Militär

In früheren Zeiten spielte das Militär durchaus eine zentrale Rolle im Alltagsleben und damit auch in der Stadt. Kriege waren relativ häufig, fast jeder Bewohner früherer Generationen hat mindestens einen Krieg aktiv oder passiv durchleiden müssen.

 

Übertritts-Attest.
Der Wehrmann der Infanterie, Hermann Emil Krautmacher aus Hilgen Bürgermeisterei Burscheid Kreis Solingen tritt wegen zurückgelegter Landwehr-Dienstpflicht zum Landsturm über und hat sich während seiner Dienstzeit "gut" geführt.
Derselbe hat den Anspruch auf die Landwehr-Dienst-Auszeichnung.
Der Übertritt ist den 1. Oktober 1875.
Gräfrath den 30ten September 1875
--Unterschrift unleserlich--
Oberst Leutenant gd. und Bezirks-Commandeur.

 

 

Im I. Weltkrieg kämpften, befehligten und bescheinigten noch Fürstentümer oder Kleinstaaten. Mit geradezu anachronistischem Stolz dokumentierten sie ihre papiererne Macht.

Dennoch: Ernst Ludwig war ein Schöngeist ... !
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ERNST LUDWIG
von Gottes Gnaden
Großherzog von Hessen und bei Rhein.
Wir haben dem
Armierungssoldaten Karl Schick
4. Kong.Armierungs-Batln. 73
unser
allgemeines Ehrenzeichen
mit der Inschrift
Für Kriegsverdienste
am Kriegsbande
verliehen und erteilen hierüber gegenwärtige Urkunde

Darmstadt, 2. August 1917
Ernst Ludwig

In das Militär eintreten durften nur - angeblich - unbescholtene Bürger. Die anderen kamen wohl in die Freicorps und in dubiose Legionen.

 

Führungs-Attest.
Dem Metallgießer Wilhelm Otto Hugo Erich
Jansen,
geboren am 24. Juli 1898 zu Solingen
und wohnhaft zu Solingen,
wird auf Ansuchen zu
Militärzwecken
hiermit amtlich
bescheinigt, dass über seine Führung während seines hiesigen Aufenthaltes von
Geburt an bis 25. April 1905 und vom 9.
März 1912 bis heute
Nachteiliges nicht bekannt geworden ist.
Solingen, den 22. März 1912
Die Polizeiverwaltung:
Der Oberbürgermeister.
Im Auftrage
Hermes
Stempel frei !
Konto.-Nr. 126

Vordruck 1046 10

1912: noch zwei Jahre trennt die Welt vom I. Weltkrieg. Und der Solinger Erich Jansen wird als Oberheizer zur Marine einberufen. Wie viele übrigens, noch heute gibt es eine aktive "Marinekameradschaft" in dieser Stadt, die seit 1910 existiert.

 

Auch hier gilt wieder: mit einigen wenigen gestalterischen "Tricks" wird Amtlichkeit und hohe Würde signalisiert: die eisernen Kreuze in den Ecken, das auf Mitte gestellte Wappen der Marine, zwei blaue (funktional unnütze, aber eben gut aussehende) Linien.

WD steht möglicherweise für Wilhelm II, dem damaligen Kaiser und damit auch sog. "obersten Kriegsherrn"
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Marine-Formular-Magazin, Buchdruckerei und Buchbinderei
von Th. Süß, Wilhelmshaven.
Vertraglicher Lieferant für die Nordseestation

Die vielleicht schönste Eintragung im Wehrpass: Krieg ist aus, es geht nach Haus'.

 

 

Zwischen Einberufung und "Urlaub auf Dauer in der Heimat" liegen exakt 4 Jahre und 112 Tage Dienst auf der MS Goeben, einem Panzerkreuzer, der noch vor dem 1. Weltkrieg an die Türkei "ausgeliehen" wurde und dort während des Krieges unter türkischer Flagge Dienst tat. Mein Opa war, zwangsläufig, über mehrere Jahre türkischer Soldat zu Schiff. Eine absolut "heiße Angelegenheit": er feuerte als Heizer die Öfen zur Dampferzeugung - es war ja ein "Dampfer" und nicht so ein neumodischer Dieseltuckerer.

Eingetragen in den Wehrpass ist übrigens auch das Passieren der Linien Calais-Dover, des Breitenparalleles von 60° Nord und des Meridians von 8° Westlänge von Greenwich sowie die Dauer des Aufenthaltes außerhalb von Ost- und Nordsee. Wozu das gut ist, werden wohl nur noch die ollen Preußen wissen.

Die MS Goeben, deutscher Panzerkreuzer, im ersten Weltkrieg im Einsatz in der Türkei. Ich bin ganz sicher: dieser beeindruckende Dampf stammt von meinem Großvater. Denn es war seine Aufgabe unter Deck als Heizer, das Schiff unter Dampf zu halten.

Vorletztes Aufgebot: Als der Krieg erkennbar verloren ging, haben die Nazis alles zu mobilisieren versucht, was auch an der sog. "Heimatfront" irgendwie einsatztauglich war. Und so hatten die damals auch über 50jährigen die "Ehre", nach einem überlebten I. Weltkrieg noch einmal den Kopf fürs "Vaterland" hinhalten zu dürfen. Später wurde es noch schlimmer: da kamen die 17jährigen Noch-Fast-Kinder an die Kanonen - und nicht selten dabei um.

 

 

 

Hakenkreuz: missbrauchtes Symbol

Es ist ein altes arisches Symbol, im indischen (hinduistischen) Kulturkreis bis heute völlig "normaler Alltag. Die (indische) rechtsdrehende Form symbolisiert Sonne und Feuer und bedeutet Glück und Wohlbefinden. In dieser deutschen Form wurde es das zu Recht am meisten gehasste Nationalsymbol. Heute oft genug Anlass zu politischem Streit, ist nun einmal in Personendokumenten Bestandteil des Lebens der Generationen vor uns. Es wurde deshalb bewusst nicht wegretuschiert, weil ich dies für Fälschung halte.

 

Militärmarke mit Angaben in doppelter Ausführung; mit einer Kordel um den Hals zu tragen; die untere Hälfte konnte abgebrochen und zwecks Identifizierung eines Toten oder Verwundeten benutzt werden.