Fotoatelier Unterbühner: "Wald im Auftrag"  / 4

Der künstlerisch begabte Bildchronist von Wald, so darf man Bruno Unterbühner nennen. Ein Mann mit Einfühlungsvermögen in das ästhetisch Schöne, der jedoch nie den Sprung in die freie Kunst wollte oder wagte. So wie es "Gebrauchsgrafiker" gab, die mit Geschick, Fleiß und Phantasie gestalteten, so war er Fotograf im ursprünglichen Sinne: ob Portrait oder Industriefoto, Landschaft oder Stilleben, Bruno Unterbühner hat nur selten in die Objekte vor seinem Objektiv arrangiert, er hat versucht - und es geschafft -, ihren Charakter darzustellen.

 

Bruno Unterbühner hat seine gesamte Sammlung Wald-Solinger Bilder dem Stadtarchiv übergeben. Er litt in den letzten Jahren seines Lebens unter einer Krankheit, die ihm sein geliebtes Handwerk, das Fotografieren, sehr erschwerte. Ich erinnere mich vieler Fahrten, Ausflüge und Ferienaufenthalte, die meine Eltern zusammen mit Bruno und Luise Unterbühner machten und verbrachten, da Lieselotte und meiner Mutter sich im Laufe des Lebens durch Zufälle  kennen gelernt hatten . Bruno Unterbühner war ein eher stiller und zurückhaltender Mensch, der - typisch Fotograf - die Welt ständig zu beobachten schien - aus ständig lustig-listig blickenden Augen.

 

Das Geschäftshaus und Fotoatelier auf der Friedrich-Ebert-Straße in Wald:

 

 

Herausgeber: Stadtarchiv Solingen, 1991
ISBN 3-9801679-7-6

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gute, alte, Zeit? So saß man, oft 10 Stunden am Tag, 6 Tage die Woche - samstags wenigstens bis Mittag - vor den Pliestscheiben, den Schleifböcken, nagelte und schraubte, verrichtete eigentlich eine monotone Arbeit, die aber höchste Konzentration erforderte. Hier ist es noch hell und sauber, ein Zustand, der keinesfalls für den normalen Kotten oder jede Fabrik galt.

Ein Hauch Ruhrgebiet bei Grossmann in Wald. In Solingen gab es etliche Stahl- und Eisen-, auch Aluminium- und Bronze-Gießereien, die Roh-, Halb- und Fertigprodukte gossen und schmiedeten.

     
 

Herdweiss, ein - sich selbst erklärendes - Mittel von Grünöl in Wald war äußerst erfolgreich. Um dies zu beweisen, tat das Unternehmen, was Unternehmen auch heute noch tun: protzen, prahlen, prunken. Die gesamte Wagenflotte musste her, um zu beweisen, was für ein toller Hecht man war. Bruno Unterbühner trotzt dem Auftragsbild wenigstens per Rot- oder Orangefilter eine dramatische Kulisse ab.

 

 

Der Buchenhof an der Stresemannstraße ist ein tradierter Platz. Hier stand das Hotel Hermann Knapp, damals hieß es Kaiserstraße; die Aufnahme entstand um 1900

In den 20er Jahren war das neu errichtete Gebäude das Gewerkschaftshaus Wald und nebenan hatte die in Wuppertal erscheinende KPD-Zeitung "Bergische Arbeiterstimme" eine Verkaufsfiliale.

Die "Rechten", also die Nazis vertrieben die "Linken" aus dem Gebäude und machten ein Lokal daraus. Heute futtern dort wiederum zu volkstümlichen Preisen Menschen an sonntäglichen Buffets und wissen wohl kaum, dass sie eigentlich im Gewerkschaftssaal sind.

 

Warum der Walder Schlauch Walder Schlauch heisst, sieht man wohl deutlich.

 

Schützenumzug auf der "Prachtstraße" von Wald. Man fährt sogar vierspännig, 1925.

     

Es wird geliefert. Sprüh-Seige und Seifenpulver. Mit Muligespann. (1926)

 

 

1927 wurden in Deutschland einheitliche Verkehrszeichen eingeführt. Im obigen Bild, ganz links, erkennt man nämlich noch "frei erfundene". "Achtung, Kraftfahrzeuge 15 km" gebietet dort eine Geschwindigkeitsbeschränkung und macht auf scharfe Kurven aufmerksam.

 

Hier marschiert alles auf, was Wald an Offiziellem zu bieten hat: Die Stadtkapelle, die Polizei, die Feuerwehr, die Reservisten, die Schützen, wahrscheinlich sind hinten im Zug dann noch die Lehrer und die Vertretungen der Innungen und die Jungfrauen. Äh. Na, jedenfalls die Bevölkerung schaut vaterländisch zu (1921). An der Spitze des Polizeitrios, direht hinter der Dicken Trum, ist Herr Wachtmeister Tettinger zu erkennen.

Take a closer look: Die Kinder in der neuen chicen Markenkleidung.

 

Das Establishment mit Einheitshut und Gehrock.

 

Das Corps der (freiwilligen) Feuerwehr. An- und vorgeführt von einem schneidigen Herrn Wachtmeister. Es war zwar gerade erst ein männermordender Krieg vorbei, den man verloren hatte, aber Macht und Obrigkeit waren immer noch "in".

 

 

Der Deutzer Hof, so wie er damals war und heute fast noch so ist.

 

 

1928, Blick über Mittelitter zur Firma C. Friedrich Ern. Die Szene ist wohl typisch für den gesamten Kreis Solingen zu jener Zeit: noch viel freie Fläche, mitten drin "immer mal wieder" eine Fabrik - und überall die Kotten und die typischen Fachwerk-Wonhäuser. Unten: Das Lochbachtal, rechts die Schloßstraße, in der Mitte Dorpskotten.

 

 

Die Locher Straße in Wald 1925: im allerbesten Regenzustand. Aber beleuchtet!

 

Auch die heutige Ernst-Moritz-Franzen-Straße (zur Zeit der Aufnahme hieß sie in diesem Teil noch Dültgenstaler Straße)  offenbart sich in absolutem Top-Zustand. Übrigens nehmen viele Solinger an, in Kürze sehen die Straßen wieder so aus wie 1927.