50er und 60er (1)

Das Wirtschaftswunder. Die Moderne. Der Beton. Die Öde. Alles zugleich. Aus der überwiegenden Grundanschauung der Menschen in 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden Orte und Straßen voller Sachlichkeit und sichtbarer künstlicher Strukturen. Alles, was geordnet war, schien positiv. Und vor allem: vieles war im Aufbau, wurde gerade begonnen, bildete sich neu. Minimalismus, wie man es heute nennen würde, war eine unausweichliche Begleiterscheinung.

 

So bald ging es mit dem Wiederaufbau allerdings nicht los. 1951, sechs Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, sieht es in der Solinger Innenstadt noch sehr leer aus. Hier werden gerade die Straßenbahngleise den Ufergarten hinaus neu verlegt. Im Hintergrund schemenhaft der Bunkerblock des späteren Monopol-Kinos zu sehen, oben links das unzerstört gebliebene Tückmantel-Haus am Dreieck. Ansonsten war eben die gesamte Innenstadt bis auf wenige Ruinen zerstört. Im Mittelpunkt das spätere Nicolin-Gebäude, nach halb rechts verläuft die frühere Kaiser-, spätere Hauptstraße.

 

Ende der 50er denn schon viel aufgebaut, aber längst noch nicht alles. Auch die Goerdeler Straße ist erst im Teil zum Entenpfuhl hin fertig. Oben links ev. und St.-Clemens-Kirche, zwischen beiden der Kaufhof. Die Straße nach unten ist die Hauptstraße, deren Teil zum Entenpfuhl hin noch nicht bebaut ist, auch nicht das spätere Nicolin-Eckhaus. Das dann als Polizeigebäude, heute Finanzamt (gibt's einen Unterschied?) genutzte "Hochhaus" Ecke Wupper- und Dorperstraße steht noch nicht. Rechts neben dem Finanzamt das Haus der Jugend. In der Bildmitte ist ein letzter Rest des Südwalls ahnungsvoll (zwischen dem Dunklen) zu sehen.

 

Noch gab es "das Alte" zu sehen. Doch bald setzte der Aufbau-Boom ein, alles sollte moderner werden. Moder = schön, so die gleichmachende Parole. Vielleicht muss sie auch übersetzt werden mit dem damaligen Lebensgefühl "Wir wollen nicht mehr an die Vergangenheit erinnert werden". Heute sehnt man sich nach dieser doch zumindest optisch "heilen Welt" zuweilen zurück.

Kohlfurt
 

 

 

 

 

 

aus: Nordrhein-Westfalen, ein Bildband
Umschau Verlag, Frankfurt a.M.
1955

 

 

Balkhauser Kotten

 

Der Botanische Garten

1963 wurde er hinter dem Krankenhaus, am Vogelsang, neu eröffnet, nachdem schon in den 20er Jahren ein Bot. Garten am Kannenhof existiert hatte. Der neue Botanische Garten galt schnell als kleine Erholungsoase in der Stadt und ist nach wie vor Ziel zahlreicher Spaziergänger

 

Verlag Schöning, Lübeck

Wenn Gärten neu angelegt werden, wirken sie ein wenig mickrig - auch so der städtische Botanische Garten. Was sich daraus entwickelt hat, zeigt die Internetseite der Stadt:



 

 

 

Die Menschen hielten dies damals schon für einen Kurgarten: ein paar Stühle, auf denen man sonnen und einen Blick ins Rheinland werfen konnte, ein Pavillion mit ein einigen Plastiksesselchen - fertig war das Glück der kleinen heilen Welt.

 

 

Noch gab es weder OBI noch den Grünen Laden und wer ein paar Tulpenzwiebeln in den Vorgarten setzte, wähnte sich im blühenden Paradies. Keukenhof in Holland war der Inbegriff für das Blumenwunder schlechthin, man reiste mit Wiedenhoff und Köhnen ("Lass Dich verwöhnen, reise mit Köhnen") dorthin, und dass nun auch Tulpen im Botanischen Garten blühten - mehr als 10 Stück am Stück - das zeigte, Solingen ist nun auch eine blühende Weltstadt :-)

 

 

An Stelle des Alten

 

Das alte Stadttheater am Schlagbaum. 1957 brannte es vermutlich durch einen Kurzschluss nieder. Gott sei Dank kann man sagen, da niemenden etwas passierte, denn sonst hätte Solingen wahrscheinlich nie einen Neubau bekommen.

 

 

 

 

 

 

Und Zeit, sich auf der Bank in die Sonne zu setzen, war damals auch noch ....

 

 

 

 

 

Cramers Kunstanstalt, Dortmund

Poststempel 5. Juli 1955

 

Der Neubau des Theater- und Konzerthauses, 1960-63 gebaut, strahlt jenen Charme aus, der für diese Periode so charakteristisch ist: gerade Linien gelten als modern, Sachlichkeit überwiegt das Verschnörkelte, helle Farben sind ,in'.

Verlag Schöning, Lübeck

Poststempel 19. Juli 1968

 

Bild-Psychologie

 

"Viele Grüße aus Ohligs und seiner schönen Umgebung" lautet der Titel der Karte, um dann überwiegend Bauwerke zu zeigen. Denn mal ehrlich: Ohligs hat durch das Gebiet der ehemaligen Heide zwar den Ruf, "grün" zu sein - aber so viel Umgebung hat es nämlich gar nicht.

Und die Rose, die vielleicht Romantik symbolisieren wird, steht ziehmlich einsam auf dieser Karte, die auch wiederum nur in Beton und ein wenig Fachwerk schwelgt. Hat Solingens Romantik wirklich nur Bauwerke zu bieten?

Beide Karten Verlag Paul Sprenger, Bergisch-Gladbach

 

 

Auch Gräfrath pflegte zumindest auf Postkarten schon immer sein Image als alter Stadtkern und "Dorf", wobei das mächtige Rathaus, außerhalb des eigentlichen Kerngebiets gelegen, für einen weiteren optischen Akzent sorgt - und das bis heute (Museum Baden, lange Zeit Klingenmuseum).

Solingen dagegen zelebriert auf dieser Postkarte sein Janus-Wesen der gleichzeitigen Modernität inmitten der Tradition.

Gräfrath: Verlag Schöning, Lübeck
Solingen: Verlag Sprenger, B.-Gladbach

 

 

Das Nachkriegs-Dreieck in einer Form, die heute kaum noch jemanden in Erinnerung geblieben ist. Mit Pavillons, wo seit den 60er Jahren bis heute der Steinklotz der Sparkasse triumphiert. Und der guten alten Straßenbahn vor der Traditions-Drogerie Quabeck (Eckhaus Tückmantel).

Verlag Max Biegel, W'tal-Elberfeld

Poststempel August 1951

 

 

Original Solinger Straßenbahn und original Solinger Laternenpfahl mit original Solinger Greute sowie original Ohligser Bahnhof bei original Solinger Nacht.