Kurt Schwippert

Es gibt substanzielle Denker. Sie mögen die Kraft ihres analytischen und erkennenden Geistes als Philosoph oder Ingenieur, Künstler oder Wissenschaftler, Lehrer oder Forscher ausleben, erweitern, realisieren, materialisieren. Allein, was sie zu sagen haben und zu bedenken geben, geht ihrer jeweiligen Zeit weit voraus und wird von den wenigsten verstanden. Gleichwohl braucht man diese Menschen, wenn man sich mit Kennen und Können nicht im Kreise drehen will. Kurt Schwippert, ein gebürtiger Solinger, ist ein solcher Visionär und Analytiker. In der Klingenstadt ist er zwar im Musum Baden "vertreten", wie man das so ausdrückt,. Doch wie es scheint, "in der Bevölkerung" vergessen. Vielleicht, weil er hier eben nicht sein Leben verbrachte und sich im Schatten des Kirchturms gefangen nehmen ließ.

 

1903 in Solingen geboren, 1921-23 Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Essen, 1923-24 Studium an der Kunstakademie Stuttgart, 1924-27 an der Kunstakademie Düsseldorf, 1927 Atelier in Düsseldorf, Atelier in Kelberg/Eifel 1930, 1939 Atelier in Köln, das im Krieg zerstört wurde, 1949-68 Lehrtätigkeit an den Werk­kunstschulen in Münster, Wuppertal und Köln, 1961 Ernennung zum Professor; 1983 gestorben in seinem Domizil in der Abgeschiedenheit der Eifel.

1934 wandte sich Schwippert mit diesen Gedanken an junge Menschen (Künstler, Schüler):

« Die Dinge haben wie alle Geschöpfe ihren Ort in der Ordnung der Welt und es ist dem Menschen gegeben, gegen diese Ordnung zu handeln oder in ihr und mit ihr zu leben. Etwas ordentlich oder unordentlich machen heißt also, die Dinge nach ihrem Werte, ihrem Sinn und ihrer Sendung gerecht oder ungerecht verwenden und gebrauchen. »
Und:
Mißbrauch ist es: wenn man Sand und Kalk vergewaltigt zu Putzornamenten schwülstiger Art, daß sie lügen:

Wir sind Werkstein vom Steinmetz behauen!
Wenn man aus Blech geformte Dinge anstreicht, als seien sie
Stein oder gebrannter Ton und sie so zum Lügen zwingt,
Wenn man Papier herrichtet, daß es lügt,
ich bin Holz vom Baume;
Wenn man Glas preßt und es lügt,
ich bin geschliffenes Kristall;
Wenn man, weiter nun, Häuser baut, daß sie lügen,
wir sind Schlösser, und sind nur Wohnengen
schlichter kleiner Leute;
Wenn man Brücken baut, daß sie lügen, wir sind Burgen,
und sollen doch den Menschen nur gut ans andre Ufer bringen;
Wenn man Möbel macht, die lügen,
unsere Besitzer haben ein ganz großes Bankkonto,
und haben in Wahrheit grad die Butter auf dem Brot!
Dies alles ist Mißbrauch - - ist es nicht, als ob man ein Kind hinausschickt auf die Straße, daß es lüge, einen Menschen zwingt, Unrecht zu tun? Nun, die Stoffe können sich sichtbarlich nicht recht wehren, wenn man`s so mit ihnen treibt, aber eines können sie: anklagen! Und das tun sie laut und vornehmlich! Sie tragen das Zeichen der Lüge, der Unechtheit deutlich genug.

 

 

« Nehme die Dinge, wie sie sind und mache daraus, was in ihnen zu eigen ist. Respektiere die Natur der Stoffe, mit denen Du umgehst, indem Du ihnen in ihrem wirklich wahren Wesen gerecht wirst und es sichtbar, fühlbar, erlebbar machst.»

Schwippert beweist, dass künstliche Grenzen zwischen den Kunstgattungen oder Geistesdisziplinen eher keine Bedeutung haben können oder haben sollten. Schwippert schlussfolgert:

WERKLEHRE - 'Weisheitskunde' aus der Dreiheit

Stoff

 

Form

 

Inhalt

Stoffkunde

 

Formkunde

 

Sinnkunde

Vitale Ordnung

 

Sittliche Ordnung

 

Mystische Ordnung

Vater

 

Sohn

 

Geist

Nichtsein

 

Werdesein

 

Sein

Welt

 

Mensch

 

Gott

Anbeginn

 

Zeit

 

Ewigkeit

Unerlöst

 

Lösung

 

Erlöst

Leere 

 

Gefäß 

 

Fülle

Lehrling

 

Geselle

 

Meister

Lernen 

 

Verstehen 

 

Erfinden

Beharrlichkeit

 

Geduld

 

Mut

Gerechtigkeit

 

Tapferkeit

 

Mäßigung

Liebe

 

Hoffnung

 

Glaube

Ausgang

 

Weg

 

Ziel

Ungeworden 

 

Werden

 

Geworden

Finsternis

 

Helldunkel

 

Licht

Kindheit 

 

Jugend (Juventus) 

 

Alter

Stoffausdruckskunde

 

Formausdruckskunde

 

Wertausdruckskunde

Tasten

 

Formen

 

Füllen

und andere Entsprechungen mehr.

 

 

Erinnert sei daran, dass dieser Text 1938 geschrieben wurde, in einer Zeit, als „braune Gesinnungsgenossen“ mit falscher Werkgerechtigkeit und missverstandenem Volkstum den Mob auf der Straße mobilisierten, gegen Menschen wie Mies van der Rohe, Gropius, und auch gegen Schwippert.

Schwippert war in jener dunklen Periode Deutschlands, in der Lederhosen und blaue Augen das geistige Maß der Kunst waren, einer jener von den Nazis verpönten, verhassten, verfolgten Künstler, denen man unterstellte, "entartet" zu sein.

Das seit 1986 von Karmeliter-Mönchen bewohnte angeschlossene Kloster ist vom avantgardistischen Kunstsinn des Pfarrers Winkelmann geprägt. Zwischen 1933 und '45 bot er zahlreichen, von den Nazis mit Berufsverbot belegten, so genannten "entarteten" Künstlern hier Arbeitsmöglichkeiten und Heimstatt. Jan Thorn-Prikker, Ludwig Bauer oder Heinrich Campendonk schmückten den Kreuzgang und die Mönchszellen im Kloster mit modernen Glasfenstern und Malereien aus.
Glasfenster der Klosterkirche Auch auf dem Friedhof des Klosters bewies Pfarrer Winkelmann Zivilcourage. Aufträge für Grabsteine halfen den "verbotenen Künstlern" wie Kurt Schwippert beim Überleben in schweren Zeiten. Als die Nazis die Entfernung des als "unarisch" bezeichneten Christus von Karl van Ackeren forderten, weigerte sich Winkelmann mit Erfolg.

 

 

Die EUROPÄISCHE VEREINIGUNG BILDENDER KÜNSTLER AUS EIFEL UND ARDENNEN bestimmt als Sachwalter die Preisträger der von der Stadt Prüm gestiften  Kaiser-Lothar-Preis.
1975 erhielt ihn einer der kraftvollsten Künstler der Mosel/Eifel, der Cochemer Carlfritz Nicolay († 1997), zwei Jahre später, 1977, Professor Kurt Schwippert, länst in Kelberg heimisch.

20.4.1952
Verleihung des Cornelius-Preises der Stadt an die Maler Peter Janssen (Düsseldorf) und Oswald Petersen (Düsseldorf), an die Bildhauer Kurt Schwippert (Münster) und Karl Ehlers (Detmold).

Der Künstler wurde nach dem zweiten Weltkrieg in seiner aktiven Laufbahn als Lehrer und Künstler oft mit Preisen ausgezeichnet und erhielt Ehrungen oder hatte Ausstellungen, die von überregionaler Bedeutung waren. Einige davon seien erwähnt; die Auswahl ist nicht wertend oder repräsentativ.

 
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Kurt Schwippert bekam 1977 die Slevogt –Medaille des Landes Rheinland-Pfalz verliehen. Im gleichen Jahr erhielt das Landesmuseum Mainz eine großzügige Schenkung des Künstlers, die ca. 90 Plastiken und eine große Anzahl von Zeichnungen und Lithographien umfasst. So besitzt das Landesmuseum Mainz heute ca. 100 Kleinplastiken des Künstlers,

Kultusminister Dr. Georg Gölter verlieh im November 82 in Mainz den Kunstpreis Rheinland-Pfalz an den Bildhauer Professor Kurt Schwippert aus Kelberg-Hünerbach. In seiner Laudatio unterstrich der Minister, daß mit Schwippert ein Künstler gewürdigt werde, der seine Aufgabe darin gesehen habe, ein mehr »klassisches« Menschenbild zu formen. Er habe diesen Stil allen Tendenzen der Zeit zum Trotz bis ins hohe Alter fortgeführt

Kurt Schwippert fängt Momente ein. Augenblicke, die im Stil seiner Skizzen schon genau so wie bei den Plastiken zum Symbolhaften, Überhöhten werden. Obwohl er Körper darstellt - wie auch sonst sollten Menschen charakterisiert werden - ist er erkennbar auf der Suche nach der "Seele", dem Wesen. Und setzt dies in Proportionen und Gesten um, die annähernd natürlich, aber eher schon entrückt-stilisiert wirken.