1. August 1929: fünf Städte (neben Solingen sind dies
Ohligs, Höhscheid, Gräfrath und Wald) werden zur Großstadt Solingen
vereint, 46 Jahre später (1975) kommt Burg a.d.W. dazu. Was ein
politisch-verwaltungstechnischer Vorgang war, wurde in den Köpfen (und
Herzen) der Bewohner bis heute nicht wirklch vollständig nachvollzogen. Es
gehört zum guten Ton in der Klingenstadt, sich "ortschafts-ideologisch" zu
separieren - nur, um damit zu integrieren. So, wie man auf nationaler
Ebene zwar Deutscher, aber eigentlich Solinger ist, ist man auf lokaler
Ebene zwar Solinger, aber eigenlicht Nümmener, Weegerhofer, Hasseldeller,
Böckerhofer, Hästener .... und so endlos weiter. Ein lustiges Spielstück,
das Solinger nicht leid werden zu inszenieren und ihre helle Freude daran
haben. Dass der zuzeitige Oberbürgermeister, Franz Haug, eigentlich
Schwabe ist und als Wohn-Walder den Wir-sind-alle-eine-Familie-Solinger
gibt, zeigt, dass die Handlung beliebig variiert werden kann ;-) |
Armut ist der beste Koch. Sagt ein Sprichwort und
meint, Mangel setzt Phantasie frei. So auch auf überraschende Art und
Weise bei der Stadtverwaltung. Weil keine Gelder da sind, macht man, was
kaum etwas kostet: man lässt die Bürger einfach laufen. Da passt es auf
geradezu schicksalhaft-esoterisch-mytisch-mythische Art und Weise, dass
Solingens berühmtester Trampelpfad, pardon Klingenpfad, ziemlich exakt 75
km lang ist - für jedes Großstadtjahr ein eigener Kilometer.
Jubiläumstag: 1. August 2004
Broschüre der Stadt Solingen zum Jubiläums-Wandertag;
Kartographie: Stadtdienst Vermessung und Kataster |
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Achtung, was jetzt folgt, ist unfair. Könnte man
meinen. Oder auch nicht:
Die Stadt hat eine witzige Idee. Will sagen: einen geklauten Kalauer im
Sinn. Und macht ihn zum Motto der zentralen Veranstaltung.
Publikumsbeschimpfung ist ja in (war nie out), Zynismus kommt immer an.
Ergo scheint der Slogan "Wir geben Ihnen den Laufpass" so recht für
unsere Fun-Gesellschaft.
Aber warum so negativ? Warum nicht neutralere, zuzugeben vielleicht
biedere Slogans? "Solingen 75" (und manches andere) würde werblich für
den Klingenpfad auch übers Jubiläum hinaus passen und dennoch Motto des
Jubiläums sein. Prima und lobenswert, dass man einen Wandertag macht.
Aber warum, verflixt, denkt in dieser Stadt niemand über die Gegenwart
hinaus? Schon gar nicht in städtewerblichen, image-fördernden
Dimensionen?
hgw |
Wie ein roter Faden rund um Großstadt-Solingen: der Klingenpfad. In der
Tat ist er für alle, die gern auf Schusters Rappen unterwegs sind, nach
wie vor von höchster Attraktivität, weil er Solingen buchstäblich von
seiner schönsten Seite zeigt. Und mit dem optischen Vorurteil über eine
"Industrie-Stadt" aufräumen kann, da er im Prinzip das Grüne kaum
verlässt (vorausgesetzt, die Bäume sind es jahreszeitlich).
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Witzig-spielerisches Logo: das Autokennzeichen SG
listig hervorgehoben. |
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Tolle Idee, ruhmreiche Tat: Jeder Kilometer Klingenpfad wird mit einer
Tafel entsprechend der 75 Großstadt-Jahre geschmückt, auf der die
wichtigsten Ereignisse der jeweiligen Jahre festgehalten sind. |