss stehen fast immer ärgerliche Kompromisse.

 

 

Stuttgarter Luftbild Elsäßer & Co

Wenn man es hört, könnte es einem gruseln: Heil-Anstalt ! Wöchnerinnen-Heim! Aber immerhin: hier wurde ich höchst persönlich geboren, 14 Tage nach dem errechneten Zeitpunkt, Sonntags morgens um halb zwei, aber gesund und munter.

Das Gebäude auf der Friedrichstraße ist längst nicht mehr vorhanden.

Verlag Eugen Kaempffe, Dresden-A.

Poststempel 3. 1. 1927

 

« Das Diakoniewerk Bethesda Wuppertal ist Träger diakonischer Einrichtungen und gehört zur Evangelisch-methodistischen Kirche. Der Name "Bethesda" bedeutet "Haus der Barmherzigkeit" und zeigt die Wurzeln des diakonischen Engagements. Diese Wurzel ist die Barmherzigkeit Gottes, die Menschen durch Jesus Christus erfahren haben. Sie wird auch heute Menschen in Wort und Tat nahe gebracht. Zu den Aufgaben des Diakoniewerkes Bethesda gehören die stationäre und ambulante Versorgung kranker und alter Menschen, die Arbeit in der Kirchengemeinde und mit Kindern sowie die Ausbildung junger Menschen. »

Es gibt viele auch heute noch existente Krankenhäuser oder medizinischer Einrichtungen mit dem Namen Bethesda.

Wieviel Hilflosigkeit steckt unter den strengen Hauben der Schwestern und den verschlossenen Kitteln der Ärzte. So, wie wir heute definitiv fordern, dass man uns auf der Stelle wieder repariert, so konnten die Altvorderen kaum hoffen: Medizin war oft Glückssache und nicht selten auch schmerzlich, viele der Therapien schlichtweg wirkungslos und manches Mal wurde sie zum "Versuchskaninchen", ohne es zu wollen - weil die Ärzte nicht selten keine geeignete Diagnose stellen konnten - Chemie, Physik, Apparatemedizin sind noch gar nicht so lange so perfekt, wie wir heute glauben, es müsse ganz einfach so sein.

 

Obwohl jener Mann den Namen "van Solingen" trägt, ist er ein Niederländer, dessen Vater möglicherweise aus der Klingenstadt stammt. Jedenfalls wurde er unter anderem bekannt für die von ihm selbst entworfenen chirurgischen Instrumente. Und hier ist wirklich ein Fingerzeig auf die spätere Solinger Industrie, die in der Tat in gigantischen Mengen solche Instrumente produzierte und es heute noch tut. Feiner, moderer, aber immer noch solide "me fecit Solingen".

 

 

Herbert Weber, Horst Henke und Karl-Heinz Wilke schrieben diese Chronik des Krankenhauswesens in Solingen und veröffentlichten es 1992
Herausgeber Städt. Krankenhaus Solingen
Druck B. Boll, Solingen

 

1241 könnte in Gräfrath ein Kloster-Krankenhaus gegründet worden sein (die Unterlagen lassen keinen klaren Schluss zu)
1668 ist in Solingen eine Apotheke ansässig; dazu gab es 7 Wundärzte
1670 weiß man von einem namentlich bekannten Arzt, bald danach von einem Stadtchirurgus; um diese Zeit gehören auch Hebammen und Barbiere zu den Heilberufen
1813 eröffnet der Augenarzt Dr. Friedrich Hermann des Leuw in Gräfrath eine Augenklinik
1836 ein Krankenhaus für Handwerksgesellen, ganze 18 qm
1853 mietet sich ein Solinger "Krankenverein" im Armenhaus ein und stellt Betten auf
1863 an der (heutigen) Potsdamer Straße entsteht das erste "richtige" Solinger Krankenhaus
1897 auch Ohligs errichtet ein Krankenhaus (spätere Virchow-Klinik)
1898 Dr. Czimatis bekämpft als Gewerbearzt vor allem die Staublunge der Schleifer (Absaugvorrichtungen werden angebracht)
1915 das Gemeinschaftskrankenhaus der Städte Gräfrath, Wald,  Höhscheid und Solingen wird an der Frankenstraße eingeweiht
1928 wird diese Krankenhaus bedeutend erweitert
1929 wird das Haus "Städtische Krankenanstalten Solingen"
1948 nach Zerbombung und Improvisation Wiederaufbau
1956 Bau des "Bettenhochhauses" (Haus II)
1970 Beginn Neubau, großzügige Erweiterung, 1974 Einweihung
1975 Krankenhaus als wirtschaftlicher Eigenbetrieb
1980 und später: bedeutende Sanierungen
2002 erneuter bedeutender Anbau; Stilllegung ehemalige HNO- und Quarantäne-Häuser
2005 Beginn der Diskussion über Privatisierung und Verkauf (Stadt ist pleite)
 

 

In solchen Sälen zu liegen war eine Tortur für sich. 1973 hatte ich noch das Vergnügen, im 16-Bett-Raum einige Tage verbringen zu müssen. Nachts Stöhnen der Frischoperierten, Scharchen der medikamentös Abgefüllten, die Winde der sich Wälzenden und das Geplapper derjenigen, die nicht schlafen konnten. Gut, dass man wenigstens ungeniert auf dem Zimmer rauchen durfte. Weil: frische Luft ist bekannter Maßen ungesund.

 

Bescheiden, wie Solingen ist, firmiert dieses Gebäude offiziell als Bettenhochhaus.

 

 

Damals wussten sie noch nicht, dass sie einander ablösen würden - fast (mit einer kurzen Zwischenepisode des Oberbürgermeisters Uibel). Gerd Kaimer (links, SPD), langjähriger OB zusammen mit Ratsmitglied Franz Haug (rechts, CDU), nachmaliger (und erster hauptberuflicher) OB von Solingen. Wahrscheinlich mauscheln sie hier schon mal was in den Stein der Grundseinlegung der Generalsanierung (vielleicht Spendengelder oder ihr politisches Vermächtnis oder das Geheimnis, wie man so etwas alles finanziert ... wer weiß?!)

 

Eine nette, instruktive Collage im genannten Chronik-Büchlein.