Gut zum Druck

Was kirchenoffiziell «imprimatur» heißt, drückt man ganz bürgerlich mit «gut zum Druck», GzD, aus. Oder mit «Druckfreigabe».

 

 

Hier die für eine Bildschirmauflösung von 1280 x 960 Pixel simulierte Originalgröße eines Druckes, der einst bei der Druckerei Kimmel durchgeführt wurde. In der Mitte steht ein Text. Können Sie den lesen?

Originalgröße des Textblocks: 3,5 x 2,5 Millimeter

Man mag, zumal als Gutenbergianer, ganz einfach Grenzen. Schon, um sie zu überwinden. Möglich zu machen, was eigentlich gar nicht geht, war schon immer die Lieblingsbeschäftigung der Schwarzjünger.

Logischerweise nicht. Er ist jedoch durchaus lesbar, unter einer extrem starken Lupe bzw. fast schon mikroskopischen Vergrößerung und somit ein echter Vorläufer heute sich durchsetzender Kryptologie.

 

Dabei ist der Text nur die Hälfte der realen Wahrheit. Bei der zweiten Wiederholung des Ave Maria (4. Kleinzeile) steht SANCTA, eine Form, die sich eingeschlichen hat (vor allem in der gesungenen Form) Ursprünglich hießt es AVE ("sei gegrüßt", nicht "heilige"). Ja, so sind sie eben, die Jünger Gutenbergs, wenn sie nichts zu meckern haben, sind sie nicht froh.

 

Nicht, dass der Scan so schlecht wäre, sondern die Korngröße des Reprofilms bzw. des Belichters und vor allem aber auch die Korngröße der Druckplatte selbst (die oft auch von Fachleuten in ihrer Feinheit bei weitem überschätzt wird) führt hier zu Verzerrungen. Aber, das kleine bis große Latinum vorausgesetzt, man kann den Text tatsächlich lesen:

Ave Maria,
gratia plena. Dominus tecum,
benedicta tu in mulieribus
et benedictus fructus ventris
tui Iesus. Sancta Maria, Mater
Dei, ora pro nobis peccatoribus,
nunc et in hora mortis nostrae.
Amen.

 

Druckerei Fr. Knoche, Solingen-Wald

 

Ach ja. Auch mal ein halbes Jahr dort gearbeitet. Zwischen Gehilfenprüfung und Aufnahme des Studiums.

Gefühlslage der damaligen Zeit. Die Drucknorm zeigt das Druckdatum, Juli 1948 und die erstaunliche Auflage von 10.000.

 

 

Oskar Wöhrle (1890-1946):

Stammt aus St. Louis im Elsaß. Sein wechselvolles Leben umfasst jugendliches Vagabundentum, Flucht aus der Fremdenlegion, Teilnahme am 1. Weltkrieg, später Arbeiter- und Soldatenrat, Aufbau eines (linken) Verlags in der Anfangszeit der Weimarer Republik in Konstanz, Exilzeit in Prag und schließlich Rückkehr nach Deutschland und Mitarbeit in der elsaß-lothringischen Kulturpolitik der Besatzer. Seine Existenz spiegelt damit die krisenreiche und verhängnisvolle politische Entwicklung in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. Wöhrles Laufbahn ist beispielhaft für so manchen Zickzackkurs deutscher Intellektueller.

 

Vielleicht sieht es heute fast schon lächerlich aus, und doch ist es nichts anderes, als auch hypermodernste elektronische Bildsprache macht: Dem Inhalt wird durch gefühlsbetontes Beiwerk eine unterschwellige Botschaft mitgegeben. Mit dem gleichen "Trick", nur weit überladener, arbeiten auch die Musik-Clips auf MTV.

 

 

 

Etwas, was jedem modernen Computer innewohnt und 99,99 % aller Computerbenutzer nicht beherrschen: der optische Ausgleich von Buchstaben-, Wort- und Zeilenabstand; dies war, was früher (und heute) professionelles Setzen von der Hilflosigkeit der meisten Menschen weißen Bildschirmseiten gegenüber unterscheidet.

Verfasser und Drucker unbekannt; Buchdruck, ca. 1850

 

Geburtstagsgruß und -wunsch

Solche Vignetten-bereicherten "Bildchen" waren in der Vergangenheit häufig, in Bayern sind sie noch heute als Heiligenbildchen in Gebrauch.

Ein Zubrot für Druckereien, die solche oft liebevoll gestalteten Werke gewissermaßen "nebenbei" in arbeitsschwachen Zeiten herstellen und auf Lager halten oder über diverse Wege vertreiben konnten. Für Setzer oft eine lustvolle Spielwiese für typografische Details oder, je nach Begabung, gestalterischen Kitsch.

   

Das Druckerwappen, der Greif mit dem Tampon (mit diesem färbte man die flachliegende Druckform ein).

 

 

in: 175 Jahre MGV Wupperhof, 1987

Vergleich und Muster internationaler Plakat-Typographie in der Zeit des Jugendstils, der Secession und des Bauhaus.