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Oder doch nicht? |
Wie war das doch noch gleich damals, damals als alles
noch anders war? Ach, wie kommen da die Erinnerungen durcheinander. Das
Banale verklärt sich zum Mythos, das nie Gewesene wird als historisch
dargestellt, die Vorurteile werden zur Vorlage für Erinnerungen. Vielleicht
ist ja diese Story hier nur ganz frei erfunden. Oder doch nicht?
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Das ist der Solinger Mann. Er ist immer ein
Arbeiter, immer "em Dengen", will sagen im Kotten oder in der Werkstatt
oder der Fabrik, immer missmutig und beklagt sich, viel zu viel zu tun zu
haben bis auf die Zeiten, wo er sich beklagt, es wäre ja keine Arbeit da.
Von Arbeitsschutz und so einem Quatsch hält er nichts, weil er Held ist
und seinen Beruf und alles übrige auch beherrscht. Rein verbal-rethorisch
jedenfalls. |
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Augenpließter; Fotograf und Druckerei der Postkarte
unbekannt
Was Augenpließter sind? Nun, die pließten die
Augen. Die Augen der Scheren, die unwissende Menschen als "Grifflöcher"
bezeichnen würden und pließen, nun Pließten ist so ein
Schleifen-Polieren-Glätten-Formen-Entgraten-Verschönern, indem der
geschmiedete oder gestanzte Rohling (Scherenhälfte) "schöngemacht" wird.
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Der Solinger Arbeiter hat es immer mit Maschine zu
tun, die gibt es woanders überhaupt nicht. Wie dieser hier. Eine Art
Spindelbohrstanzpress-Maschine, womöglich so eine Art Eigenbau oder
Sonderanfertigung. Oder doch ein ganz normales Ding, nur eben weiß das
sonst keiner auf der Welt außer der Solinger Arbeiter em Dengen, dem
Kotten und der Fabrik. |
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Foto: Atelier Rödelsheimer, Pforzheim
1901 |
Und wenn er dann Feierabend hat, der Solinger
Arbeiter, dann baut er sich ein Ideal-Modell seiner Arbeitswelt. Die
einen machen das aus Holz, Phantasie und Leim, die anderen mit Worten in
der Kneipe. Aber das aus Holz macht wenigstens noch heute Eindruck. |
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"Mechanisch altbergische Mühle mit oberschlägigem
Wasserrad."
"Bau- und Arbeitszeit zirka 1 Jahr von Heinr. Greis und Karl Pfuhler
Solingen-Höscheid."
Druck: J. H. Born, Wuppertal-Elberfeld, Aus 40-44 |
Und dann gibt es noch das traurige Kapitel der
Frauen der Arbeiter. Während die Männer em Dengen schaffen müssen, sitzen
sie bei vergnügten Hausfrauen-Nachmittagen herum, halten Kaffeeklatsch
und lassen es sich gut gehen. |
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Edeka
Hausfrauen-Nachmittag der EDEKA
Gestaltet durch die Kleinkunstbühne Essen Bernd Schlot
im Stadtsaal Wald, Mai 1951 |
Geld war im Bergischen Land nicht so wichtig,
notfalls machte man sich selbst welches. Wie hier diese Münze von 1807,
die die Franzosen den Bergern verordneten. Da der Wert der einzelnen
Währungen dermaßen unübersichtlich geworden war, kam ein Bergischer auf
die Idee, Ordnung in die Sache zu bringen und es entstand 1800
"Schürmanns Rechenbuch". Der Lenneper Lehrer half damit Kaufleuten und
Handwerkern, die Orientierung zu behalten. |
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Von besonderem Wert in Solingen war der "Henckels
Taler", angeblich dreimal so viel Wert wie normale Taler. Warum? Weil es
als Erhebung in den Solinger Arbeiteradelsstand galt, für Henckels
arbeiten zu dürfen.
Abb. aus Charles Schmidt: "Das Großherzogtum Berg
1806-1813"; herausg. im Auftrag des Berg. Geschichtsvereins, 1999 |
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