Fachwerk

Diese Bauform ist seit Jahrhunderten in ganz Mitteleuropa verbreitet. Und dennoch wirkt sie oft als das "typisch Bergische". Es sind aber eher die Farben, schwarze Balken, weiße Lehmflächen dazwischen, hell- oder dunkelgrüne Türen und Schlagladen, die das Charakteristische symbolisieren. Plus die Schlichtheit, denn in anderen Gegenden Deutschlands sind die Fachwerkhäuser wesentlich stärker geschmückt als im Bergischen, vor allem in Solingen, wo sich der Schmuck fast ausschließlich auf die Haustüre konzentriert.

 

Autor August Arensmeier legt hier ein Fleißwerk vor, dass neben hervorragendem dokumentierenden Charakter durch die Fülle der Beispiele und Bilder Lust macht, genauer hinzuschauen, welche Fachwerkhäuser einem beim Spaziergang oder der Fahrt begegnen. Interessant ist unter anderem eine Art aufsteigende Komplexität der gezeigten Häuser; sie beschreibt nachvollziehbar, wie sich das Bauen, Wohnen und Nutzen der Häuser verändert, verbessert hat. Belegt aber andererseits auch eindrucksvoll das "verwinkelte Denken" der Bergischen, das sich in geradezu puzzlehaften An- und Umbauten der Häuser oft niedergeschlagen hat. So gesehen ist das Bergische Fachwerkhaus eine Art frühes Systemhaus mit flexiblen Eigenschaften.

 

Born-Verlag, Wuppertal, 1987

Es erinnert ein wenig an das Strichspiel "Haus vom Nicolaus", das einfache kastenförmige Bergische Normalhaus. Vor allem die simple Raumaufteilung passt sich dem stabilen, aber eben auch nur beschränkt spielerisch einzusetzenden Baustoff Massivbalken an.

   

 

Viele alte Fachwerkhäuser wurden unter Schiefer- oder Kunststoffplatten "versteckt". Der Wetterschutz des ursprünglichen gekälkten, in jüngerer Zeit mit Kunststofffarben bemalten Hauswände ist nicht extrem hoch, so dass Blendfassaben zur Isolation und als Schutz durchaus sinnvoll erscheinen - vor allem, wenn Fenster, Türen und andere Elemente um- und neugestaltet werden sollen. Dass sie dabei ihren optischen Charakter vollständig verlieren, ist bedauerlich, aber für die Nutzer und Besitzer dann eher noch das kleinere Übel. Hier ein Beispiel aus der Kohlfurt.

 

 

Ineinander verschachtelt, an- und umgebaut. So präsentieren sich - auch heute noch - viele Hausensemble in den verbliebenen Hofschaften. Das Haus wurde dem Bedarf der Familien, der Berufe oder den Ansprüchen angepasst. Wer ein solches Haus heute sanieren will, muss mit wesentlich mehr Kosten rechnen als ein adäquater Neubau verursacht, wenn er nicht selbst in der Lage ist, erhebliche Bauleistungen zu erbringen. Und die Enge des Raumes, die Niedrigkeit der Stockwerksdecken ist nicht immer zu beseitigen, wenn auch im Inneren noch Balken stehen bleiben sollen. Der Baustoff, relativ weiches Holz, zwang ganz einfach dazu, nur bescheiden lange Tragbalken einzusetzen, die im Laufe der Jahre, oft Jahrhunderte, dennoch die oft bedrohlich aussehende und charakteristische Verbiegung bekommen haben. Das Füllmaterial, Stroh und Lehm (manche behaupten, darin gehöre auch Kuhmist), konnte jeweils "nachgemauert" werden.

 

 

Zier der Häuser waren und sind die Bergischen Haustüren. Kunstvoll geschnitzt, aufwändig in der figuralen Konstruktion, liebevoll gepflegt und in manchen heutigen Häusern bereits Jahrhunderte alt. Aus dem obigen Buch hier einige skizzierte Beispiele, wobei das linke mit dem Anker (für St. Clemens) besonders "solingerisch" ist. Statt der gekreuzten Schwerter finden sich Pfeile, das Haus ist ein Försterhaus!

 

Die Optik der typischen Bergischen, typischen Solinger Fachwerkhäuser ist noch heute in allen Stadtteilen, natürlich vor allem in den immer noch zahlreichen Hofschaften der Stadtperipherie zu sehen. Liebevoll und behutsam gepflegt, nur schonend und stilverträglich modernisiert; eine wirklich wahre Augenweide.

Bilder aus 2003 und 2004, aufgenommen in verschiedenen Ortschaften Solingens.

 

 

 

 

alle nachfolgenden Fotos: hgw