Ausflugslokale 3

After-work-party, fun-society, Szene-Lokal, Abhängen, angesagte Events - alles nichts neues, außer den Namen. Schon damals ging man dorthin, wo auch die anderen gingen, um sich zu treffen, zu diskutieren, Musik zu hören - oder einfach nur, um abzuschalten. Und warum hätten sie auch früher das nicht tun sollen und warum sollte es heute anders sein als anno dazumal? Der Mensch ist der gleiche geblieben, ergo sind es die Kneipen dem Grundsatz nach auch.

 

Eins jener zahlreichen Lokale, die mit erstaunlich großem Biergarten aufwarten können, obwohl damals das Wetter keinen Hack besser gewesen ist als heute. Und wie so oft auf diesen Karten: kaum kann man etwas erkennen.

 

Verlag Paul Blochwitz, Solingen

Poststempel 7. April 1903

Erst die digitale Vergrößerung bringt erstaunliche Details hervor und man kann sich geradezu plastisch vorstellen, wie es früher gewesen ist.

 

 

 

Beim typisch Bergischen Wetter, also Regen, auf Lehmstraßen mit Pferdekutschen fahren, na dann aber viel Vergnügen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Irgendwie sehen die drei Gestalten so aus, als ob sie noch auf jemanden warten. Auf SIE vielleicht?

 

Auch am Kaisergarten sah es entsprechend aus: Modderstraßen und eine irgendwie einsame Gegend.

Verlag Wilh. Voerster, Höhscheid

 

Und wenn man dann von Widdert der Wupper entgegenmarschiert, ins Tal hinabsteigt und bei Haus Fähr ankommt, dann kann man sich denken, im durchaus positiven Sinne, so viel hat sich eigentlich äußerlich gar nicht geändert.

Verlag Jos. Grobbel, Fredeburg (Sauerland), 1981

 

Weiter wupperaufwärts allerdings war die heile Welt eher eine trostlose und auch der bestgemeinte Betonklotz kann ganz einfach nicht den Charme eines Fachwerk- und Schieferhauses versprühen, da nützt auch die trotzig-mutige Bezeichnung Ferienparadies Glüder rein gar nichts.

 

Die wunderschön gelegene Schwanenmühle bei Ohligs

"5 Morgen großer Gondelteich mit besten Ruderkähnen.
Besitzer : Geschw. Schlicker"

 

 

Wilh. Fülle G.m.b.H., Barmen

 

Eine andere Mühle, die Wersbacher Mühle, zwischen Witzhelden und Burscheid, war für Solingern seinerzeit eine wortwörtliche Tagesreise entfernt.

 

Was beschweren wir uns über die lärmende Jugend von heute? Früher war es nicht anders, statt des Walkmans oder dröhnenden Boosters war es die Gitarre, die für Anlass sorgte, grölend (man nannte es Singen) durch das Land zu streifen. Hier geht ein Zickenschwarm (früher hieß dies Mädelgruppe) ins Bergische los, von der Jugendherberge Burg aus. Die Aufnahme ist um 1935 entstanden. Übrigens haben alle einen Affen auf dem Buckel, auch so hieß der heute ach so modisch neu entdeckte, uralte Rucksack seinerzeit. Da sie keine Uniform tragen, ist es auch keine BDM-Gruppe (BDM hieß nicht "besonders dralle Mädchen", sondern Bund Deutscher Mädel, die Youngster-Frauenpower-Organisation der Nazis). Der Blick sollte jedoch auf das  Gebäude fallen, das aussieht wie eine Kreuzung aus ostfriesischem Reetdachhaus und Bergischer Reihensiedlung. Und das mit Fug und Recht zu den Ausflugslokalen des Bergischen gehört.

Foto: Deutsches Jugendherbergswerk in Rheinische Heimatpflege 4/2004
 

Für die in Jugendherbergen aufs Leben vorbereitete, gereifte und daher ausgelassen-fröhliche Jugend war einst Widdert das Mekka des Vergnügens. Obwohl die "Luststätten" inmitten einer friedlichen und großzügig-bergischen Bilderbuchlandschaft gelegen waren.

 

 

Hier fanden Tanztees und Bälle statt. Mancher wird sich beim Anblick dieses Bildes vage - oder schwärmerisch - erinnern. Wie verliebt ist mancher rein- und enttäuscht wieder rausgegangen oder umgekehrt, man kam "nur mal so" hier hin und ging verliebt-vergnügt wieder raus. Eine Institution, die längst nicht mehr existiert und die nur noch Erinnerung ist.

 

So schön war es früher, ins Grüne zu wandern und dort eine Maid zum Tanze zu führen, Juchhei, juchaaahhhh ...

courtesy of Peter Wilmanns