Wauler Dorp

Das Dorf Wald ist in den letzten 8 Jahrhunderten neben Gräfrath und Solingen der wichtigste Siedlungskern auf Solinger Gebiet gewesen. Dabei stehen sowohl die Kirche wie auch zahlreiche Hofschaften als Kotten / Fabriken oder landwirtschaftliche Güter im Mittelpunkt.

 

1020 ist die erste, leider gefälschte Urkunde datiert, die Wald erwähnt. 1161 ist aber ein Beurkundungsdatum, das als echt angesehen wird. Es gilt als unbestritten, dass im Gebiet des heutigen Wald schon etliche Jahrhundert zuvor gesiedelt wurde. Das Kirchspiel Wald umfasste auch Teile von Ohligs und Gräfrath und entspricht etwa der Hälfte des heutigen Stadtgebietes. Das Kloster Gräfrath, 1187 gegründet, weil sich dort 1185 ein Marienwunder zugetragen haben soll, gehört zu Wald, wurde aber dann "ausgepfarrt", wie man das nannte. Seit dem 13. Jahrhundert war das Kirchspiel auch Landgerichtsbezirk
Erst nach 1800 entwickelte sich in Wald die kuschelige dörfliche Enge. Denn deutlich voneinander getrennte Ortschaften wie Aufm Eigen, Zur Heggen, Aufr Fuhr, In der Delln, An den Stübben, Am Strauch, Aufm Feld, Demmeltrath, Vogelsang, Im Loch, Wittkulle oder Itter gehörten alle zum "Walder Beritt", Caspersbroich gehörte auch dazu. Dennoch war es keine große Ortschaft, um 1730 zählte man an die 3.700 Einwohner im Kirchspiel, davon rd. 300 im Dorf Wald selbst. 1856 erhielt Wald Stadtrechte.
Die Walder behaupten von sich, gescheit zu sein. Das liegt an den vielen Ortsnamen gleicher Aussprache: Burenscheid, Obenscheid, Untenscheid, Grahenscheid, Tangenscheid, Mummenscheid, Hagscheid, Scheidermühle, Scheiderfeld, Scheider Irlen sind alte Flur-, Haus- und Gebäudebzeichnungen. In den Wäldern des Scheider Irlen hat einstmals der Solinger Galgen gestanden. Überhaupt sind die Namen in und um Wald recht ausdrucksstark und eigenwillig: Zur Scheuer, Hübben, Im Dahl, Limminghofen, Gönrath, Dingshaus, Im Loch, Hackhausen, Vorspel.
Das Stadtwappen wurde am 26. März 1890 wurde Kaiser Wilhelm II. genehmigt, nachdem der Kaiser eigenhändig Verbesserungsvorschläge eingezeichnet hatte. Grün-Gelb-Grün war die offizielle Stadtfarbe.

 

Em Wauler Dorp
1967 herausgegeben von der Stadtsparkasse Solingen
Autor Heinz Rosenthal
Klischees: Otto Contius
Druck: Fr. Knoche, SG-Wald
 

 

Kurioses aus Wald:

Einen Nachtwächter gab es hier, der den Auftrag hatte, an 21 Stellen pünktlich die Stunde auszurufen ... nur wie?

Ein Heißluftballon wurde hier 1792 gestartet (gleich nach den Versuchen der Gebr. Montgolfier), der bis Schwelm flog und sicher landete. Ab 1802 wiederholte man Ballonaufstiege als Volksfeste.

Bis 1827 hat 33 Jahre lang die "biedere Wittib" Hammerstein täglich Briefe zwischen Wald und Elberfeld hin- und hergetragen. Dann bekam das Dorf eine Poststation, 1865 wurde eine Telegrafenstation eingerichtet.

 

Kurz nach 1800 war das Rheinland von napoleonischen (französischen) Truppen besetzt. Überall regte sich Widerstand, der Gastwirt Johann Christian Claudius Devaranne gehörte zu den Anführern der Aufstände. Er wurde dafür mit dem Tode bestraft (1813 in Düsseldorf exekutiert). Diese Gegebenheit wurde lange Zeit als "Aufstand des Pöbels" offiziell unter den Teppich gekehrt, inzwischen erinnert ein Straßennamen an den sich als Verteidiger der Heimatwerte Fühlenden und Handelnden.

 

Die eher "süße Seite" des Lebens ist mit diesem Namen verbunden: Karl Ruß-Suchard, 1838 in Wald geboren und seit 1910 Ehrenbürger. Er wanderte in die Schweiz aus und begründete dort eine noch heute existierenden Schokoladenfabrik - Milka mit der heute so bekannten lila Kuh. Sein Sohn Carl Ruß machte Wald eine bis jetzt existente Stiftung für soziale Zwecke.

 

 

Solinger Tageblatt, 17.5.2005

Fortschritt ist immer relativ. Zwar sieht diese Schalterhalle von 1914 der Walder Sparkasse sehr "beamtisch" aus, doch strahlt sie auch eine Würde aus, die von ihren schmückenden Details an der Decke, den Wänden oder den Holzwänden ausgeht - eben "Gebrauchs-Jugendstil".

 

 

Denn ob diese Schalterhalle der (alten) Zweigstelle Wald der Stadtsparkasse Solingen im Jahr 1967 - zumal in der Rückschau - "schöner" ist, darf man bezweifeln. Allenfalls die blanken Neonröhren wären heute wieder "kultig". Der Charakter als "Halle" ist jedoch verloren gegangen und die hilflos als auf der Theke drappierten Werbungen konterkarieren den Gedanken des schalterlosen Kundenservices auf gleicher Augenhöhe.

 

 

Um 1965 präsentiert sich Wald aus der Luft als typischer Siedlungskern mit industriellen Arealen (Gebr. Klopp), aber auch einigem an Grünanlagen (Walder Stadtpark), Sportplätzen in der Ortsmitte (Hindenburgplatz) und etlichen Baulücken (heute Hauptschule Wald). Der "Walder Schlauch", inzwischen tot-verkehrsberuhigt, mit dem typischen Knick direkt an der Kirche kennzeichnet uralte Straßenverläufe. Die ev. Kirche ist und bleibt jedoch nicht nur historischer, sondern auch gedanklicher Mittelpunkt von Wald und damit für die Walder der Welt.

 

Neben der vielfotografierten Gräfrather Klosterkirche ist die Walder ev. Stadtkirche die historisch bedeutendste. An dieser Straßenführung ist noch klar und deutlich zu erkennen, dass das Dorf Wald um die Kirche herum entstanden ist.

Kramers Kunstanstalt KG, Dortmund
Agfa Originalfoto
Poststempel 4. 10. 1957

 

Wald um 1955. Links oben das Postamt, das eher einem Gefängnis gleicht, rechts die Friedrich-Ebert-Straße, einmal kurz unterhalb des Walder Bahnhofes (unten) und zum anderen im "Schlauch", dem Einkaufs-Teil der Straße, links unten die Dültgenstaler Straße; die letzten 3 Motive unten in der Vergrößerung.

Verlag Max Biegel, Wuppertal-Elberfeld
PostStempel 27. 2. 1958

 

 

 

Man kann es nun sehen wie man will: die Walder Kirche ist nun einmal das Wahrzeichen, eigentlich sogar das einzig wahr-nehm-bare Zeichen von Wald. Der Turm aus dem 12 Jahrhundert hat auch heute noch seine optische Wirkung, die ihn so unverwechselbar macht.