Urwelt

Sie kennen das Lied der Höhner "M'r losse den Dom in Kölle", seit 1978 Nationalhymne mit Zeilen wie "Stell d’r für, de Kreml stünd o’m Ebertplatz, stell d’r für, de Louvre stünd am Rhing." Alles viel zu harmlos, können wir Solinger da sagen und dichten auf die gleiche Melodie: "Stell d'r für in Grewert wär d'r Südseestrand, stell d'r führ et Solig läht am Rhing." Jawohl, so ist es nämlich. War es, aber das ist alles wirklich erst ein paar hundert Millionen Jahre her.

 

Wie weiß man, was wo vor hunderttausenden und Millionen, hunderten von Millionen Jahren los war? Inzwischen hat sich ein riesiges Wissenspuzzle angesammelt, das durch gesicherte Querverbindungen erlaubt, aus Steinen und Erdschichten, aus identifizierbaren Fossilien und etlichen Messverfahren ziemlich genau auch die teils gegensätzliche, ineinandergreifende Entwicklung von Gebieten zumindestens in groben Zügen zu bestimmen. Was für Solingen so manche Überraschung birgt.

Die nachfolgenden Zahlen und Charakteristika sind grobe Werte zur ersten und allgemeinen Orientierung:
 

(Bageldruck Mülheim Ruhr)

Archäozoikum
 

vor rd. 4,6 Mrd. Jahren

Die Erde entsteht, indem sich Materie zu einem "Haufen" zusammenballt

Der liebe Gott sitzt, sinniert, lacht fröhlich auf und denkt so vor sich hin "Solingen, das wäre doch was!" und macht die Erde

Archäozoikum
 

vor rd. 3,8 Mrd. Jahren

Erste Gesteine entstehen

 

Kambrium
 

vor rd. 500 Mio. Jahren

Das Solinger Gebiet ist Meeresboden

Urtiere, Wirbellose

Silur

vor rd. 400 Mio. Jahren

Meeresboden, Sedimentablagerungen aus dieser Zeit im Bereich Glüder gefunden

erste Muscheln und Wasserschnecken, Schwämme, Korallen, Würmer; Urformen von Fischen

Devon
 

vor rd. 350 Mio. Jahren

Tone und spätere Schiefer lagern sich ab; überwiegend ist das Bergische Meeresboden, für eine kurze Periode aber auch Festland

erste Spuren von Landpflanzen

Karbon

vor rd. 330 Mio. Jahren

Auffaltung des Rheinischen Schiefergebirges
Der Bereich des heutigen Bergischen Landes wird und bleibt vorerst Festland

üppiger werdende Landflora, Bärlappgewächse, erste Schaben und Spinnen, Heuschrecken, erste luftatmende Wirbeltiere (Amphibien)

Trias

vor rd. 200 Mio. Jahren

Weite Teile Norddeutschlands sind Steppe / Wüste; danach wieder Überflutung weiter Teile Deutschlands

erste Tierformen (Ur-Säugetiere), Käfer, Krokodile

Kreide

vor rd. 130 Mio. Jahren

Überflutung Norddeutschlands bis in die Gegend von Essen; Kreide-Ablagerungen im großen Ausmaß

Palmenfarne, Nadelhölzer, erste Laubhölzer; vielfache Formen von Meerestieren, Dinosaurier

Tertiär

vor rd. 50 - 2 Mio. Jahren

Die Alpen falten sich auf, die Kölner Bucht fällt ein, intensive Vulkanausbrüche in der Eifel, Oberrheinische Tiefebene und Kölner Bucht durch einen Meeresarm verbunden; Entstehung des Ur-Rheines; heute Braunkohle unseres Gebietes (z. B. Vohwinkel) stammt aus dieser Zeit

Viele heutige Bäume und Pflanzen schon vorhanden: Buchen,  Eichen, Magnolien, Kiefern, Fichten, Weiden, Birken; in der Tierwelt bereits Affen, Urmenschen?

Tertiär / Pliozän

vor rd. 1,8 Mio. Jahren

Verschiedentliche Hebung und Senkung von Landstrichen; Bildung der charakteristischen Hügelform des Bergischen Landes

Erste Menschenformen

Quartär / Pleistozän

vor rd. 800 - 15 Tsd. J.

Teils ähnliche klimatische Verhältnisse wie heute; dazwischen aber Eiszeiten (Vergletscherung direkt "bis vor unsere Haustüre"; letzte Eiszeit vor 11' Jahren)

Heute Tierformen im wesentlichen ausgebildet; vor ca. 200 Mio. Jahren Neandertaler

Quartär / Hollozän

vor rd. 8 Tsd. Jahren
bis jetzt

 

Menschen entstehen, die prinzipielle "Neandertaler-Rasse" wird von einem "modernen Menschen" abgelöst, dessen Wurzeln nach heutigem Kenntnisstand in Südostafrika liegen.

 

Dem Prinzip nach stehen wir in Solingen auf Meeresboden, entstanden beginnend im Devon. Das Bergische Land gilt als Teil des Rheinischen Schiefergebirges. Zu seiner Zeit gab es ein Festland nördlich des Bergischen, das von Finnland bis nach Nordamerika reichte. Der Meeresboden sank, auch Solingen verlor "Grund unter den Füßen", die Ablagerungen erreichen großflächig gesehen oft mehre Kilometer Dicke. Aus feinsten Tonablagerungen bildeten sich im Laufe der Jahrmillionen (spaltbarer) Schiefer. Insgesamt blieb das Bergische über lange Perioden eine Küstenregion - trocken, wogegen im Gebiet des heutigen Rheinlandes Meeresarme und -buchten sich behaupten konnten. Die Auffaltung des sog. Remscheid-Altenaer Sattels, das Bergische Land, geschah in einer großflächigen Reaktionen, bei der auch u. anderen der Odenwald und Westerwald entstanden. Vom Ruhrgebiet bis nach Aachen war danach wieder eine Küstenlinie entstanden, die sich z. B. im Gebiet von Gräfrath nachweisen lässt. Die Berge waren jedoch früher sehr viel höher, sie wurden erheblich abgetragen; an Berghängen "hoch über dem Tal" findet man noch Flussablagerungen. Beweis für die Arbeit des Wassers in Bächen und kleinen Flüssen, das sich seine Senken "gesägt" hat.

 

Die knorrigen Wurzeln der Bergischen Wälder krallen sich in Verwerfungen von Meeresböden.

 

Das Bergische ist kein Gebiet mit reichen, abbauwürdigen Bodenschätzen (etwa wie nördlich davon das sog. Ruhrgebiet mit ausgedehnten und intensiven Kohlevorkommen, die im übrigen Beweis für die Hebung und Senkung des Landes im Wechsel von Festland und Meer sind). Dennoch findet man im Bergischen zum Beispiel
BLEI in
Velbert, Mettmann, Erkrath, Höhscheid (Zeche Julie), Bergisch-Gladbauch und Bensberg; Immekeppel, Lintorf, Derchlag, Wiehl, Ründeroth und anderen Orten
GALMEI (Zn CO3) in
Schwelm, Bergisch-Gladbach, Hoffnungstal und Lintorf
KUPFER in
Wiperfürth, Derschlag, Ründeroth, Denklingen, Rupppichteroth
EISEN in
Velbert, Hildener Heide, Hästen (Zeche "Ringeltaube"), Remscheid, Cronenberg, Radevormwald, Emgelskirchen, Kürthen, Paffraht und anderen Orten

 

 

Vor 300 Millionen Jahren könnte der Blick auf Solingen-Gräfrath wirklich so ausgesehen haben.

 

 

Mir ist es in jahrelanger Arbeit gelungen, die Entwicklung des Ur-Solingers, der zur Familie der homo neantertalis geizhalsium gehört bis zu seinem Erscheinen als Stahwaren-Fabrikant zu rekonstruieren. Der Zwischentyp II (Mitte) lebte um das frühe 19. Jahrhundert.

 

Selbst die renommierte Fachzeitschrift "Spektrum der Wissenschaft" geht der These nach, Reste des Neantertalers könnten noch in uns allen stecken - und damit, wegen der Nähe zum Fundort höchst warhscheinlich - die der Ur-Solinger. Es ist anzunehmen, dass diese Stadt die Wiege der menschlichen Kultur ("Geiz ist geil") ist. Anders ist nicht zu erklären, dass man heute noch immer darüber streitet, ob man in der Stadt Weihnachtsbeleuchtung aufhängen soll, da so etwas ja Geld kostet und Kunden gefälligst hochpreisige Artikel kaufen sollen, ohne dass ihnen eine angenehme Athmosphäre geboten wird. Sie sehen, die Zusammenhänge zwischen kleinem Gehirn, dem Weihnachtsmann und dem Solinger an sich sind nicht zu leugnen.