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Technik |
Über den homo solingensis muss man viererlei wissen.
Erstens, er weiß alles besser. Zweitens, was andere tun, lässt ihn nicht
ruhn. Drittens, außerhalb Solingens existiert keine Welt, höchstens eine
solche, die gefälligst Kunde zu sein und Höchstpreise zu zahlen hat. Und
das führt schließlich zu viertens, der homo solingensis ist ein
Knösterpitter. Ein Tüftler, Bastler, genialer Erfinder, meist ein
hundsmiserabler Kaufmann, in jedem Fall ein Dickkopf und vernarrt ins
Detail, in die Qualität und das, was er selbst macht. Daraus entwickelte
sich der Mythos der Solinger Industrie, Technik, ihrer Produkte und
Zuverlässigkeit, ihrer ambitionierten Tradition, die das Moderne nur
akzeptiert, wenn es so gut ist, als wäre es alt und bewährt.
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Im Jahr 1897, am 9. November, wurde der Solinger
Verein für Technik und Industrie gegründet. Obwohl die Mitgliedskarte
suggeriert, dass hier adonisgleiche Jünglinge ihren Lusttrieb zur
schweren Arbeit ausleben würden, waren die Absichten natürlich andere:
"Durch regelmäßige Zusammenkünfte, belehrende Vorträge, Diskussionen,
gemeinsame Besichtigungen industrieller Anlagen ... die Kenntnisse auf
dem Gebiet der Technik und Industrie zu verbreiten und zu vertiefen." |
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Mitglieder des Vereins waren seinerzeit
Fabrikanten, Kaufleute, Lehrer. Heute ist der Verein immer noch ein
kleines Who is who der Solinger Wirtschaft, offen jedoch für jeden.
Leider ist der Verein mit einer grottenschlechten Domain im Netz;
Informationsgehalt gleich Null. |
aus: Sonderdruck "Die Heimat" des Bergischen
Geschichtsvereins zum 90jährigen Bestehen des Vereins für Technik und
Industrie Solingen, 1987 |
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Bezaubernd schön im Sinne des Jugendstils dagegen diese Einladung, die
den typografischen Zeitgeist perfekt wiedergibt. |
Original
Buchdruckerei Rich. Theegarten, Solingen. |
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Bezeichnend - nein: verräterisch - der Umgang der
Solinger mit dem Entstehen ihrer Mundart. Die Hangkgeschmedden, die
Handgeschmiedeten, als Verein für Literatur in Solinger Sprache,
produzieren solche Gedichte und Prosa in ihrer Schmetten, der Schmiede
oder nennen Bücher Finngepließt, Feinschliff. Da glühen sie dann die
Buchstaben im Ofen, hauen auf die Worte ein, damaszieren die Sätze zu
kunstvollen Gemengelagen und schleifen die Veröffentlichungen auf
schärfste vor. Oder wie muss man sich schmiedende Dichter sonst
vorstellen? Ut minner Schmetten
Solinger Mundart von Karl Wester
1969
Joh. van Acken, Krefeld
nebenbei: Karl Wester war Schriftsetzermeister
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Leseprobe:
Met Wöörden molen
Men kann met Wöörden wie met Farwen molen,
weït men de reihten Wöört tem Beld te fengen,
met weïken Striëken Bluomeplösche bengen,
ouch mols met decken, bongkten Klatschen prohlen.
Es nix te kleïn, te grut,
et te beschriewen,
et Lewen, Sterwen, all et Donn on Driewen
hät en der Welt sin Teïchen, sin Gebier. |
Doch für die wirklichen Technik-Freaks, diejenigen,
die täglich in Schmieröl baden und die mit dem Schraubenschlüssel besser
umgehen können als mit dem Safeschlüssel, hier einige techno-erotische
Impressionen: alle bilder: hgw / 8.11.03 |
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