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Müngsten an der Wupper - Teil 2: Das Vergnügen |
Irgendwie ist der ganze Bereich Müngsten ein seltsamer
Ort. Wahrscheinlich, hätte es einst Wuppergnome oder Bergische Elfen
gegeben — hier wären sie zu Hause gewesen. Aber so brettern heute
nur die Motorradfahrer wie die Geisteszwerge die Straßen rauf und runter,
an der gewundenen Wupper entlang und über die in langer Kurze gezogene
Brücke und stehen Elfen als Wohnwagenprostituierte am Parkplatz der L74. An
die einstige Vergnügungsstätte – an naher Stelle gab's Jahrzehnte
später wieder Sündiges – erinnert heute nichts mehr. Mächtiger Wald
steht drohend über dem Tal und bei Starkregen verstopfen selbst die groß
dimensionierten Abflüsse im Straßengraben und die Polizei kontrolliert
kleinlich die notwendigerweise stark reduzierte Geschwindigkeit. Aber
vielleicht sind ja doch Gnome und Elfen ...
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Kann das denn wahr sein?
Im Müngsten stand seit dem vor-vorigen Jahrhundert
- längst vor der einmaligen Eisenbahn-"Riesenbrücke" jahrzehntelang eine
Brücke, die ebenfalls in Deutschland einmalig war: die Stufenbrücke.
Statt geneigter Fahrbahn hatten die Erbauer mitten auf der Brücke zwei
Stufen gemauert, über die Pferde und Wagen gehoben und gewuchtet werden
mussten. Als der Autoverkehr aufkam, mussten Wagen teilweise mit einem
Krangeschirr gehoben werden, um die Brücke passieren zu können. Erst im
Zuge des Baus des Klingenpfades wurde sie geändert. Die Folge der
Umständlichkeit war, dass die Verbindungen zwischen Remscheid und
Solingen äußerst spärlich sind, was sich bis heute fortsetzt.
Kann das denn wahr sein?
Führende Forscher, unter ihnen der Kottologe Michal T.,
haben herausgefunden, dass das Malheur passierte, weil man von beiden
Seiten die Brücke auf die Mitte zu baute - und die Höhe verfehlte. Erst
bei der stählernen Konstruktion der gewaltigen Eisenbahnbrücke
gelang , sich in gleicher Höhe zu vereinen. Dies gelang, weil seinerzeit
der Faltschirm (Knirps) erfunden worden war und man ihn als
Konstruktionshilfe verwendete, wie die Solinger Fotografin Kerstin E.-P.
bewies (rechts).
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Stufenbrücke über die Wupper in Müngsten. Mit herrlichem Blick auf den
Diederichstempel (Aussichtspunkt) und Schloss Küppelstein, seinerzeit als
Restauration genutzt.
Verlag Gerhard Thiem, Elberfeld; Poststempel 30, Juni
1933
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Dass die Verbindung nach Remscheid wirklich nicht
gut war, zeigt dieses Bild um 1900. Der Weg unten kommt von Solingen (am
Felsenkeller vorbei). Kurz nach der Brücke stieß man auf das Ausflugslokal
Wilh. Baumgärtner. Dahinter ein Stall, links das stattliche Wohnhaus. Der
Weg nach Remscheid ist deutlich schmäler als der von Solingen, folgt auch
nicht dem Verlauf, wie er heute von der B229 genommen wird. Wo deutlich
eine Aufforstung zu erkennen ist, erstreckt sich heute hoher Wald. |
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Einzig könnte man noch sagen: und sie war doch
schiffbar, die Wupper. Man muss nur richtig definieren, was ein Schiff
ist. Schiffe in Kahngröße - oder Nachen, längere, gestakte Kähne - waren
auf der Wupper früher durchaus normal und oft gebräuchlich. Hier konnten
die Ausflügler eine Kahnpartie unternehmen.
Das Landschaftsbild ist heute total verändert und
nicht mehr mit diesem Bild vergleichbar. |
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Gleiche Häusergruppe, etwas andere Perspektive.
Druck + Verlag Fr. Dietz, Düsseldorf |
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Die alte Steinbrücke, die eigentliche korrekt so
bezeichnete Müngstener Brücke - weil sie sozusagen Zentrum des Fleckens
Müngsten ist. Doch wegen ihrer Bedeutung und Monumentalität wird die
Eisenbahnbrücke als Müngstener Brücke bezeichnet, obwohl auch frühere
Bildunterschriften und Postkarten sehr korrekt und deutlich immer von der
Thalbrücke bei Müngsten sprechen.
Rund 200 Jahre ist das steinerne Bauwerk alt. |
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Tempellandschaft mitten in Deutschland: so schön
kann das Bergische sein. Wenn man genau hinsieht, erkennt man noch die
Wassernixen und Luftelfen, die Wiesengnome und die Waldschrate, die
Baumflüchter und die Bergische Seele, wie sie in der Wupper baumelt ... |
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Wilh. Fülle Barmen, um 1905 oder später
Special Thanks To Jörg Mortsiefer |
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Auf alten Aufnahmen sind unter der
Kaiser-Wilhelm-Brücke zwei Kotten zu sehen, rechts der heute noch als
Gebäude existente Schaltkotten. Er wurde ab
1572 erbaut und war bis 1967 in Betrieb.
Fälschlicherweise steht in mancher Literatur über
Solingen, der Begriff Kotten tauche 1605 zum ersten
Mal in einem Heberegister des Hauses Nesselrath auf. Wahrscheinlich, so
der Solinger Kotten-Experte Michael Tettinger, ist der Begriff jedoch
bereits 1573 oder sogar 1543 in Urkunden gebraucht worden.
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Foto: Stadtarchiv Solingen
aus: die Heimat, Ausg. 9/93
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