Kommunisten, Nationalsozialisten

"Rotes Solingen", dieses Prädikat ist heute aus dem Bewusstsein und der Realität verbannt. Dabei ist Solingen über lange Zeit - begleitend zur politischen Entwicklung auf nationaler und internationaler Ebene - "tiefrot" gewesen. Und zur Nazizeit parteilinien-stramm tiefbraun. Die soziale Gemengelage in Solingen - sklavisch abhängige Heimarbeiter als Scheinselbständige - plus die sprichwörtliche bergische Dickköpfigkeit haben politisch-gesellschaftliche Gegensätze geradezu explosiv erzeugt und sorgten zu Zeiten, als Politik noch ernst genommen wurde, für reichlich Spannung im positiven wie im negativen Sinne.

 

Die als "Kommunistin" seinerzeit bekannte Inge Sbosny verfasste mit Karl Schabrod eine interessante Dokumentation über kommunistisch-sozialistischen Widerstand gegen das Naziregime in Solingen. Die Autoren zeigen vor allem durch knappe, aber pointierte Darstellung persönlicher Schicksale und Lebensläufe vieler Solinger auf, unter welchen Gefahren und mit welchen Konsequenzen - Folter, Gefangenschaft, Tod - Solinger versucht haben, sich gegen die faschistische Willkürherrschaft zu wehren. Schicksale, die es verdienten, nicht im "Dunkeln der Geschichte" vergessen zu werden. Denn schließlich ist die Demokratie, mit der man heute gerne völlig unbekümmert und leichtfertig umgeht, eine Freheit, die konkret Menschenblut benötigt hat, um überhaupt realisiert zu werden.

 

Bibliothek des Widerstandes
Röderberg-Verlag, Frankfurt a.M., 1975
Herstellung Fuldaer Verlagsanstalt

Politik als "Event": Ende des vorvorigen und in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war Politik - das Fernsehen spielte keine Rolle, das Radio war noch exotisch - vor allem eine Angelegenheit der Straßen und der Säle. Wer präsent sein wollte, musste es auf Plätzen und Straßen sein - Öffentlichkeit pur gewissermaßen.

In Solingen gab es ein proletarisches Blasorchester, das die Kommunisten bei politischen Veranstaltungen unterstützte. Hier zieht es unter der Leitung des Dirigenten Willi Stein in Ohligs durch die Ellerstraße.       

 

Von der Gestapo erschossen, im KZ hingerichtet, im Strafbatallion zu Tode gekommen: aberdutzende Solinger verloren wegen ihrer politischen Gesinnung ihr Leben. Da konnten die - im Nachhinein - von "Glück" reden, die "nur" entlassen oder verdächtigt, "gemobbt" und schikaniert wurden.

Wie absurd die Wendungen der Geschichte liefen: Karl Haberland wurde des "Vergehens" bezichtigt, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei zu sein und als Angestellter des Spar- und Bauvereins, eines durch und durch sozialdemokratischen Gemeinwesens, entlassen. Um 1960 war er Oberbürgermeister von Solingen.

(Namen und alle Bilder aus dem oben genannten Buch)

 

Einige der vielen Solinger, die durch Naziterror zu Tode kamen:

Heinrich Benz, Plötzensee
Georg Bethge, KZ Mauthausen
Arthur Deichmann, hingerichtet
Tilde Klose, KZ Ravensbrück
Adalbert Probst; von SS erschossen
Wilhelm Steeg, hingerichtet
Max Leven, in Solingen in der Reichskristallnacht ermordet

Sinnloses Morden kurz vor Kriegsende. Am Wenzelnberg, an der Grenze zu Langenfeld, wurden von der Gestapo am 13. April 1945 71 Häftlinge (Zwangsarbeiter) erschossen; die alliierten Truppen zwangen deutsche Inhaber von Nazi-Ämtern, die Leichen wieder freizulegen, so dass sie würdig bestattet werden konnten. Noch heute ist ein Mahnmal jährlich Ort des Gedenkens.

 

Eine prunkvolle Urkunde hält fest, dass die Besatzmacht Englang einige Zeit nach Kriegsende (8. Mai 1945) das Mitglied der kommunistischen Partei als Oberbürgermeister einsetzt und Mitglieder von Parteien als Stadtverordnete einsetzt..

 

Welche Rolle die Kommunisten in Solingen einnahmen und wie sehr rot und braun aufeinanderstießen, dokumentieren die Zahlen zur Reichstags- und Kommunalwahl im Jahr 1933

 
  Reichs-
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Wahl
Kommu-
nal-Wahl
KPD 34.227 26.178
SPD 8.447 7.446
andere ca. 13.000 13.000
NSDAP 37.449 34.895