50er und 60er (2)

Vor 18.000 Tagen - das ist, gerundet, die Zeitspanne zwischen heute und den meisten Fotografien. Oder ungefähr 430.000 Stunden. Kinder, wie die Zeit vergeht - und was man nicht alles aus dem Gedächtnis verlieren kann. Oder wie lange man sich zurück erinnert, wenn man nur wieder die Bilder sieht. Oder, je nach Lebensalter, wie man doch staunen kann, wie es früher war, als man selbst noch nicht war.

 

Der luxuriöse Komfort eines Wohn(!)-Zimmers an der Süßwarenfachschule in Gräfraht der 50er Jahre. Man beachte die Zweckmäßigkeit und enorme Größe des computerfreien Schreib-Ess-Studier-Bügel- und Sortiertisches, die stimmungsvolle Form und Beleuchtungsintensität der Lampe, die Kuscheligkeit des Bettes und das Muster der Gardine. Immerhin gab es schon Zentralheizung. Was will man mehr im kalten Bergischen?

Photographik Kunstanstalt

 

Von rustikaler Schönheit auch diese Unterkunft in Solingen, das Naturfreundehaus Pfaffenberg. Abseits hoch auf einem Wupperberg gelegen bietet es herrlichen Blick ins Bergische Land und den Vorteil der Naturnähe, die man dicht an einer industriellen Großstadt kaum vermuten würde. Allerdings klagen die Naturfreunde heute selbst laut und deutlich auf ihrer Homepage über fehlendes Interesse an Club und Heim und insofern könnte auch dieses Haus bald schon der Vergangenheit angehören.

 

Wahrscheinlich zehntausende von jungen (und älteren) Menschen haben Solingen und vor allem Gräfrath durch dieses Haus kennengelernt. Seit den 60er Jahren ein unversell genutztes Haus.



Verlag Schöning & Co., Lübeck
Poststempel 9. Juni 1969

 

Da werden doch bei manchem Erinnerungen wach: Das Schullandheim Solingen in Westerburg, Westerwald.

Agfa-Photo 1950
Fried. Neu, Buchhandlung, Westerburg (Ww).

 

Und schließlich gehört auch der Halfeshof zu jenen Wohnensembles, in das Bewohner nicht gerade unbedingt freiwillig ziehen - um in diesem Falle gemäß strenger (oder milder?) Pädagogik "erzogen" zu werden. Das Wort "Erziehungsanstalt", früher ganz normal so benutzt, steht ganz in der Linie des deutschen Verordnungswahns: Krankenanstalt, Irrenanstalt, Bedürfnisanstalt, Badeanstalt, Forschungsanstalt, Strafanstalt, Lehranstalt, Kuranstalt, Verwahranstalt, Sendeanstalt,  Versorgungsanstalt,  Erholungsanstalt, Reproanstalt ...

 

 

Das Solinger Verwaltungsschloss an der Ecke Potsdamer-/Cronenberger Straße. Hier wurden keine Beamten von Prinzessinnen wachgeküsst (oder doch?), hier waren keine tapferen Ritter (gibt's bei der Verwaltung Spesenritter?) zu Werke, hier residierte nicht Größe, sondern zuweilen Größenwahn und Kleinmut. Das Efeu wucherte wie die Paragraphen, Parken war noch kostenlos und das spätere Schicksal des Ortes war unbekannt: heute ist es eine Art Seniorenresidenz (neugebaut), aber was heisst schon ,heute'?

Cramers Kunstanstalt, Dortmund

 

 

Eine Hofschaft bei Höhscheid, so wie sie für das gesamte Stadtgebiet auch noch bis in die Zeit "nach dem Krieg" typisch war.

Landesbildstelle Rheinland

 

 

 

In den 60er Jahren ließen sich die Solinger noch von diesem Märchen überzeugen: Es war einmal Hans im Glück, der war Solinger, und der hatte einen Esel, der hieß Sparkasse, und der Esel schiss goldene Dukaten, die nannte man Kredite und der Esel, die Sparkasse, fraß Hans, dem Solinger, aus der Hand. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann fressen und bescheißen sie sich heute noch. Oder wie endeten noch einmal die Märchen?

Märchenfigur / Denkmal im Hof des inzwischen alten Neubaus der Stadtsparkasse Solingen

Verlag Hubert Knappe, Düsseldorf

 

So sah einst der Mühlenhof aus, als er noch wie der Mühlenhof aussah. Ist zwar erst in den 70ern so geworden, aber das herrlich adria-blaue Wasser lädt doch zum Baden ein, oder?

Bild-Druck & Verlags GmbH

 

 

1954 - Solingen als Touristenort? Jedenfalls bietet dese Hotelliste eine beeindruckende Fülle, mit der das heutige Solingen leider nicht mehr mithalten kann.

 

 

Wo man nicht alles übernachten konnte ...

 
 

 

 

Von beeindruckender Schlichtheit waren seinerzeit noch die Preise. Allerdings findet sich noch kein Hotel, dass auch eine Dusche oder ein Bad im Zimmerbereich anbieten würde ... (W = Fließend Wasser, ob warm, ist nicht gesagt)

 

 

Die Lutherkirche - sog. neoklassizistischer Baustil, um 1900. Nach 50 Jahren noch gut im Schuss, zum 100jährigen intensiv restauriert.

 

 

Längst ist vergessen, dass noch 1960 Baracken am Neumarkt standen und der Karstadt-Bau noch nicht errichtet war (links sieht man andeutungsweise das Monopol-Kino). Und parken durfte man auch noch überall.

aus: 150 Jahre Stadtsparkasse

 

 

Das war dann im Übergang zu den 60ern die totale Modernität in der Stadt. Das Theater- und Konzerthaus, und davor brodelt der Verkehr ...

courtesy: Peter Wilmanns

 

 

Heute beklagt man sich, in der Stadt sei nichts los. Nun, 1965 war es nicht besser. Eine in der Vergrößerung erkennbare Zeit zeigt 12.30 Uhr, offensichtlich ist die City bereits in den Mittagsschlaf verfallen. Beim "Sali-Haus" (mit dem Bayer-Kreuz) handelt es sich übrigens um das meistfotografierte (und in Büchern und vor allem Postkarten abgedruckte) Gebäude des "modernen" Solingens.

Jakob Krapohl-Verlag, Schloß Hülchrath über Neuß 2

Poststempel 31. März 1965

 

 

 

 

Für "oul Solijer" noch zwei Details: Erinnern Sie sich noch an das Modehaus Baecker? Und fuhren Sie seinerzeit nicht auch einen VW-Käfer?

   

 

 

Die Innenstadt zu Weihnachten in den 50er/60er Jahren. Da kommt Stimmung auf.

Foto: Helmut Lohe
courtesy: Klaus-Michael Lohe

 

 

 

Nur mal so zum Vergleich: Auf dem Flughafen Düsseldorf ist mächtig Trubel ;-)

Foto: hgw