Gesangs-Nostalgie:



Burg an der Wupper 3

Nichts Verrücktes ist der Welt fremd, und schon gar nicht dem Internet. Wenn Sie einmal, ausgerüstet mit Ihrem Navigationsgerät, auf Schatzsuche im Bergischen gehen wollen, dann versuchen sie es bitte über diese Liste. Für alle, die noch nie ein GPS in der Hand hatten (und die jetzt nicht wissen, was das ist, hatten es nicht) ist diese Seite ein völliges Rätsel. Dennoch, das Thema passt. Burg an der Wupper ist schon ein Schätzchen, warum dann nicht auch noch richtig auf Schatzsuche gehen?



 

Der Postkarten-Idylle hat die Realität meistens etwas Banales entgegenzusetzen. Wer sich heute nach Burg begibt, erlebt vor allem an manchen Tagen und Stunden ein Verkehrsgewusel an Stelle beschaulicher Gemütlichkeit. Aber da muss man durch - im wahrsten Sinne des Wortes.

 

 

 

 

Die gleiche Stelle, noch ein wenig weniger Verkehr

 

Rush-hour in Unterburg

Nennen wir es Phantasie. Fälschung wäre ein zu hartes Wort. Denn auch der Realität kamen sie sehr nahe. Die Künstlerschar der Lithografen, Steinzeichner, die zu Beginn des vorigen Jahrhunderts auf Postkarten die Welt neu erfanden und einem staunenden Publikum näherbrachten. Solche Beispiele gibt es auch aus der Region Solingen in großer Zahl.

 

Karte abgestempelt am 4. Aug. 1900 in Cronenberg

In diese Perspektive kann man optisch geradezu hineinwandern. Und was verwunderlich ist: eigentlich hat sich der Ort seit über 100 Jahren gar nicht großartig verändert. Vieles ist noch prinzipiell so, wie es auf dieser lithografierten Zeichnung zu sehen ist. Dass dabei die Perspektiven zuweilen zu euphorisch geraten, darf man keinem der künstlerisch ungemein erfahrenen Handwerkern ankreiden: es gab ja auch keine vernünftigen Vorlagen, von denen sie hätten abzeichnen können. Fotos waren damals noch eher selten, und wenn sie vorlagen, warum hätte man sie abzeichnen sollen? Also blieben als Vorlagen andere Zeichnungen, und die konnten ebenso verzerrt sein oder das eigene Anschauen, was aber nur eine Ausnahme bildete.

 

Das heutige Haus Striepen, direkt neben der Wupperbrücke links, hatte einen solchen Alkoven-Vorbau, wie auch in der Zeichnung oben und in der kleinen Fotopostkarte unten zu sehen. Ob dieses Haus hier nun eine freie künstlerische Interpretation ist (anderes Dach, z. b. Bogen über der Ballustrade, andere Giebelfront) oder ein ganz anderes ist, muss offen bleiben. Aber welches könnte es sein?

 

Dieser Ausschnitt einer Postkarte bestätigt noch einmal mit fotografischer Genauigkeit die Beschaulichkeit des Grafenstädtchens am Zusammenfluss von Eschbach und Wupper.

Deutsche Reichspost, um 1910

 

So idyllisch der Eschbach auf der Postkarte aussieht, so gefährlich konnte und kann er sein: Hochwasser am 23. September 1957

 

Hier nun sind mit dem Lithographen endgültig die Pferde der Phantasie durchgegangen. Fehlt nur noch, dass sich ein netter Weiher in den Schlosspark bettet und lange Allen zu Lustgärten führen. Der Unterschied zwischen der Ritterburg des Bergischen und der Anmutung eines französischen Lustschlosses, hier in etwa angedeutet, mit einen typischen Parkanlagen ist kaum noch zu überbieten. Aber der Kollege schafft es glatt, beides zu kombinieren. Hochachtung!

 

 

Auch auf diesem Bild vermischt sich Fiktion mit Wirklichkeit. Einigermaßen real ist die Szenerie rechts mit dem Lokal Dortmunder Hof (existiert nicht mehr; dort beginnt heute die Seilbahn), viel zu dramatisch zugespitzt steht die Burg auf dem Berg. Und der Diederichstempel hat nie auf einer Bergkuppe gestanden, sondern befindet sich auf einem kleinen Felsvorsprung und eigentlich mitten im Wald.

Niem's Postkartenverlag, Elberfeld, 1909

 

Schloss Burg im Winter: Ein unbekannter Kupferstecher hat dieses Idyll geschaffen. Heile Welt im Bergischen, Romantik der Phantasie, Illusion der Ideale. O Welt, wie bist du so schön ...

 

Eine andere künstlerische Darstellung des Gebäudekomplexes um 1912

 

Blick von Osten auf Unterburg und Oberburg mit dem Schloss Burg auf dem Burgberg des bergischen Burg an der Wupper ...

 

 

 

 

Wilh. Fülle, Barmen