Kotten 3

Wenn alte Schleifer aus den Kotten erzählen, dann klingt das selten romantisch. Sondern nach Dreck, Umständlichkeit, Belastung, Gefahr. Die Arbeit war alles andere als die edler Helden. Sie war krankmachend - und eine seltsame Mischung von hoher Konzentration, Fingerfertigkeit und langweiliger Routine. Wer einen Beruf erlernte, übte ihn im Regelfall lebenslang aus - und leider währte dieses Leben oft nicht allzu lang. Mit 25, 40 auch berufs(kranheits)bedingt zu sterben war eher der Normalfall. Erst Schutz und Hygiene der letzten 100 Jahre haben diese Umstände drastisch verbessert.

 

 

 

Der Balkhauser Kotten, von dem heute nur noch der innere (linke) Teil in wiederaufgebauter Form steht. Am Schütt, dem Wehr des Obergrabens, wird die Menge Wasser reguliert, die das Rad treibt. Ein Schleifer regelt gerade nach.

 

 

 

Das Foto im Original.

Heinz Risse: Solingen so wie es war, Droste-Verlag, 1975

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Deutlich ist in der Vergrößerung auch das Doppelrad zu erkennen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Staatse Konden, ganze Kerle, diese Schlefer. Mißtrauisch beäugen sie jeden, der sich mit photographischen Apparaten der Heiligen Stätte nähert ... Oder sind es nur die Bodyguards?

 

 

Der Lechmigskotten zeigt, dass Wasserräder auch von kleineren Bächen bzw. relativ kleinen Wehren und Zuläufen gespeist werden können. Für kleine Messer, sozusagen ...
Der Kotten wurde lange Zeit als Holzschneiderei benutzt.

Auf 24 km Solinger Wupperlauf zählte man einst 24 Kotten, pro Kilometer einen. Solingens Kottologe Michael Tettinger hat allerdings zwei weitere hinzuzurechnen, nämlich welche, die zur damaligen Bestandsaufnahme schon verschwunden, verschollen waren.

 

Beim Eintritt in Solinger Gebiet fließt die Wupper auf rund 120 Meter Seehöhe. Manche Stauanlagen sind weniger, manche etwas mehr als einen Kilometer voneinandr entfernt. Entsprechen variiert - bei in etwa gleichmäßigem Gefälle der Wupper - die Stauhöhe und damit die Kraftleistung. Ganz exakt betrachtet hätten die Kotten ein wenig enger aneinander gebaut werden können. Nicht vergessen darf man jedoch, dass die Wupper im Wasserstand sehr schwanken kann. Vom dünnen Rinnsal in trockenen Sommern bis zur wüsten Überschwemmung nach anhaltendem Regen oder zur Schneeschmelze. Sie hat in den vergangenen Jahrhunderten so manches Mal Mann und Maus unter Wasser gesetzt.

 

Zur besseren Lesbarkeit die sehr klein gedruckten Angaben im Buch stark vergrößert und senkrecht gestellt. So erkennt man die dichte Folge im nach Westen fließenden Teil der Wupper (nach Burg). Erstaunlich ist, dass der Wipperkotten ein eher kleines Gefälle hat. Und der Heilerkotten eines der größten.

 

Man konnte nicht so einfach, mir nichts, Dir nichts, an der Wupper oder anderswo einen Kotten errichten. Dazu bedurfte es allerhöchster Genehmigung und es kostete richtig Geld. Auch waren, davon zeugen zahlreiche Urkunden, vor allem die der Gerichte, die Wasserrechte streng geregelt. Denn in der Tat konnte man wortwörtlich den Nachfolgenden das Wasser abgraben bzw. abstellen, indem man den eigenen "Teich" besser füllte und eine Zeit lang kein Wasser durch- und weiterfließen ließ. Was vor allem im Sommer bei Trockenheiten zu sehr ernsthaften wirtschaftlichen Problemen führte, wenn wochenlang nicht gearbeitet werden konnte. Im Winter war das Arbeiten durch Eisgang teilweise auch über Wochen nicht möglich - und Überschwemmungen bzw. Zerstörungen fast regelmäßig.

 

Echte Lewerfrauen 1928

Heinz Risse: Solingen so wie es war, Droste-Verlag, 1975

 

 

 

Für viele Kotten galt: My Home Is My Castle; Wohn- und Arbeitsräume, oft auch Scheunen oder Ställe für die Nebenerwerbs-Landwirtschaft, vielleicht auch der Anbau für die ältere Generation wuchsen zu kleinen Bastionen zusammen. Hier in einer Federzeichnung festgehalten von der Remscheider Malerin Erika Tesche-Feder.