Soter. Schwarze und weiße Kunst.

Paul Jagenberg gab vor rund 60 Jahren ein kleines Büchlein über die Geschichte des nach Solingen gezogenen Papiermachers, Buchdruckes und Verlegers Soter und die die Familiengeschichte heraus. Sein Urgroßvater, johann Ferd. Wilh. Jagenberg, hatte 1826 die Papiermühle gekauft und weiterbetrieben. Er recherchierte und notierte viele historische Details. Das Papier, auf dem es gedruckt ist, wurde in der ältestes Papiermühle des Bergischen Landes hergestellt.

 

Johannes Soter
Vorrede zu "Fünf Bücher über die Medizin" von Pedacius Dioscorides Anazarbeus
Köln, 1529:

Gesundheit ist das höchste Gut.
Im Leben gibt es Bessres nicht.

 

 

 

Chronik über Soter: Privatdruck

 

Soter
  Papiermacher
  Drucker
  Verleger
 

  • Es besteht Anlass zur Vermutung, bereits um 1500 sei eine Papiermühle existent gewesen, möglicherweise gegründet von Mönchen des (oft "moderner" als der damalige Macht-Klerus denkend) Zisterzienserklosters Altenberg - ein Schlupfwinkel für geistige Aufsässigkeit gewissermaßen - wie später auch !

  • Die meisten Bücher, die Soter in Solingen druckt, sind lateinischen, griechischen oder arabischen Inhalts und insofern "Geistenliteratur" bzw. "Wissenschaftsliteratur".

  • 1517 lernst Johannes Hey aus Bensheim in Köln bei seinem Onkel, dem Stifts-Propst von St. Georg, Johannes Potken aus Schwerte (Westf.) äthiopisch. Dieser war Multi-Sprachtalent und von dieser Sprache, die er in Rom kennen gelernt hatte, angetan.

  • Johannes Heyl hatte bereits etliche Studien in humanistischer Bildung betrieben, auch er beherrsche Latein, Griechisch, Hebräisch meisterhaft. Der damaligen Sitte der Humanisten folgend, übersetzte er seinen Namen (Heyl, Heil) ins Griechische ("graecisierte" ihn): Soter.

  • Sein Motto wird ein Wort aus dem Buch Salomonis (12, 18): "Das Wort des Weisen hat heilende Kraft".

  • 1517 schreibt er sich in der Kölner Universität auch für das Medizinstudium ein.

  • "Adiutorem in his habui Johannem Soterum alias Heyl, affinem meum carissimum haram quattuor linguarum studiosum", "Mein Mitarbeiter bei diesem Buche war Johannes Soter alias Heyl, mein sehr geliebter Verwandter, der sich des Studiums dieser vier Sprache befleißigt" schreibt Potken als Vorwort in einem Psalmenbuch, das die vier Sprachen griechisch, lateinisch, hebräisch und äthiopisch vereint.

  • Johannes Soter beginnt nun selbst zu schreiben - und kommt mit der Druckkunst in Berührung.

 

 

Das Soterhaus, Stammhaus der Solinger Papiermühle, die links noch als Fabrikgebäude zu erkennen ist.

Foto aus dem Privatdruck

 

 

Das Pentagramm. Druckersymbol (Logo, Markenzeichen) von Johannes Soter, der seinen bürgerlichen Namen Heyl gemäß damaligem humanistischem Ideal ins Griechische übersetzte und von seinem Heil-Sendungs-Bewusstsein überzeugt war.

Foto: Mich. Tettinger

 

Das Areal der Papiermühle um 1920, das Soterhaus (mit dem hellen Giebel Bildmitte unten) wurde im 2. Weltkrieg beschädigt und nie wieder aufgebaut.

Heinz Risse: Solingen so wie es war, Droste-Verlag, 1975

 

 

Papier. Die weiße Kunst.

Sieht manchem aus wie Müll. Wird wie Umweltsünde behandelt.

Ist so vielfältig, nützlich und unverzichtbar wie kaum ein anderer Stoff, kein anderes Material.

Und ist vor allem die Basis der Kultur, Technik, Freiheit, Geistesweite, in, der und mit wir heute leben.

Bedrucktes Papier ist die Wurzel unserer modernen Gesellschaft und der gesamten Weltordung.


Ohne Papier, ohne bedrucktes Papier, hätte die Weltgeschichte einen völlig anderen Verlauf genommen.

 

  • 1519 hat Soter wohl seine eigene Druckerei in Köln, in der er eigene und/oder Werke aus dem Umfeld des Klerus verlegt und druckt - vor allem eben fremdsprachige

  • Köln war zu dieser Zeit durchaus schon "Druckerstadt", gut 80 Jahre nach der Erfindung Gutenbergs der beweglichen Lettern hatten sich längst etliche, auch größere, Druckereien gegründet. Die Drucker waren in einer strengen und extrem selbstbewussten Zunftordnung organisiert, die noch bis 1980 Auswirkungen hatte (z. B. Ausbildungsprivilegien).

  • Soter arbeitete mit vielen, vor allem den guten Xylographen (Holzschneider, Illustratoren) zusammen; ein später in Solingen verlegtes Buch, das astronomische Werk von Hyginus, hatte den möglicherweise reichsten Bildschmuck zur damaligen Zeit überhaupt.

  • Der Holzschneider Woensam entwickelte Soter ein "Logo", wir wir heute sagen würden, ein Wortzeichen: das Pentagramm mit den Worten "symbolum sanitatis", Symbol des Heilens (Heyl, Soter). Außerdem werden in manchen Wiedergaben griechische und andere Worte "magisch" eingearbeitet, so z. B. Υγιεία, Gesundheit.

  • In Köln druckt Soter um die 75 Bücher, auch viele geschichtlichen und politischen (Geschichte der Vandalen und Sachsen, "Vandalia" und "Saxonia", "Das Leben und die Taten Karls des Großen" von Einhadt, 1512); dann aber auch wieder wertvolle und reich ausgestattete Psalterbücher. Und Werke berühmter Zeitgenossen, Erasmus beispielsweise "Enchiridion milits chistiani", das "Handbüchlein des christlichen Streiters". Auch verlegt er "Klassiker", Horaz, Cicero, Plinius, Macrobius, Quintilian. Und medizinische Literatur, in der er auch selbst Vorworte schreibt.

  • Soter druckt auch ein Sendschreiben des Bergischen Reformators, Adolf Clarenbach, der auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.

  • Inquisition (also der mörderisch-menschenverachende kirchen-interne Machtkamp über "modernes Denken") sowie die aufkeimenden Dispute über die Reformation, ange"zettelt" (im Sinne des Wortes durch den legendären, angeblich 31.10.1517 stattgefundenen, jedoch nie bewiesenen Thesenanschlag Luthers an der Stadtkirche zu Wittenberge an der Elbe) toben auch in Köln; Drucker werden durch Herausgabe von Werken des einen oder anderen Gelehrten, Kirchenmannes oder klerikalen Politikers bzw. politischen Klerikalen zwangszweise "reingezogen".

  • Soter wohnt und arbeitet seit 1524 in der Glockengasse zu Köln, er kauft dieses Haus.

Im 4. Jahrtausend v. Chr. erfanden Ägypter Papyrus, das ersten von Menschen hergestellte beschreibbare Material.
Um 100 n. Chr. beschrieb ein kaiserlicher Hofbeamter, Tsai-Lun, das Papiermachen in China (ob er Erfinder oder Chronist ist, wissen wir nicht; in jedem Fall gab es ältere Papierarten). Auch heute gibt es in Asien noch die Papiermachkunst mit mancherlei Pflanzenstoffen.
Auch die Mayas wussten - vor 2.000 Jahren und früher - Papier herzustellen.
Seit 700 n. Chr. breitet sich das Wissen über Papiermachen über Asien, Arabien, später Europa aus.
1312 wird die erste Papiermühle in Deutschland (bei Ravensburg) gegründet. .
Alternativen zum Papier als Schreib- und Bedruckmaterial ist Pergament, gegerbte Tierhaut.
Wasser ist elementarer Bestandteil der Papiermacherei. Und Lumpen sowie Holzschliff. Dazu (heute) Leim und schon immer Farbe.
Moderne Designerpapiere haben Zugaben aus anderen organischen oder nichtorganischen Stoffen - von Geldscheinschnipseln über Jeansstoffe bis Wiesenblumen.

Soter Papierzeichen

 

 

 

 

 

 

 

 

Heinz Rosenthal: Geschichte einer Stadt; Solingen
Walter Braun Verlag, Duisburg, 1973

Es wäre die Sensation des Jahrtausends, wenn diese Jahreszahl richtig wäre. So aber ist sie ein Druckfehler. Gutenberg ist wieder höchst persönlich aus dem Grabe aufgestanden und hat für die Druckvignette des ersten Solinger Druckers den Druckfehlerteufel geschickt - kein Wunder, wo dieser, der erste Solinger Drucker, vor allem fromme Werke druckte ... ach ja, diese Schwarzkünstler.

 

 

1537 ist die richtige Zahl.

 

 

aus: Solingen  und sein Industriebezirk, 1922

Drucken. Die Schwarze Kunst.

Die ersten "Drucker" waren wahre Universalisten: Schriften  entwarfen sie oft selbst, in den meisten Fällen aber gossen sie Lettern selbst.

 Sie druckten und banden die Bücher in der eignen Werkstatt. Papiermachen war oft "Nebenzweig".

So gut wie alle waren Verleger, mache auch Autoren (heute lästern wir über Do-It-Yourself-Publishing mittels DTP, damals war es genau so, nur die Technik unhandlicher).

Die allermeisten Drucker waren sehr gebildete Menschen, da sie mit fremden Sprachen (Buchinhalte) umgehen musssten.

Viele Druckereien hatten auch "grafische Ateliers" mit Kupferstechern oder Holzschneidern.

Ca 400 Jahr blieb die Technik des manuellen Buchdrucks fast unverändert, bis "Schnellpressen" erfunden wurden, die anstatt einige Dutzend einige hundert oder sogar tausende Drucke pro Stunde fertigen konnten. Später auch rotativ, danach von Papierrrollen statt nur auf Bögen.

Erst um 1960 begann der Offsetdruck - ein anderes Verfahren als der bis dato dominante Hochdruck - obwohl schon gut 100 Jahre alt, die Welt der grafischen Industrie zu revolutionieren und den heutigen Qualitätsstandard zu legen. In Verein mit einer elektronischen, dann digitalen Bildverarbeitung.

Um 1985 veränderte die sogenannte DTP-Revolution (Desktop Publishing), Satz und Repro auf Basis von "Normalcomputern", die gesamte bis dahin geschlossene grafische Industrie.

Zur Zeit erlebt sie die schlimmste Existenzkrise seit ihrem bestehen. Es gibt Anlass zur Annahme, dass in wenigen Jahrzehnten die Druckindustrie sich erheblich reduziert haben wird.

  • 1536 siedelt sich Johannes Hey, Soter, in Solingen an, dem Ort, der später ganz allgemein "Papiermühle" heißen wird.

  • Möglicherweise waren Hof/Haus Besitz seiner Frau Adelheid, die definitiv aus Solingen stammt. Die Liegenschaft geht jedenfalls in den Familienbesitz Johannes Soters über.

  • Möglich ist, dass Adelheid aus einer Papiermacherfamilie stammt, die bereits in der Papiermühle tätg war und für Soter in Köln Papier lieferte. Ach, wie romantisch !

  • Ab 1537 gibt es in der Papiermühle auch eine Druckerei, die erste Solingen. Die damals übliche Jahrzahl- und Ortsangabe lautet: "Salingiaci, apud Molam Chartaceam, cis Viperam", zu Solingen, bei der Papiermühle, an der Wupper.

  • Der Grund für die Übersiedlung (ein Mann, der fest in das aktive Leben Kölns eingebunden ist, siedelt nicht ohne Grund in einem geradezu unauffindbaren Winkel zwischen steilen Wupperklippen) hat der Jesuit Hartzheim Mitte des 18. Jahrhunderts fein umschrieben: "Dieser Johannes Soter hatte zu Solingen ind er Grafschaft Berg eine Druckerei, in der viele Bücher erscheinen, die das Licht der Kölner Kirche und Universtität nicht ertragen konnten." Mit anderen Worten: Soter war Emigrant - weil "Oppositioneller" nach seinerzeitiger Amtsmeinung. Und das passt gut zu  Solingen.

  • 1487 erlässt Papst Sixtus IV eine Verlrdnung, nach dem die Universität als Zensurbehörde eingesetzt wird ("imprimatur", es werde gedruckt). Drucker standen also stets unter Zensur. 1523 wurde der Rat der Stadt Köln Zensurbehörde. Es liegt nahe, dass humanistischer Geist mit solchen Gängelungen zu kämpfen hatte. Von Solingen aus kann Soter infiltrieren - es ist ja für Köln "Feindesland"; Sibirien, wie Bundeskanzler und Kölner Alt-OB Adenauer um 1950 aus Überzeugung bemerkt.

  • Etliche andere Drucker verlassen ebenfalls Köln und siedeln in anderen Städten; der Kölsche Klüngel ist also nicht neu, sondern jahrhundert erprobt.

  • In Solingen verlegt und druck Soter ca. 30 Bücher in der Zeit von 1537 bis 1543, Schwerpunkt 38+39, vorwiegend humanistische Werke und deshalb viele, die klassisches Gedankengut aufgreifen, dokumentieren und interpretieren. Ebenbso Reprints antiker medizinischer Schriften (Aurelius Cornelius Celsus: de re medica 1537, Quintus Serenus Sammomeus: de medicina 1838, Briefe des griechischen Arztes Hippocrates 1539). Auch Homers Ilias wie die Odyssee 1540.

  • Krönung der Druckkunst ist das Poeticon Astronomiocon, "das Buch der poetischen Astronomie" von C. Julius Hyginus, reich illustriert aus der Werkstadt des Anton Woensam in Köln.

  • Ab 1540 werden Auftragswerke für die Bergischen Herzöge gedruckt.

  • Wahrscheinlich stirbt Johannes Soter 1541.

  • Sein Sohn Melchior verlegt die Druckerei 1543 nach Dortmund, 1551 siedelt er mit der Druckerei ins Familienhaus in Köln zurück.

  • Dessen Sohn Jakob führt die Druckerei bis um 1565 weiter. Ludwig Alectorius kaufte dann die Druckerei.

  • Die Solinger Papiermühle verblieb im Familienbesitz - über viele Generationen hinweg - 270 Jahre lang. Etliche Papiere wurden auch später als Wasserzeichen mit dem Pentagramm versehen. Nach dem Tod des Vaters hatte Johannes Soter jr. die Fabrikation übernommen.

  • Haupterzeugnisse waren Schreibpapiere, schon 1544 schrieb die Düsseldorfer Hofkanzlei darauf

  • 1804 starb der letzte Erbe mit dem Namen Soter, Johann Goddfried Soder (Familienname Soter, Soeter, Soeder, Soder geschrieben); Verwandtschaft übernahm die Papiermühle.

  • 1826 wurde sie an die Familie Jagenberg verkauft. Johann Ferdinand Wilhelm Jagenberg, ein Kaufmann aus dem Bergischen Land, kaufte sie.

  • Jagenberg war mit seinen Enkeln, von Wuppertal kommend, längs der Hasseldelle zur Papiermühle gewandert, um dort zu fischen und zu krebsen. Beiläufig erzählte ihm ein Bediensteter der Papiermühle, sie stehe zum Verkauf. Zurück - auf Höhe Hasseldelle - stand für Jagenberg der Beschluss fest ...

  • Mit vier kleinen Holländern (das sind nicht die Leute aus dem Nachbarland, sondern Mahlmaschinen für Lumpen !) und zwei Bütten schöpfte man etwa 9.000 Ries Packpapier und 900 Zentner Pappe jährlich.

  • Die Familie Jagenberg kaufte weitere Papierfabriken hinzu; von diesem Mini-Imperium blieb nichts im Familienbesitz.

  • Lange Zeit war die Solinger die einzige bergische Papiermühle; die größte jedoch wurde die Gohrsmühle, später Fa. Zanders, jetzt im Besitz des Welt-Papierkonzerns m-real in Bergisch-Gladbach.

Die beweglichen Lettern, die die explosionsartige Vermehrung des Druckens (von Holzstöcken gab es das in Europa schon lange) auslöste, wurde um 1440 von Johannes Gutenberg erfunden.
Die ersten Anwendungen der Druckkunst lösten das bis dato übliche Abschreiben von Bibeln oder geistigen Texten ab.
Erst nach und nach wurden neue Werke gedruckt. Dann aber mit um so heftigerem Effekt: Drucksachen lösten Revolutionen aus. Die Reformation der Kirche (Luther) ist nur eine davon.
Die neue Freiheit des Druckens unterstützte die neue Freiheit des Denkens (Renaissance) gewaltig: das mittelalterliche Weltbild, zusammengepuzzelt von inzesten Hirnen machtgeiler klerikaler Priester-Politiker, gipfelnd in de Inquisition, brach zusammen. Es begann "Bildung", Aufklärung. Aus den ersten - noch nicht so benannten - Wissenschaften entwickelten sich Studien- und Wissenszweige, die ihr Wissen so gut wie ausschließlich in Büchern (und ähnlichen Druckwerken) festhielten und damit Grundlage für weiteres Forschen waren.
Anfang des 17. Jahrhunderts entwickelten sich Zeitungen - und mit ihnen (und allem, was an verlegerischen Werken kamen) eine neue politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung.
Werbung beruht in erster Linie auf Drucken. Insofern ist Drucken noch heute "Konjunkturmacher".

Ein Soter-Druckwerk aus Kölner Tagen, 1531, mit verschiedenen Psaltern. Ein interessantes typografisches Detail: in der oberen linken Ecke benutzt Soter bereits das Aldusblatt, ein vom berühmten Schriftschneider und Drucker Aldus Manutius (*1448, bei Rom, venedische Druckerfamilie). Das Logo wird später im Zapf-Dingbats-Font weltbekannt und vom besten deutschen Typografieverlag ebenfalls benutzt.

 

 

 

 

 

Druck 1549 aus der Werkstatt des Sohnes Melchior Soter, der die Druckerei nach Dortmund verlegte.

 

 

 

Der klassische Buchdruck des 17. Jahrhunderts - hier ein Beispiel aus einer Kölner Druckerei, also dem Umfeld Soters - zeigt Gestaltungs-Merkmale und Elemente, die auch heute noch ihre volle Gültigkeit haben und im Zeitalter des Computer-DTP geradezu Sehnsucht nach Qualität hervorrufen:
- ausgewogene Schriften
- harmonischer Zeilenabstand
- Leichtigkeit in der Strenge
- sauber eingehaltene Regeln
- zweckdienliche Typografie, die auf Effekthascherei verzichtet

 

Gedruckt wie geschrieben.
Geschrieben wie gedruckt.

Die hohe Kunst des Schriftschnitts war an ihrem Anfang, der Perfektion der  Handschrift gleichzukommen. Später, Mitte des 17. Jahrhunderts, wurde die Druckschrift das Maß aller (Buchstaben-) Dinge. Dass damals die Menschen aber "schreiben konnten wie gedruckt", nämlich Hand- und Druckschrift sehr ähnlich waren, zeugt sowohl von einem hohen Standard und Kultur des Schreibens wie des Druckens. Die kleinen Zeilen am Fuß sind geschrieben, der übrige Text ist gedruckt.

Das Durchscheinen der jeweiligen Rückseiten ist charakteristisches Merkmal für diese Art des früher verwendeten Papier und des Buchdrucks.

 

Ob man den Charakter damaliger Schriften und die Typografie heute erreichen kann, erscheint fraglich. Denn die heutigen Schriften sind viel zu gleichförmig, "industriell", glatt, um auch nur im Ansatz den perlenden Charakter von Handsatzschriften und die unaufdringliche "Schiefheit" von Buchdruckzeilen nachahmen zu können. Was aber als Vorbild dienen kann ist in jedem Fall die Mirkotypografie, d. h. die Art und Weise, wie man mit den Details des Gebrauchs von Schriften und ihrer Relation zueinander und dem Raum einer Druckseite umgehen kann.

(oberer Teil: Ausschnitt des Originals; unterer Teil: mit ganz normalen PC-Bordmitteln nachgesetzt - in Word mit der Schrift Palatino; Bild leicht bearbeitet, um Buchdruck-Charakter zu erzeugen.)