Historie

Die heutige "Stadt Solingen" existiert keine hundert Jahre. Zuvor waren es zahlreiche Ortschaften im Herzogtum Berg, die dem historischen "Gebiet Solingen" zuzurechnen sind. Viele politischen und wirtschaftlichen Beziehungen von damals gehen über heutige Stadt- oder Landkreisgrenzen hinaus.

 

 

 

Man kann die Solinger Geschichte, sehr grob gesehen, in 5 Epochen einteilen:

bis zum Beginn des Mittelalters: einzelne Siedlungen oder Höfe germanischer Stämme nach jeweiliger Lage (Bach, Fluss, Mulde, Berg) und dazugehöriger Lebensweise (Bauer, Handwerk); auch vereinzelte Kirchengründungen und Klöster; Entstehen erster Rittergüter

Mittelalter: Herrschaft der Grafen von Berg und damit das Bergische Land als erkennbare politische Einheit und Größe; Einflüsse von Kurie und Klöstern

Ab 16. Jahrundert: Solingen und die anderen Gemeinden sind Spielball der sehr wechselvollen deutschen Geschichte und leiden vor allem unter den zahlreichen Kriegen, werden oft besetzt, verkauft, geplündert; die "üblichen Katastrophen" wie Brände und Seuchen kommen hinzu; dennoch entwickelt sich um diese Zeit eine immer stärker werdende Stahlwarenindustrie (Schwerter, Messer, Scheren usw.) und dazugehörige Zünfte

ab dem 19 Jahrhundert: als preußische Stadt werden die unter napoleonischer Besetzung eingeleiteten formalen Regulierungen fortgesetzt und die heute noch existenten Gemeindestrukturen im Bergischen Land etablieren sich; wirtschaftlich eine höchst spannungsreiche Geschichte mit vielen Neuanfängen und harten, oft blutigen Verteilungs- oder Privilegien-Kämpfen; der Landkreis Solingen zählt mit zu den Keimzellen der Gewerkschaften; es entwickelt sich eine prosperierende Eisen- und Stahlindustrie, die sowohl historische Produktionen weiterführt wie auch Industrie signifikante und weit reichende Neuerungen schafft

seit ca 100 Jahren: Entwicklung der Stadt zu einer "Industriestadt im Grünen", wobei es wiederum gravierende Strukturveränderungen (Zusammenbruch der Metallindustrie; Aufbau von Sekundärindustrien) gibt und wegen der räumlichen "Eingeklemmtheit" zwischen andere virulenten Städten und Metropolen die Ambivalenz von Eingebundensein und Isoliertheit bleibt. Rein emotional haben die meisten "Solinger" immer noch den Drang zum "Hofschaftsdenken" und fühlen sich gerne dem Wohnquartier verbunden, während Solingen als Gesamtstadt eher die "Fremde" ist; in letzter Zeit industriell und im Handel interessante Impulse und Veränderungen, wenngleich das Neue nicht immer den Verfall kompensieren kann. Aber insgesamt bleibt die Stadt lebendig, während die Stadtkasse dramatisch leer ist. Fast alle bisherigen öffentlichen Förderungen brechen in sich zusammen. Jetzt rächen sich die Fehler der Politik, die nach dem 2. Weltkrieg alle Kalkulationen der Finanzierung auf Zuwachs aufgebaut hat, der nun ausbleibt.

 

Über die Geschichte Solingens sind viele Geschichten geschrieben worden. Leider gibt es heute kaum noch Persönlichkeiten oder Institutionen, die Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung systematisch betreiben, unterstützen, fördern und vor allem die Daten und Zahlen auf zeitgemäße Art und Weise der Öffentlichkeit zugänglich machen. Etliche Vereine, allen voran der Bergische Geschichtsverein, halten natürlich die Tradition aufrecht, Geschichte "bürgernah" zu vermitteln, doch die Dokumentationen aus diesem Bereich sind nicht gerade internet-like. Das Stadtarchiv steht jedem offen, aber ob man darin wirklich das findet, was man wünscht, ist erstens fraglich und sicherlich nicht ein typischer Anlaufpunkt für "Otto Normalverbraucher". Die gelegentlichen historischen Seiten in den beiden Solinger Morgenzeitungen sind da noch der beste und vor allem ausdauernsten Mediatoren für Erinnerungen und Staunenswertes. Denn der Faktor des Banalen ist natürlich für diejenigen, die sich in Museen und Sammlungen wissenschaftlich und professionell um Dokumentation und Forschung zu kümmern haben und dies tun wollen, nicht gerade eine Zielsetzung. Und so bleibt die Hoffnung, dass das Internet - dank Google - immer mehr auch ein Geschichtsbuch wird, in dem die kuriosesten und interessantes Fakten oder Daten zugleich zu finden sind. Es sei jedem empfohlen, es einmal mit einigen kombinierten Suchbegriffen zu tun. Man kommt "vom Hönksken op et Stöckchen" und erfährt mehr über Solingen, als man ahnt.

 

Anmerkung zur Schreibweise des Namens Solingen:

SOLINGEN
SOLINGIN
SOLAGON
SOLENGEN
SOULINGEN
SOLIGEN
SOLINGHE
SOLINGHEN
SOLONCHON
SOILEGGEN
SOLYNGEN
SOELYNGEN
SALINGIN
SALINGEN
SALINGIACUM (Johannes Soter, Drucker und Papiermacher)
SOHLINGEN
SOLIG
 

Sol, Sohl, Suhl könnte auf Eisenerz hinweisen.
Aber auch auf Sol, Sohl in der Ackerwirtschaft als Solgut (Ackergut) bzw Steuereinteilung nach Sohlen:
Andere Auffassungen wollen es als Suhle interpretieren.

-ingen wird als sigambrisch-fränkisch angesehen.

 

 

Anmerkung für Historiker mit speziellen Kenntnissen über Solingen: Mehrfach wurde mir gesagt, einige (auch hier wiedergegebene) Geschichtszahlen seien zweifelhaft, in der Literatur aber durchgängig "falsch verwendet", weil Autoren so manche Zahl und manchen Fakt auch nur "voneinander abschreiben". Da ich kein Historiker bin und mir weder die Zeit noch das Material zur Verfügung steht, um alles zu prüfen, bitte ich um Nachsicht, wenn auch ich auf den einen oder anderen Fehler hereingefallen bin, indem ich aus inzwischen mehreren Dutzend Veröffentlichungen jeweils die mir interessant erscheinenden Jahreszahlen "herausgepickt" habe. Dennoch ist diese Liste hier inzwischen wohl die vollständigste im Internet und mit einem gewissen Amusement habe ich festgestellt, wie oft sie inzwischen kopiert und woanders verwendet wurde. Kundige bleiben dennoch intensiv gebeten und aufgefordert, mir gerne "grobe Schnitzer" zu melden, wenn sie die richtige Zahl haben. Aber für den normalen Leser und Nutzer dieser Chronologie darf die beruhigende Zusicherung gelten: die Fehlerquote würde noch allemal ausreichen, um das Abitur zu bestehen ... :-)

 

 

Otto Bauermann, Zeittafel zur Geschichte der Stadt Solingen 965-1950;
Verlag A. Martini & Grüttefien GmbH, Buchdruckerei und Verlag, Wuppertal, 1953

Dieses Buch hat sich als ein wonniger Quell vieler "kurioser" Daten erwiesen, das die Solinger Geschichte in vielen Facetten lebendiger und interessanter erscheinen lässt, wie ich meine. Der Autor hat ein Kleinod zusammengetragen, das jedem zu lesen empfohlen wird, der sich für diese Stadt interessiert.

 

 

Diese Karte zeigt Besitz und Rechte der Berger bis 1400. Sie macht klar, dass Solingen (roter Punkt) oder Burg (gelber Kreis) keineswegs der geographische Mittelpunkt des Bergischen Landes waren, sondern sich die Herrschaft der Berger eher an und um die Dhünn gruppierte. Im Gegensatz steht die heutige Landschaftsbezeichnung Bergisches Land, die sich in nordost-südwestlicher Richtung in etwa von Düsseldorf/Velbert bis Gummersbach/Wiehl zieht. Der Bereich der Dhünn wird mehr in ihrem Ober- und Mittellauf einbezogen.

Aus: Bergische Forschungen, Band XVI "Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahr 1225" von Thomas R. Kraus, Druck und Verlag Ph. C. W. Schmidt, Neustadt an der Aisch, 1981; Markierung: hgw

 

 

Die Daten stammen aus verschiedenen Quellen, viele davon aus einem liebevoll zusammengetragenen Band aus dem Jahre 1922, Autor Max Schmidt, verlegt im Schwert Verlag, Solingen, gedruckt bei J. H. Born, Elberfeld

 

 

Zu manchen Jahreszahlen führte auch dieses Buch aus jüngster Zeit von Herbert Weber. Einem unermüdlichen Chronisten und Archivar, im besten Sinne "Geschichtenerzähler" und liebevollem Kenner seiner Heimat. Mit schier unglaublichem Fleiß und Akribie hat er über Jahrzehnte "Stories" und Fakten über Solingens Geschichte zusammengetragen und vieles davon im Solinger Tageblatt sowie in Büchern veröffentlicht.

Er ist, so meine persönliche Meinung, vielleicht derjenige, dem wir am meisten das öffentliche Bewusstsein über Solinger Geschichte verdanken, weil er über lange Zeit geduldig und vielfältig im Solinger Tageblatt interessante Details berichtet hat.
Er mag sich vielleicht hier an seinem früheren Arbeitsplatz, Korrektor "bei Bolls Blättchen", erkennen (vorne rechts) und in einer Zeichnung aus den Büchern der Hangkgeschmedden.