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Steinzeit |
Sie ist noch nicht vorbei, sagen einige. Aber die
historische schon, und entgegen aller Vermutung hat man auf Solinger
Gebiet eine Reihe von Gegenständen gefunden, die auf eine Besiedlung vor
10.000, 5.000 Jahren hinweisen. Zum Vergleich: Der im Neandertal, nicht
weit von Solingen, gefundene Mensch der nach ihm benannten ausgestorbenen
Rasse ist mindestens schon 30.000 Jahre verblichen. Heute vermutet man,
dass er von einer Eiszeit nach Süden verdrängt wurde und dort (einiges
spricht für Spanien) im Wettkampf mit der "modernen" Entwicklungslinie des
homo sapiens unterlag. Es darf also vermutet werden, dass Solingen vor
50.000 Jahren auch von Neandertalern besiedelt und als Jagdgebiet benutzt
wurde, ebenso wie sich beim Sesshaftwerden der Völker Menschen in diesem
Gebiet niedergelassen haben. |
Die fast drei Millionen Jahre umfassende Steinzeit
wird ihrerseits grob eingeteilt in:
Altsteinzeit (Paläolithikum): 600.000 bis 8.000 v. Chr.
Mittelsteinzeit (Mesolithikum): 8.000 bis 5.500 v. Chr.
Jungsteinzeit (Neolithikum): 5.000 bis 1.900 v. Chr.
Die Steinzeit darf auch als Beginn der heutigen
Gesellschafts-Kultur gelten, denn ständiges Zusammenleben – teils
auf engem Raum – erfordert Regeln, Toleranz und Kommunikation. |
Der
Vorzeige-Steinzeitmensch Fred Feuerstein hat deshalb so komfortabel leben
können, weil man entdeckt hatte, dass Werkzeuge Vorteile bieten. Steine
wurden so bearbeitet, dass sie in der Faust als Keil benutzt werden
konnten (eben: "Faustkeil"). Damit ließ sich schlagen (z. B. auf kleine
Tiere, um sie zu töten), graben (nach Wurzeln), Essen zerlegen und somit
für die Nahrungsaufnahme besser aufbereiten, später auch - als man das
Schärfen der Kanten perfektionierte - auch schon recht gut schneiden.
Insofern kann man, wenn man es auf das Gebiet von Solingen bezieht, in
der Tat formulieren, schon vor etlichen tausend Jahren hätte die
Klingenfertigung hier existiert. Ist noch nicht mal falsch. Und die
Steinaxt, "Nachfolgemodell" des Faustkeils, ist der Beginn der Remscheider
Werkzeugindustrie ...
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tausende Jahre später ... |
fand man in Solingen in doch immerhin größerer
Anzahl nach und nach Artefakte der Steinzeit. Faustkeile, Speerspitzen,
"Messer" sprich Schaber, Beilsteine, Hämmer. Einer der wesentlichen
Fundorte ist Birkendahl bei Aufderhöhe (östlich der Opladener Straße
Richtung Leichlingen). Der Fundort hat eine gewisse Logik: knapp oberhalb
des Tales der Wupper, Südostlage, nicht allzu steil, gute
Bodenbedingungen. In diesem (weiteren) Umfeld hat man vieles jagen,
fischen, sammeln und anbauen können, was das Überleben sicherte. Roden
war hier sicherlich auch leichter als anderswo. Man geht davon aus, dass
hier Bauern bereits sesshaft waren.
So oder so ähnlich sahen auch in Solingen die Faustkeile aus.
Markenzeichen: "Ich bin von Solingern bekloppt worden."
Gilt auch noch heute. Über die Solinger wird hier so mancher bekloppt. |
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Andere Fundorte in Solingen sind in der Nähe des
Irler Hofes zwischen Höhscheid und Kohlsberg (der übrigens die leckersten
Eier von ganz Solingen verkauft, so meine tägliche Frühstückserfahrung),
Unnersberg, Friedhof Höhscheid, Hästen, Ohligs, Friedrichstal. Die
Aufzählung zeigt, dass es sich nicht um singuläre Niederlassungen
einzelner Menschen gehandelt hat, sondern das Gebiet des heutigen
Solingens zur Steinzeit reguläres Siedlungsgebiet war.
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Neandertal, benannt wurde es
nach dem Dichter Joachim Neander, der unter anderem das Kirchenlied
"Lobet den Herren" schrieb. |
Ehrlich echt und wirklich wahr: Steinzeitwerkzeug,
gefunden auf den Feldern des Irler Hofes. Weitere Steinwerkzeuge,
ebenfalls dort gefunden, sind inzwischen in irgendwelchen Gelehrtenstuben
verschollen, dies ist das letzte greifbare Relikt. Dank an Bauer Hensen
für die Ausleihe zum Fotoshooting.
Übrigens, das Ding liegt wirklich prima in der
Hand. Ein ideales Schlag- und Stampfwerkzeug; gut geeignet zum
Nüsse knacken, Blätter stampfen, Frösche töten, Wurzelgraben, Schädelhauen
.... weiß der Teufel, wofür die Flints das alles benutzt haben.
Schwerter, das steht fest, haben sie jedenfalls nicht damit geschmiedet.
Aber was sollte man vorher in Solingen denn gemacht haben? Aaaah, ich
weiß es: Regenwasser-Ablaufkanäle buddeln. Ja, dafür kann man das
Werkzeug auch
gebrauchen.
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Steinzeitfunde:
► Steinzeitstromversorgung an der Gesenkschmiede Hendrichs
► Steinzeitdruckerei in Wald
► Steinzeitmoped in Wald
Überall, wo Sie dieses Zeichen sehen, gehts in die Steinzeit; SGV steht
für Steinzeit- und Gegenwarts-Verein (glauben Sie's wirklich?) |
Später, in den "Metallzeiten", also Bronze- und
Eisenzeit, etwa ab 2.000 v. Chr., scheint Solingen nicht mehr so sehr
Lebensgebiet zu sein, dennoch finden sich einzelne Relikte, die darauf
schließen lassen, dass die Landschaft auch nicht gerade entvölkert war.
Aus der Zeit kurz vor Christi Geburt stammen gefundene Webgewichte
(wurden als Zuggewicht bei primitiven Webstühlen benutzt); bekannte
Heimatforscher wie Klaus Tettinger und andere haben solche gefunden; die
Echtheit konnte zweifelsfrei testiert werden.
Was sagt uns das nun alles? Nichts. Dass
Solingen bei der Besiedlung der Welt ausgelassen worden wäre, hätte keine
Logik gehabt, schließlich gab es damals noch keine Lokalpolitiker,
also kann das Leben hier auch nicht schlimmer gewesen sein als anderswo.
Raubtiere und Drachen haben sich auch nicht erhalten, die Gräfrather
Fauna und der Ohligser Vogelpark wurden erst später errichtet. Und ein
stauträchtiger Autobahnanschluss war damals noch nicht aufregend, so dass
der wirtschaftlichen Nutzung des Solinger Gebietes nichts im Wege stand.
Leider sind eben neben ein paar Steinen und Tonteilen keine Spuren
aus der Vorzeit zu erkennen; ob einzelne Höhlen, die es im Bereich
der Wupperberge gibt, Wohnhöhlen waren, kann vermutet, aber nicht
bewiesen werden; es blieb eben keine Höhlenmalerei zurück. Ergo wissen
wir nur, dass Solingen und sein Gebiet nützlich, aber nicht sonderlich
attraktiv war. Immerhin das.
Sieht
nicht aus wie Steinzeit, ist aber ein Fundort von Steinzeit-Relikten:
Gebiet südlich des Irler Hofes |
Steinzeitmensch "Höhlenmalerei" am alten Solinger Hauptbahnhof.
Unten: Die Steinzeit-S-Bahn-Loks, die zur Zeit die Strecke befahren
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