Wandern 2

Simple Frage, logische Antwort: Warum sind die Menschen früher durch das Bergische Land gewandert? Antwort: Weil der "Normalmensch" weder Pferd noch Auto besaß. Warum wandern die Menschen heute, wo jeder ein Auto hat? Weil man beim Wandern mehr sieht und es gesünder ist oder das Bewusstsein verleiht, man sei ein Held. Die Motive mögen wechseln, die Strecken bleiben, die Schönheit der Bergischen Landschaft bleibt hoffentlich auch weiterhin bestehen. Vieles, was alte Bücher beschreiben und bewerben, existiert schon lange nicht mehr.

 

 

Ach Sprache, wie bist Du so schön. Sage ich einmal als Wanderer durch Schrift, Wort und typografisches Bild. Und o Du holder Jugendstil, auch wenn Du verhunzt-verkommerzialisiert wurdest, Du hattest was.

So schwärmerisch muss man, glaube ich, den Wanderern kommen, sonst schmettern die einen mit dem Jubelsang über die Herrlichkeit der Landschaft gleich nieder.

 

Buchdruckerei und Verlagshandlung A. Martini & Grütteisen, Elberfeld, 1911

Wofür sogleich der Beweis angetreten werden kann. Denn was hatten Wupperwanderer und Wolgaschiffer gemeinsam? Immer das rhythmische Lied in den Lungen und Kehlen, in den Mündern und im Sinn. Schreiten im Takt der Musik, Erwandern intakter Natur und taktikel Umgang mit Gefühl und Geschwärm: es war, es ist, bis heute, nicht nur des Müllers Lust.

Falls Sie lieber den Originaltext der Melodie singen wollen, bitte schön, Text steht recht.

Die Melodie schrieb Gustav Ewald Pöthko (1821-1857)

Und, ach ist die Internet-Welt schön, hier sind auch gleich die Noten. Sie können, Musikalität vorausgesetzt, sofort und auf der Stelle mitsingen:



 

 


 

 

 

 

 

Karl Simrock, 1839 (1802-1876)

1. An den Rhein, and den Rhein,
Zieh' nicht an den Rhein
Mein Sohn, ich rate dir gut;
Da geht dir das Leben so lieblich ein,
Da blüht dir zu freudig der Mut!
2. Siehst die Mädchen so frank
Und die Männer so frei,
Als wär' es ein adlig Geschlecht;
Gleich bist du mit glühender Seele dabei;
So dünkt es dich billig und recht.

3. Und zu Schiffe, wie grüßen
Die Burgen so schön
Und die Stadt mit dem ew'gen Dom!
In den Bergen, wie klimmst du zu schwindelnden Höh'n
Und blikkest hinab in den Strom.

4. Und im Strome da tauchet
Die Nix' aus dem Grund,
Und hast du ihr Lächeln geseh'n,
Und sang dir die Lurlei mit bleichen Mund,
Mein Sohn, so ist es gescheh'n!

5. Dich bezaubert der Laut,
Dich betört der Schein,
Entzücken fast dich und Graus.
Nun sings du nur immer: Am Rhein, am Rhein,
Und kehrst nicht wieder nach haus.

 

(Karl Simmrock gilt als "Rheinischer Dichter" und wird in seiner schwärmerischen Romantik Heinrich Heine gleichgestellt.)

Und da es so schön geklappt hat, hier noch ein zweiter Versuch, bevor es auf Wanderschaft geht ...

Die Melodie von Der Mai ist gekommen ist hoffentlich bekannt ... ???? !!!!

 

 

 

 

Ohne Drucker geht es nicht. Nur dass ein Buchdruckereibesitzer nicht, wie es in den Standesregeln üblich ist, "Prinzipal" genannt wird, das ist ja eine Schande fürs ganze Land.

 

 

 

Auszug aus den Streckenverzeichnissen, schön bunt, schön verwirrend. Da verlaufe ich mich doch lieber planlos. Geht viel einfacher.

 

 

Wanderer, kommst du nach Solingen ...
ja, was kannst Du dann sehen?

Und vor allem: wo nächtigen, wo trinken und essen ?

 

 
 

Natürlich war Werbung schon immer ein Bestandteil der Verlagskalkulation, vor allem bei populistischen Büchern. Hier eine Annonce der später legendären Baedekerschen Buchhandlung ("Der große Baedeker", Inbegriff des Reiseführers für den gebildeten Reisenden ...)

 

Wofür und wie alles geworben wurde:

... Bestes Touristenhaus

... Saal. Klavier. Guten Fremdenbetten. Preiswerte Verpflegung. Aufmerksame Bedienung .

... Garten. Saal. Billard. Piano.

... Elektrisch Licht. Bäder im Hause. Hausdiener an allen Zügen. Zivile Preise. ff helle u. Münchener Biere.

... Prachtvoll dekorierter Saal. Nach dem Konzert Tanz. Hält sich den verehrten Ausflüglern bestens empfohlen.

... Stallung für Pferde. Mach das Publikum darauf aufmerksamm, dass Sonntagskarten 50 Pf. billiger sind.

 

Wer noch nie sturzbesoffenen vom Beerenwein lallend aus der Mahnertmühle geschwankt ist, der ist auch kein echter Wanderer.

... 2 Morgen großer Gondelteich. Saal mit Pionino. Separate Kaffee-Zimmer

... Wohnung u. Frühstück von Mk. 2,25 an. Stallung und Remise vorhanden.

... Vornehmstes Etablissement. Hotel-Restauratn I. Ranges.

... Größte und beste Stallung für 12 Pferde am Platz. Elektr. Licht.

 

Wie die Drucker so waren und immer noch sind: prahlen mit der modernsten Ausstattung, versprechen mäßige Preise (halten sie aber selten) und machen auf Wunsch, wenn es denn sein muss, auch ein Preisangebot. Bis heute hat sich, glauben Sie es mir, nichts geändert. Bei den meisten jedenfalls.

Enorm, welche Literatur es über das Bergische gibt. Ist im allgemeinen weder den Bergischen und schon gar nicht den Nichtbergischen bekannt.

Traf da neulich, 2004, einen Professor für Geschichte in Wien, beim Heurigen natürlich. Fragte ihn, was er über das Bergische wüsste. Nun, er kam auf die Türken vor Wien und in der EU zu sprechen ... aber schön war es doch, in Nußdorf beim Heurigen.