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Polizeistaat |
Solingen Teil eines "Polizei-Staates"? Was sich heute wie
bloße Phantasie anhört, war bis zum Ende des zweiten Weltkrieges Realität.
Einerseits, weil im "Dritten Reich" (der Begriff stammt von einem Solinger
Autor) eine gefährliche Willkür herrschte und andererseits, weil im
Gegensatz zur Gewaltentrennung des heutigen Grundgesetzes zuvor Polizei
und Verwaltung eng miteinander verflochten waren. Polizei und Verwaltung
waren praktisch ein und dasselbe.
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Kennkarte hieß, was diese Bürgerin, aus
dem Gebiet der Tschechei, die dann "großdeutsch" okkupiert wurde, in
Solingen erhielt. |
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Die klassischen Merkmale einer polizeilichen
"Ermittlung", Fingerabdrücke, sind Bestandteil der Identität.
Diese Kennkarte wurde vom "Polizeiamt
Solingen" ausgestellt, also einer Verquickung von Verwaltung und
Ordnungskräften. Polizei mit Verwaltungsmacht oder Verwaltung mit
Polizeigewalt - es ist nicht unterscheidbar.
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1923, nach dem I. Weltkrieg, waren die Solinger
Einwohner eines besetzten Gebietes. "The British Army of the Rhine"
überwachte die Zone Solingen-Engelskirchen und schrieb sehr deutlich als
Staatsangehörigkeit: "Preussen", nicht Deutschland! Solingen im britisch besetzten Gebiet von Preußen in
Deutschland, so war die politische Lage 1923, dem Jahr der
Hyper-Inflation. |
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Vater und Sohn. Mein Uropa Carl Jansen und mein Opa
Erich Jansen. Dem Älteren wurde der Ausweis mit der modernen
Schreibmaschine (die kein ß kannte), dem Jüngeren mit altmodischer
Handschrift ausgestellt. Haarscharfe Schlussfolgerung: die
Polizeiverwaltung muss sich zwischen Mitte Juni und Mitte August 1923
eine Schreibmaschine gekauft haben.
Aber der Ausweis "mit der Hand geschrieben" kostete dafür 800 Mark, der
mit der Schreibmaschine offensichtlich nichts. Da kann man mal wieder
sehen: Handarbeit ist teurer.
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1915 und 1919, bei jedem Umzug (und früher zogen die
Menschen zum Teil oft um) mussten An- und Abmeldung peinlichst genau
durchgeführt werden, binnen Tagen und nach strengen Regeln. Sonst drohten
Geldstrafen oder Haft. Auch ein Umzug von Wald nach Solingen war ein
Wechsel in eine andere Stadt !
In den Abmeldebogen für den Haushaltsvorstand wurden Frau und Kinder
gewissermaßen als "Umzugsgut" des Mannes gleich mit eingetragen. Die
Gleichberechtigung sollte erst viel später kommen. |
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1923, nach dem I. Weltkrieg, waren die Solinger
Einwohner eines besetzten Gebietes. "The British Army of the Rhine"
überwachte die Zone Solingen-Engelskirchen und schrieb sehr deutlich als
Staatsangehörigkeit: "Preussen", nicht Deutschland!
Seinerzeitiges Wohnhaus und Garten des Carl Jansen - nie direkt im
Schatten der Lutherkirche, weil südlich davon. |
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Solingen im britisch besetzten Gebiet von Preußen in
Deutschland, so war die politische Lage 1923, dem Jahr der
Hyper-Inflation.
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Die typische Laufzeit-Seite eines Personalausweises der etablierten
Bundesrepublik Deutschland. |
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Einerseits ein Dokument der Polizei- und
Militärverwaltung nach dem Ersten Weltkrieg. Aber auch eine Kuriosität:
der möglicherweise letzte Nachtwächter von Ohligs !
August Hassel von der Südstraße, geb. 1869, gibt 1918, also im 51.
Lebensjahr als Beruf "Nachtwächter" an.
Auffallend ist übrigens die Identität der Unterschrift
und der übrigen Eintragungen; Indiz dafür, dass man damals seine Papiere
selbst ausfüllen musste, die dann nur noch gewichtig abgestempelt wurden
Printed by Westdeutsche Großdruckerei Wald.
Wow ! |
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Vor allem grüßen wir alle von der Hasselstraße den
Namenspatron, ein für sein Alter (51) wahrhaft flottes Kerlchen. Da sieht
man: nachts munter sein hält fit.
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Nichts, wo die Polizei nicht mitmischte.
"Gast- und Schankwirtschaften dürfen sowohl in den
Städten wie auch auf dem platten Lande nur auf solchen Grundstücken
errichtet werden, welche an öffentlichen Wegen belegen sind ... In Städten
ist die Errichtung von Gast- und Schankwirtschaften an unbefestigten und
unbeleuchteten Straßen nicht zu gestatten. ... Die Errichtung von Gast-
und Schankwirtschaften ist ferner ausgeschlossen: in Häusern, welche
Schlupfwinkel gewerbsmäßiger Unzucht sind, beziehungsweise in welchen der
gewerbsmäßigen Unzucht ergebene Frauenspersonen wohnen oder verkehren,
...., in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Pfaffhäusern, Unterrichts- und
Krankenanstalten." |
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Helle durch die Polizei?.
"§ 1 Alle Gast- und Schenkwirthe müssen an
Samstagen, an Sonn- und Feiertagen bei eingetretener Dunkelheit an der
Seite ihres Hauses nach der Straße hin, über der Haustüre durch welche der
Ein- und Ausgang statt findet; eine hellbrennende Laterne bis zur
Polizeistunden - Abends 11 Uhr - unterhalten. § 5
Bei Mondschein kann die Beleuchtung unter folgenden Bedingungen
unterbleiben :
a) Nach dem eingetrenenen ersten Mondviertheil.
b) Beim Vollmond, wenn derselbe vor dem Eintritt der Dunkelheit aufgehet.
Bei dessen nachherigem Erscheinen sind die Wirthe nicht mehr verpflichtet
die Laterne zu unterhalten." |
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Freiheit ist nicht nut ein hohes Rechtsgut, es ist
auch ein äußerst fragiles - und sogar ein seltenes. Beklagen wir uns heute
darüber, dank Computer wären wir bald "gläserne Bürger", so waren es die
Bewohner Deutschlands (und vieler anderer Staaten zur gleichen oder zu
anderen Zeiten) auch. Egal wie, Behörden - besser gesagt: die Behörden als
Erfüllungsorgane von Staatsmächten wollen gerne mehr als nur Auskunft
haben. Sie wollen alles reglementieren und kontrollieren. Zu Zeiten des
Dritten Reiches konnte man nicht nur so einfach arbeiten, man musste ein
Arbeitsbuch haben, indem penibel festgehalten wurde, wann man wo
gearbeitet hat. Kontrolle total. |
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