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Scheltbürger |
Es war die Zeit, als (gesellschafts-)politische Kabaretts
noch den Ehrgeiz hatten, etwas zu bewegen. Ernste Worte im Jux zu sagen.
Das Denken zu beeinflussen, ohne Widerspruch zu erzeugen. Auszubrechen aus
der Norm und Konvention, ohne sich dafür eine Erlaubnis einzuholen. Und,
man glaubt es heute kaum: vielfach hat es funktioniert. Und immer hat es
Spaß gemacht. Nie kam Frust auf. Sondern immer Hunger nach mehr.
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Das Ensemble (unten, v.l.n.r.):
Hans-Peter Ohligschläger
Renate Holzapfel
Karl-Heinz Böse
Petra Wypior
Hans-Georg Wenke |
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Ich habe dieses Kabarett 1964 gegründet. Als
eine Kombination zweier zeitintensiver Hobbies: Laienspiel und
Conferencier, z. B. bei den "Jugend tanzt"-Veranstaltungen. Alle Texte
wurden selbst geschrieben. Das Vorbild waren stets das Düsseldorfer
Kom(m)ödchen, was die Hintergründigkeit des zuweilen auch makabren Humors
anging und die Münchener Lach- und Schießgesellschaft, die
volkstheater-ähnliches Übertreiben und Pointieren auch für seriöse Texte
salonfähig gemacht hatte. Und ein Schuss Millowitsch-Theater konnte in
Solingen nie schaden ...
Alle Zeitungsausschnitte:
Solinger Tageblatt und
Solinger Morgenpost |
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Die Themen früher? Die Themen von heute!
Politik - und wie sie nicht funktioniert oder sein sollte.
Gesellschaftliche Entwicklungen, die absurd sind. Widersprüche zwischen
Anspruch und Wirklichkeit, sei es von moralischen Instanzen oder den
Normalbürgern. Und vor allem und immer wieder: die vielen seltsamen
Kuriositäten in Solingen, die durch die Verbissenheit, mit der sie
diskutiert werden, oft schon eine Lachnummer sind oder die als
Fortschritt seitens Verwaltung, Politik und Presse "verkauft" werden und
nicht mehr bedeuten als das Ergebnis kollektiver Unfähigkeit, auf faule
Kompromisse zu Gunsten der konsequenten Perfektion zu verzichten (Will
sagen: lieber etwas richtig machen oder sonst gar nicht). Hat sich etwas
geändert in der letzten 40 Jahren? Nein, warum sollte es? |
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Die Laienspielgruppe, aus der das Kabarett
hervorging, wurde von Lehrer Wilhelm Bramann geleitet, der später als
Buchautor (u. a. über Juden in Solingen) zu lokalem Ruhm kam. Doch er
begnügte sich mit der Rolle des Gönners und vermied, aktiv in Texte oder
Regie einzugreifen. Als Germanist mit deutlichem Faible für literarische
Dramatik war ihm ein kräftig kalauernder Kabaretttext wohl eher suspekt. |
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Ach, waren große Wünsche noch klein: mehr Toiletten,
Entlüftung im Fotolabor und im Hörsaal, Vervollständigung des Werkraums.
Nicht geregelt werden konnte die Neuplatzierung der Mülltonnen und eine
Verschönerung des Streifens zur Straße hin (bis heute nicht erfolgt).
Rektor des damaligen Aufbauzuges an der Schule
Zweigstraße war übrigens Gerd Kaimer, der nachmalige langjährige
SPD-Oberbürgermeister von Solingen. |
Insgesamt existierten die Scheltbürger knapp vier
Jahre und absolvierten etliche dutzend Auftritte in Solingen. Und da sich
dann alle wegen der Ausbildung "in alle Himmelsrichtungen" verloren, war
diese amüsante Zeit vorbei. |
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Vor
der beeindruckenden Orgel im Konzertsaal Solingen. Auftritt bei Jugend
tanzt.
H.-G. Wenke, Renate Holzapfel, Karl-Heinz Böse - und ein einsames
Mikrofon, denn mehr Technik gab es nicht. |
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Petra Wypior und Karl-Heinz Böse |
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