Poetisches Bergisches Land

Boh ey Sie - Poesie ! Na klar, der Bergische ist nicht nur ein Held, sondern auch ein Richter und Stänker, sorry, will sagen: Dichter und Denker. Sobald es feierlich wird, erfindet er ein Gedicht und sobald ihn die Gefühle übermannen oder überfrauen, macht er eine Geschichte drumherum. Das liegt nachweislich am vielen Regen, weil sich Regen bringt Sägen, daher die Werkzeugindustrie, und steter Tropfen ölt den Wein. Sie lesen, des Dichters Niedergäule resp. Perder (siehe unten) galoppieren wieder durch den Pudels Kern, weshalb das Leben wie eine Lotterie ist: Solange ich Lose habe, dichte ich. Bin ich nicht ganz dicht, ist auch nix los. Uuiiiiiiih.

 

Kostproben; Inhalte außerhalb der Verantwortung des Betreibers dieser Domain und auch außerhalb jeglichen Geschmacks-Urteils, des literarischen allemal:

 

 

 

 

 

 

 

 

 






SINGENDE, KLINGENDE BERGE

 

Land der Lieder, Land der Sagen,
Sei gegrüßt mir tausendmal!
Wald'ge Hügelketten ragen,
Drunten Schluchten, Wiesental,
Feld und Busch und grüne Auen -
Ferne Höhen duftig blauen.
Heil dir, o du schöne Heimat,
Singende, klingende Berge!
In dem Tale, an dem Hange
Klingt der Amboß, hallt Gepoch,
Saust der Webstuhl bei Gesänge
Lustig in der Arbeit Joch.
Hinterm Pfluge Lieder schallen,
Hirtenweisen wiederhallen.
Heil dir, arbeitfrohe Heimat,
Singende, klingende Berge!
Sonntags, welch ein fröhlich Wandern
Nach dem klaren Sperrsee hin!
Hehr von einer Höh' zur ändern
Ragt der Brücken Königin.
Auf, zur Burg im Sonnenstrahle
Und zum Dom im stillen Tale
Heil dir, wanderfrohe Heimat,
Singende, klingende Berge!
In des Bergerlandes Mitten
Blühen Frauen frisch und hold.
Männer ehren alte Sitten,
Derb und bieder, echt wie Gold:
Ein Geschlecht von edlem Drange,
Namen zählt's von gutem Klange.
Heil dir, ruhmesreiche Heimat,
Singende, klingende Berge!

Wilhelm Idel

 

Herzog Jan Wellem vor der Residenz Düsseldorf, dem nachmaligen Rathhaus
Foto: Dolf Siebert
Bergische Volkspoesie, 1958
Bergischer Heimatverlag, Niedergaul über Wipperführt
Druck: Karl Eicker, Wipperfürth
Einband: Josef Perder, Engelskirchen

nachfolgende Marginal-Fotos: hgw

 

 


ALT-SOLINGEN


Inmitten der Stadt lag auf den Wällen und Gassen
Die Zeit aus Schiefer und Fachwerk wie Traum versteckt;
An eichenen Türen wurden mit Klopfern aus Messing
Zuweilen noch Tage der Weichselrohrpfeife geweckt.
Und Großmutters Häubchen hielt gern in der Dämmerstunde
Mit Kaffeekännchen aus Zinn einen seligen Schwatz;
Auch gab noch die Standuhr auf schattiger Diehle Kunde,
Und droben am Giebel war ältester Nachbar der Spatz.
Am Treppchen aus Stein aber ließen sich Schritte zählen,
Die Zeit der Pantinen und die der geknöpften Schuh';
Geländer aus Eisen geschmiedet, als Lehne an Steinbank
Erzählten noch manchmal von Zeiten der eisernen Ruh'.
Da bot auf dem alten Markte mit lustigen Worten
Das Zündholzmännchen noch treu seine Schachteln feil;
Den kupfernen Pfennig erspielten sich Leierkasten,
Und waren von Gassen und Wällen lebendiger Teil. -
Inmitten der Stadt sind Wälle und Gassen versunken,
Versunken die Zeit aus Schiefer und Fachwerk bunt;
Doch wer mit dem Herzen den Fuß in das Städtchen setzte,
Dem tut es zuweilen sich noch wie ein Märchen kund.

Alfred Müller

 

 


WUPPERGEFLÜSTER


Als fleißigster Fluß ist sie bekannt,
Die Wupper im schönen Bergisch Land.
Von der Quelle bei Börlinghausen an,
Nennt sie Klüppelberg "Wipper" dann.
Hier windet sie noch mit Fischen drin,
Als sauberer Bach durch das Tal dahin.
Mit dem Namen Wupper wendet das Bild,
Wo Fabriken und Kotten gelegen sind,
Die dem Fluß farbige Abwässer geben
Und ihn in Schwärze und Schande legen.
Oft treibt man das Wasser in Turbinen,
Um damit Strom und Kraft zu verdienen.
Gewiß gibt so das Wasser Arbeit, Brot,
Die schäumige Brut aber bleibt 'ne Not.
Eine Lösung will man darin erblicken,
Biologie in den Flußlauf zu schicken.
Lebende Bakterien sollen Retter sein:
Fresser des Schlammes Schmutz und Keim.
Seit die Pestilenz im Wupperstrom steckt,
Sich übler Geruch durch die Lüfte reckt,
Sind die Täler für die Menschen ein Graus,
Wandern sie nicht mehr zur Wupper hinaus.
Weil andere Gefilde und Talseen locken,
Bleibt die Beliebtheit der Wupper stocken.
Muß man das Silber der Wupper vertreiben?
Läßt sich's vermeiden, wird es so bleiben?
So wird offen gefragt mit Stöhnen und Qual,
Angesichts schwarzer Wellen im grünen Tal.
Kritischen Mundes müssen wir Berger gestehn:
Wir möchten die Wupper wieder sauber sehn!

Hugo Wlllms

 


 

 


MIN AUL, L E E V W A U L E R DORP


Ech kann minn aul, leev Wauler Dorp Vrdäxmich! arch joht liehden. On datt nit iehrscht va' festem her -Oh neeh! - se-it langen Tiehden.
Datt Schtrandbatt heh em Ittertal
Met sinne jruhten Diehken,
Datt kann sech doch, datt glöüv du märr,
Met Norderney vrjlieken.
Die Turnhall on datt Schtadijonn, Watt me-inst 'e wall, du Döppen, Die sind für Schport en jeder Art: Für Loupen, Schprengen, Höppen.
On watt für'n Lütt hannt heh jewonntl Et eß re-in nit te sahren, Watt hengenoh jeworden eß Uht all dann kle-ine Blahren:
Dr RUSS, dee wor Kommerzijenrat, Dr Sina, Schuleme-ister, Dr Allmenröder, Offezier, Dr He-inrich, Bürjeme-ister.
On Schulen hannt fr heh suh voll Für all die kle-ine Kenger! Ech we-iht des Löffels ke-ine Schtell! Suh voll sind heh darr Denger.
On We-ihter jödd et heh ouch wall Met freschen, ruhdem Backen. Suh fengt m'n V nit öhwerall Für en dr Arm te packen.
Därrweejen wiehrd et Dorp jelofft Be-i uß on en dr Främde. On wemm datt Schtöck te korrt heh eß, Dee träck et en de Längde!
 

Otto Drexler

 

 


D'R WOPPERSCHLIEPER

Düweder wor et, de Wopper fing open, Alles noch stell op den Höwen am schlopen, Blus en nem wenkscheiwen Hüßken wor Leit. "Frau ech jonn schliepen; ech denk datt et jeiht!"
"Bliew ut dem Kotten, der Stein löppt nu seder! - Mann, bös vernönfteg, besuch der datt Weder! - Denk an din Lewen, de Wopper es huh!" ;,Frau, wenn men sterwen soll, stirwt man ouch su!",
Butten wor Nädde, durch Ren on durch Schlappe Hurt men nen Schrett op de Wopper an tappen. Halw ald om Weg op den Kotten eran Mackden der Schlieper en Spönschen sech an.
"Such doch, watt duckt sech do henger demm Struke?2 Schwärt wie der Dut huckt et newer nem Muken! - Such doch, do kieken twei Ougen erut; - Jlöhnige Ougen, su jeftig on jrut!"
"Bliew ut dem Kotten, der Stein löppt nu seder! - Meinden de Frau wall, sie sog dech nit weder? - Jlöuw nit ans Spoken, us Katze sett do! - Mißken jank heim, loup dem Vader nit no!"
Huh jeng de Wopper ald öwer de Owern. Kault hong der Hei en den Kleppen derbower. "Für de Famillig doch blus well ech jonn, Han ald su lang keine Krau mie jedonn!"
"Hur doch, ne Kuz, oder bös de am dröumen!? - Röppt, wie men set, für den Dut ut den Bäumen! - Meint et den schworkranken Nober, datt Dier? - Bliew ut dem Kotten, der Stein löppt te sier!"
Eisig, datt well em doch nit ut den Uhren. Jries spenxt der Hei öm dem Kotten sin Muren. Eisige Wegg, datt der Kuckuck dech hol! - Hüh ens, watt packt der ant blo Kamesoll? -
Stief blew he stonn, on he jow sech ant tasten. Blus van nem Struke en Schlout hei en faste. "Bliew ut dem Kotten!" Su schot he enein. Äwer he jeng - on do flog emm der Stein.

Alfred Müller

 


 

 


DIE ZWERGE ZU MÜNGSTEN

Zu Müngsten im Tal in dem Felsengestein,
Da flüstert's zu nächtlicher Stunde.
Der Mond wirft die silbernen Garben hinein,
Umgeistert die träumende Runde.
In Schluchten, an Hängen, im Wald und im Busch,
Da flickert's und flackert's husch husch husch husch husch,
Und die schlummernden, schweigenden Berge
Belebet das Völklein der Zwerge.
Da kommt mit Fackeln in lustigem Tanz
Ein Zwerglein ums and're geschritten,
Sie fassen die Händlein, sie schlingen den Kranz,
Ein eisgraues Männlein inmitten.
Das schwingt mit den Händen ein Stöckelein klein,
Es klingt im Gebüsch manch' Glöckelein fein;
Die Zwerglein, sie tanzen und springen
Und jubeln und lachen und singen.
Hier necken sie sich und man zupft sich am Bart
Mit Händlein, den winzigen, kleinen.
Dort hat sich ein Trüpplein am Felsen gepaart
Und sitzt auf den glitzernden Steinen.
Hier werfen sie Mützchen in jubelnder Lust,
Dort ziert man mit Blümlein die schmächtige Brust;
Hier schleppt man mit zierlichen Krügen
Und schlürfet in durstigen Zügen.
Jetzt schwingt sich der König am Felsen entlang,
Den ragenden Stein zu erklimmen.
Es grüßt ihn von unten der Zwerge Gesang
Mit klingenden, fröhlichen Stimmen.
Er wiegt sich und wirbelt das Stäblein empor
Und leitet und lenket den singenden Chor - -
Da tappt in der Zwergelein Mitte
Ein Grobschmied mit polterndem Schritte.
Wie wenn eine Faust in ein Bienenhaus fährt,
So schwirrt es nach allen vier Seiten;
Sie holpern und stolpern und kollern zur Erd',
Sie laufen und schnaufen und gleiten.
Es flickert und flackert husch husch husch husch husch,
In Schluchten an Hängen, im Wald und im Busch;
Nur oben auf ragendem Steine
Der Zwergkönig stehet alleine.
Da schreitet mit Staunen der Schmied in die Näh',
Doch springet in mächtigem Bogen
Das Zwerglein zur Erde, tritt fehl, und - o weh -
Es stürzt in die schäumenden Wogen.
Die gurgelnde Wupper trägt eilend es fort,
Es wimmert und jammert: in lautem Akkord
Ertönet das Klagen der Zwerge
Vom Hang, aus der Schlucht, von dem Berge.
Zum Ufer der Wupper stürzt eilend der Schmied
Und springt in die Wasser, die schnellen;
Er späht nach dem Zwerglein, kaum, daß er es sieht,
Hebt er es schon hoch aus den Wellen.
Er schwimmet ans Ufer und stellet dort fein
Auf sicheren Boden das Zwergköniglein.
Da danket ihm freundlich der Kleine,
Entfliehet und läßt ihn alleine.
Nun will ich erzählen, wie's unserem Schmied
Darnach in den Nächten ergangen.
Noch ist nicht zu Ende das heitere Lied
Vom zierlichen Zwerglein, dem Bangen.
Denn wer mit den Zwergen gar freundlich verkehrt,
Hat selbst sic.h das Glück zum Gefährten beschert.
So ist's auch dem Grobschmied begegnet
Und hat ihn mit Reichtum gesegnet.
Hatt' abends er Eisen zum Amboß gestellt,
So fand er am kommenden Morgen
Den blankesten Stahl, so ihn bietet die Welt;
Bald schwanden Not, Kummer und Sorgen.
Doch ist wohl die Neugier ein neckisches Ding,
Denn als sie den Grobschied zu plagen anfing,
Da legt' er sich nachts auf die Lauer
Beim Blasebalg, dicht an der Mauer.
Kaum tutet der Wächter um zwölfe ins Hörn,
Da hört er ein trippelndes Gehen;
Herein tritt ein Zwerg, kommt zögernd nach vorn
Und bleibt vor dem Ambosse stehen.
Er hängt ein Lämpelein rechts an die Wand
Und greift mit der zierlichen, niedlichen Hand
Nach links in sein Höslein zur Tasche,
Damit er sein Hämmerlein hasche.
Dann faßt er das Eisen, und kling kling kling klang
Betupft er's mit winzigen Schlägen;
Da reckt sich's und streckt sich's, wird breiter und l
Man sieht es wie Wachs sich bewegen.
In knapp einem Stündlein in dunkeler Nacht
Ist sämtliches Eisen zum Stahle gemacht.
Wie's fertig das Zwerglein befindet,
Da packt es sein Zeug und verschwindet.
Als frühe am Morgen die Sonne aufflammt,
Der Schmid zu dem Schneider hinschicket;
Der fertigt ein Wämslein aus purpurnem Samt,
Mit goldenen Schnüren besticket.
Am kommenden Abend verpackt er es fein
Und bringt auf den Amboß das Wämslein klein.
Dann legt er sich hin auf die Lauer
Beim Blasebalg, dicht an der Mauer.
Und wieder vernimmt er bei Mitte der Nacht
Ein heimliches Schreiten und Gehen
Und sieht mit dem Lämpchen, noch eh' er's gedacht
Am Amboß das Zwergelein stehen.
Da schnauzt sich das Männlein und blinzelt und seht
Kaum daß er ans Päckchen heran sich getraut,
Doch ist seine Neugier zu mächtig,
Drum öffnet's die Hülle bedächtig.
"Hi hi", wie es lacht und im Tanze sich wiegt,
Wie's wibbelt vom Kopf bis zur Zehe;
Wie.s alte Gewand in das Herdfeuer fliegt,
Damit es im Neuen sich sehe.
Dann streicht es voll Wonne sein kleines Gesicht,
Beschaut sich noch einmal und lächelt und spricht:
"Wat bruk ech als Jonker te schmeden,
Nu gönn ech, nu ben ech tofreden!" -
Das Männlein, das stellte gar nimmer sich ein,
Da half auch kein Hoffen und Flehen,
In Müngsten jedoch in der Nacht im Gestein
Hat mancher gar manches gesehen.
In Schluchten, an Hängen, im Wald und im Busch,
Da flickerfs und 'flackert's husch husch husch husch husch,
Und die schlummernden schweigenden Berge
Belebet das Völklein der Zwerge.

Max Kayser

 

 


GOTTESURTEIL

Zu Burg an der Wupper in streng-ernster Pflicht
Graf Adolf von Berg einst hielt üblich Gericht.
An südlicher Bergwand in Näh' ihres Rands
Erschienen als Schöffen die Edeln des Lands.
"Ich lud Euch, Ihr Herren, zum heiligen Ding,
Zu richten jedweden, der Rechts sich verging.
Hier unter der Linde an Dolmen und Bank
Laßt mit mir Euch nieder und richtet ohn Wank.
Vom Boldenberg trat gleich Herr Engelbrecht auf,
Sprach feierlich, fassend der Schwertklinge Knauf:
"Der mit uns als Schöffe frech teidingt hierorts,
Herrn Gerhard von Steinbach beklag' ich des Mords.
Herrn Gerlach von Scherven, den hochedlen Herrn,
Erschlug er im Walde, der Schwelm liegt nicht fern.
Hört! meuchlings von hinten so schlug er ihn tot -
Fluch treffe den Mörder und höllische Not!"
Da fuhr der Beklagte gar ingrimmig auf:
"Ihr Herren, es war anders der ganze Verlauf.
Herrn Gerlach von Scherven den hob' ich besiegt
In ehrlichem Zweikampf. Herr Engelbrecht lügt!"
Doch Engelbrecht trat mit den Zeugen hervor,
Und jeder die Schuld des Beklagten beschwor.
Herr Gerhard von Steinbach ward ehrlos gemacht
Und von dem Gerichte getan in die Acht.
Wild sprang da aufs Roß er, nahm Schild, Schwert und Speer
"Auf, Engelbrecht, kämpfe mit mir um die Ehr'l"
Doch Engelbrecht höhnte: "Das bleibt dir verwehrt,
Ich zieh' nur gen ehrliche Leute mein Schwertl"
Da mußte Herr Gerhard verzweifeln gar schier:
"Und glaubt meiner Unschuld denn alle nicht ihr,
So ruf ich den Herrgott zum Zeugen nun anl"
Und schnell seinem Roß er die Sporen gab dann.
Hart über den Platz hin er sprengte zum Rand
Und stürzte zur Tiefe an felsiger Wand.
Da sahen die Herren zum Abgrund entsetzt
Und wähnten Roß, Reiter zu Tode verletzt.
Doch Wunder, o Wunder! wie keins man noch sah,
Das Zeichen der Unschuld der Herrgott gab da.
Im Tal durch die Wupper schwamm Gerhard zu Roß
 Zum anderen Ufer - dort rief er zum Schloß:
"Seht dort Ihr noch stürzen Geröll und Gestein?
Mein Pfad soll auf ewig gekennzeichnet sein.
Er bleibe verdorrt nun, des Grünen ganz bar,
Zum Zeichen, daß Gott mein Verteidiger war !
Sein Wort sich erfüllte, die Stelle blieb kahl,
Sie zieht sich noch heut' von der Höhe zu Tal.
Dort wächst keine Blum', keine Halme dort stehn,
Doch sind noch die Hufspur'n des Rosses zu sehn. -

Gustav Hermann Halbach

 

 


RODEN (Solingen) 1424

Im Schnee begraben liegt der Wald,
Von ferne her ein Hüfthorn schallt.
Schneidend fährt der Wind daher,
Rings die Bäume stöhnend ächzen,
Die im Mond- und Dämmerschein
Funkeln wie mit Diamanten Voll besäht.
Tief im Tal die wilde Wupper
Ist erstarret.
Und des Schnees weiße Decke,
Die im Mondschein magisch funkelt,
Deckt den Berg, das Tal, das Wasser.
Hastig auf dem schmalen Waldweg,
Der am Hang des Berges hinfährt,
Zieht mit Beute wohl beladen
Eine bunte Jägerschar.
Kein Wort wird gesprochen,
Der Wind geht so scharf.
Selbst Hunde und Pferde erschauern im Nord.
Doch plötzlich fragt ein alter Ritter,
Der auf dem Pferd in sich gesunken:
"Ei, lieber Freund, Graf Nesselrode,
Saht Ihr nicht unsern gnädgen Herrn?"
Der hohe Würdenträger stutzt,
Er blickt sich um: "Hei, Freunde! - Knechte, ha!
Habt seine Hoheit nicht gesehn!?''
Da stürzt den Berg hinauf ein Rüde,
Umkreist die bange Jägerschar
Und heult und winselt weit hin tönend.
"Bei Gott! das ist des Herzogs Liebling!
Das Tier trägt große Angst zur Schau!
Nun seht! es eilt den Hang hinab!
Wie's scheinen will, nicht ohne Grund."
Die Herren eilig vom Pferde springen;
Kaum kann es den tapferen Rittern gelingen,
Dem Hund auf seinem Weg zu folgen. S
ich fest an Strauch und Bäumen haltend,
Geht langsam es den Berg hinab.
Der Rüde plötzlich mit wildem Sprung
Stürzt sich hinein in eine Schlucht.
Die Jäger diese Schlucht umsteigen,
Bis sie den bellenden Rüden erreichen.
O Schrecken! dort im Felsengrab Liegt Herzog Adolf. - Zerschmettert ist sein Roß. - Der Herzog stöhnt.
"O Herr, Ihr tatet bösen Sturz!""
"Ein Hirsch, den wollt ich noch erjagen -
Mein guter Hund - - -."
Die Jäger hüllen ein in ihre Mäntel
Den guten Herrn,
Und bringen ihn zum nahen "Wupperhof".
Denn nach dem Schlosse Burg, weit auf dem Berge,
Hätt' man den kranken Herrn nicht tragen können.
Vor Weihnachten vier Tage war es,
Als dieses Unglück ist geschehn.
Das holde Christfest mußt man heuer
Im Schlosse ohne Herrn begehn;
Denn dieser lag im "Wupperhofe"
Von schlichten Leuten treu gepflegt.
Und als der Herzog war genesen,
Führt ihn sein Weg hin zu dem Berghang;
Mit Schaudern blickt er in die Schlucht. -
Der treue Hund ist ihm zur Seite:
"Du hast das Leben mir gerettet;
Denn sonst in jener Winternacht
War ich erfroren-
Noch heute wird im bergischen Land
Die Gegend "Rüden" dort genannt.

Rudolf Roth

 

So, jetzt ist aber genug.