Klingenpfad

Die einen bauten die Reichsautobahnen und andere den Solinger Klingenpfad. Sog. "Erwerbslose" wurden eingesetzt, um einen zunächst 60 km langen, rund um Solingen führenden Wanderweg auszubauen, auf den Pfaden uralter Wege. Heute erinnert nichts mehr an dieses Entstehen, der Klingenpfad ist bei denen, die noch die Beine zum Wandern zu gebrauchen wissen, sehr beliebt und eine Propagandabroschüre aus dem Jahre 1939 schildert anhand dieser Strecke die wahrhaftige Schönheit Solingens. (Die heutige Wegstrecke beträgt 75 km, Wege rund um Burg wurden hinzugenommen.)

 

Herausgegeben vom Städt. Verkehrsamt und Verkehrsverein Solingen e.V.
Entwurf und Kupfertiefdruck:
W. Giradet, Essen
Auflage 20.000

Ein für damalige Verhältnisse sehr aufwendiges Werk mit einer hervorragenden, brillanten Qualität der Farb- und SW-Bilder

 

Der Klingenpfad heute im Internet



 

 

Sehr viel hat sich bis heute nicht verändert, ein solches Foto könnte man also auch heute noch machen, wenn auch der Turm von Hohenscheid inzwischen gestutzt ist.

 

 

Solingen von einem seinerzeit (und heute) beliebten Standpunkt aus gesehen, nämlich aus Richtung Halfeshof. Vorne im Bild Meigen, natürlich noch nicht mit der für das heutige Panorama so charakteristischen Spar- und Bauvereinssiedlung; im übrigen ist auch die erkennbare Freifläche zwischen Meigen und Solingen längst zugebaut.

 

 

 

Eine Hofschaft im Heidbergtal und eine für die bürgerlichen Schieferhäuser der damaligen Jahrhundertwende typische Haustüre.

 

 

Die Ohligser Heide war noch wirklich Heide und nicht, wie heute, Wald (sie hat mir ihrem Ursprungscharakter überhaupt nichts mehr gemein). Autofahrers Traum auf der leeren damaligen Reichsautobahn? Wohl kaum, denn die Trennfugen der Betonplatten rütteln die Autos im Sekundentakt durch, ein ekelhaftes Fahren, wie es lange Zeit noch in der DDR Richtung Bautzen erlebt werden konnte.  Der Vogelpark in Ohligs war auch schon vor dem 2. Weltkrieg eine große Attraktion.

 

 

Da kann sich der Solinger nicht satt dran sehen und wird nicht müde, darin, darüber und dahin zu wandern: die geliebten Wupperberge mit ihren typischen Fachwerkhäusern und den kleinen, winkeligen Hofschaften, die zum Glück auch noch heute in großer Anzahl erhalten geblieben sind.
Hier zu sehen der Wipper  Kotten, ein Haus in Friedrichstal und der Balkhauser Schleifkotten.

 

Mit Erstaunen entdeckt der heutige Leser, dass es in Solingen eine "Adolf Hitler Halle" gegeben hat, die in kaum einer Dokumentation als Name auftaucht. Das Internet gibt nur die Information her dass dort 1940 eine Orgel mit  53 Register von der Firma Walcker, einem sehr renommierten Unternehmen, eingebaut wurde. Es dürfte sich ohne Zweifel um die heutige Ohligser Festhalle handeln.

 

 

Mit kaum zu überbietender Schwülstigkeit kommt der Text daher; typisch für die im Dritten Reich gezielt eingesetzte Blut- und Boden-Propaganda mit der Herrlichkeit des deutschen Pflicht-, Arbeits- und Frohsinns-Menschen.

»Mich schuf Solingen« — diese drei stolzen Worte auf den Klingen der Schwerter und Degen trugen vor Jahrhunderlen schon den Namen der Klingenstadt in die Well und wurden zu Ruf und Ruhm einer edlen Handwerkskunst. In ihrem Zeichen ist Solingen aus vielen Ortschaften und Hofstätten allmählich zusammengewachsen, eine Großstadt, berufen und gewillt, das Erbe der Väter mit unermüdlichem Fleiß zu mehren und des erworbenen Namens würdig zu bleiben. Industrielle Werke von ragender Größe künden das Ringen um Leistung und Erfolg. Aber vor Rauch und Ruß ist Solingen bewahrt geblieben. Die Spuren der Arbeit führen in die zahlreichen Bachtäler, und inmitten der Wiesen und Wälder finden wir die alten Schleifkotten und Hammerwerke. Ihr rastloses Räderwerk wird noch, heute oft von der Kraft des Wassers getrieben. Seilen verträgt sich die Industrie so gut mit der Natur wie in der Solinger Flur. Das Lied der singenden, klingenden Berge ertönt bei der Arbeit und im Feierabend. Wer um der Hände Schaffenslust weiß, kennt auch den Segen einer frohen Ausspannung. So ist in den Solinger Hof schaffen die Sauberkeit und mit der Liebe zu fröhlich bunten Gärten die Achtung vor der Natur daheim. Nicht nur in Rüden-Friedrichstal, dem ersten Musterdorf des Gaues, beweisen die schwarz-weiß-grünen Häuser und die gepflegten Anwesen, wie innig sich die Bewohner ihrer schönen Heimat verwachsen fühlen. Mundart und Sitten künden noch von echter bergischer Art. • Die Bilder hier laden nur ein; sie können nicht erschöpfend erzählen, wie schön das Solinger Land in seiner Gesamtheit ist. Das muss erwandert werden. Wer einmal die waldigen Täler, die stille Heide, die Wiesen und fruchtbaren Breiten durchschritten oder von einer Höhe des Klingenpfades über die Burgen hinweg weit in das Land geschaut wer die verschwiegene Talsperre, das Leben und Treiben in den fünf lustigen Freibädern gesehen hat findet Erholung und Freude, nimmt frischen Mut in seinen Alltag mit Und hält er, in behaglichen Gaststätten von der Güte und den Überraschungen eines echt bergischen Kaffees erquickt, nach froher Wanderung oder geselligem Ausflug in der Stadt Einkehr, erfährt er von den alten Häusern, vom Goebelsbau zum Beispiel mit seinen festlichen Maßen, aber auch von so mancher kunstvollen Haustür muten im engen, altehrwürdigen Stadtkern, erfährt er von allen den Dingen, die im Waffen- und Industriemuseum der Fachschule oder im Ittertaler Heimatmuseum ausgestellt sind, was Solingen groß gemacht hat: eine wohl verstandene und erfüllte Pflicht Und wer die Sprache der Stadt und das Lied ihrer Landschaft einmal vernommen, wird nie aus ihrem Bann kommen und immer wieder als liebwertes Ziel seiner Ausflüge und Wanderungen wählen;
Solingen, die Stadt in der schönen bergischen Landschaft

 

 

Auch heute sieht man noch im gesamten Stadtgebiet das Zechen für den Klingenpfad und kann ihm 75 km folgen.

Abseits aller damaligen Schwülstigkeit hat der Klingenpfad auch heute noch eine gewisse Attraktivität für diejenigen, die immer noch fest daran glauben, dass die eigenen Beine geeignet sind, die Welt zu erkunden. Hier ist er als animatorisches Motiv auf einer sogenannten Bildpostkarte aus dem Jahr 1985 abgebildet.