*) Iohann Ballhorn, 1531-1597, war ein Drucker zu Lübeck, der glaubte, Druckvorlagen verbessern zu müssen, weil die Autoren es nicht richtig gemacht hätten. Doch er "verschlimmbesserte". Das Ergebnis des eigenmächtigen  Wollens war ein Desaster. Daher "verballhornen" für eine Sache schlecht oder schlimmer machen.

Produktvielfalt

"Der Fachmann staunt und der Laie wundert sich." Dieser verballhornende*) Satz persifliert eine Eigenart des Bergischen: man verliert sich in die Unendlichkeit der Variationen. Ob tierärztlichte Instrumente oder Rosenscheren, Werkzeuge aus Remscheid oder Schlüssel aus Velbert, ja: ob Religionsgemeinschaften in Wuppertal oder Vereine in Solingen, es kann nicht genug Ab-, Eigen- und Sonderarten geben. Drei Menschen, vier Vereine. Und eine Stahlwarenfirma in Solingen, die nicht so viele Modelle anbietet, bis sie daran zugrunde gibt, die muss es erst noch geben. "Et jeht ouch angersch", es geht auch anders: Dieser Satz ist typische für Solinger und die Bergischen, will er doch sagen: "Ich mak dat su, wie ech et well." Basta.

 

 

Dieser nachgedruckte Brief war dem Katalog 1935 der Firma Remscheid aus Solingen-Aufderhöhe beigeklebt.

Stiftung Warentest gab es noch nicht, also mussten, zu seiner Zeit mit stramm nationalsozialistischem Gruß, die Fachleute einer Schule als Qualitätsprotokolleure herhalten.

Wahrscheinlich galt damals noch nicht die Geheimsprache der Arbeitszeugnisse. Nach heutigen Verhältnissen interpretiert heißt der letzte Satz nämlich nichts anderes als: sie sind weitgehend ganz normaler Durchschnitt - oder eher noch darunter. War aber damals ganz sicherlich genau gegenteilig gemeint. Der gleiche Satz würde heutzutage in der Schweiz ausdrücken, dass sie sogar außergewöhnlich gut sind. So schwer kann Sprache sein.

 

 

Rasspe zählte eins zu den "festen Größen" in Solingen und ist, wie viel andere stolze Marken auch, inzwischen längst den Weg des irdischen Insolvenzverfahrens gegangen.

Im Jahr 1933, zu Zeiten der vollmechanischen Landwirtschaft, blühte das Geschäft - weltweit.

 

 

Als größtes Werk der Welt für Bestandteile zu landwirtschaftlichen Maschinen schien man unschlagbar zu sein. Bis auch Bauern nicht mehr Handwerker, sondern Öko-Ingenieure wurden ...

 

 

Eine Reihe eigener nützlicher Werkzeuge und Hilfsmittel ergänzte das reine Maschinen-Ersatzteilprogramm. Simple, aber wirkungsvolle Maschinen - typisch für Solingen.

 

 

Rund 130 Seiten mit im Schnitt 150 Artikeln listet der Katalog auf. Macht summa summarum knapp 20.000 Artikel. Wie dieses Pensum ohne Computer überhaupt bewältigt werden konnte - von der Planung bis zur Lagerhaltung und Fakturierung, von der Konstruktion bis zu Kalkulation -, erscheint heute unbegreiflich. Oder zeigt, welch enorme Verdienstspannen damals auch in Kleinserienfertigung zu erzielen waren.

 

 

Irgendwann holte die Realität auch Rasspe ein - und so wurde im doppelten Sinne aus der Not eine Tugend: nun waren die Ersatzteile von Rasspe die bessere Alternative gegenüber Neukauf von Maschinen. Das Geschäft blühte, je mehr die Landwirte sparen mussten.