Die aktuelle Berichterstattung Up
to date zu sein, wie wir es heute ausdrücken, ist kein Verlangen des
Fernseh- und Internet-Zeitalters. Auch die heute scheinbar betulich
erscheinenden Printmedien haben mit Sonderausgaben die Aktualität schon immer zu nutzen gewusst. Und zwar auf allen Ebenen, in
allen Belangen, in jedem Detail. Drucken ist zwar auch, ohne jede Frage,
eine Kulturleistung und ein Medium des Schöngeistigen. Es ist aber auch,
ebenfalls ohne jede Frage, ein Weg, um die vollkommen natürliche,
"angeborene", in keiner Art und Weise verdammungswürdige Sensationsgier
der Menschen zu befrieden. |
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Druck: B. Boll, Solingen |
Erhaben und ehrenvoll
ist es, für das Vaterland zu sterben. Da weiß man
ja, was man zu tun hat und den Angehörigen ist eine schwere Last genommen
- klingt das nun bis zur Grenze der Erträglichkeit zynisch oder etwa
absolut gewöhnlichen und "modern"? Letzteres! Denn so gut wie jeden Tag
erreichen uns Meldungen über Selbstmordattentäter im Konflikt
Israel-Palestina bzw. in ähnlichen dem moslemischen (und andernorts
christlichen) Fanatismus zuzurechnende Konfliktherde. Die
Selbstmörder, die möglichst viele andere mit in den Tod reißen, werden
verehrt und als Helden gefeiert. Das war in den Kriegen Deutschlands und
seiner Vorgängerstaaten so und das ist heute in den Guerillakriegen nicht
anders. Der willentliche Tod auf dem Schlachtfeld oder für eine im
eigenen Bewusstsein ehrenvolle Sache und Anschauung ist ein Phänomen, das
die Menschheit begleitet - um nicht zu sagen, kennzeichnet. |
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Im ersten Weltkrieg standen ca. 65 Mio Soldaten,
davon 13,2 Mio Deutsche, unter Waffen und 8,5 Mio starben. 21 Mio
Soldaten wurden verwundet, wahrscheinlich die meisten von ihnen mit
lebenslangen Folgen bis zur Invalidität. 7,8 Mio gerieten in
Gefangenschaft oder wurden vermisst.
Über die Zahl der zivilen Opfer gibt es keine
verlässliche Schätzungen, da indirekte Kriegsfolgen - Hunger und
Mangelernährung, mangelnde Hygiene, fehlende Gesundheitsversorgung und
viele andere Faktoren - nicht zu den Todesursachen in Folge
Kriegseinwirkungen zählen (sie es gleichwohl aber sind). |
Null Unterschied zwischen dem ersten Weltkrieg, in
dem sich die Deutschen anfangs als Sieger glaubten und dem Irak-Krieg,
der für die Amerikaner, so wollten es uns die Kriegstreiber Präsident
Bush und der Falke Donald Rumsfeld, "Verteidigungs"-MInister der USA,
weismachen ein müheloser Spaziergang wäre, da alle Iraker nur darauf
warten, von Saddam Hussein befreit zu werden. Und so brauchte man eben
Heroes, Helden, um zu beweisen, wie liebend gern der Untertan als solcher
sein Leben fürs Vaterland hergibt und Mut bis in den letzten Atemzug
beweist. Perversion ohne Ende. |
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Live und in Farbe
Stündlich, minütlich versorgt uns heute vor allem
das Fernsehen und das Internet mit dem Kriegszustand.
Live-Berichterstattung ist geradezu Pflicht. Die Versessenheit, zu jeder
Minute alles zu wissen, ist eine Manie.
Und was den Inhalt der Nachrichten angeht: da ist
natürlich die berichtende Nation stets der Sieger. Journalisten anderer
Staaten berichten übereinstimmend, so gelogen und betrogen wie in diesem
Irak-Krieg 2003 hätte bislang keine Regierung, die von sich behauptet,
demokratisch zu sein. Vasall CNN, inzwischen längst die wirksamste
Propagandamaschine der USA, jubelt gewissermaßen bei jedem Raketenabschuss
in den höchsten Tönen.
Und wo bleibt da, rein gestisch, der Unterschied
von Bush zu Sahhif?
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Einige Absurditäten aus dem Propagandakrieg und den vollmundigen
Verkündigungen
Die neuen "intelligenten" Waffensysteme ermöglichen eine
zielgerichtete Bombardierung mit einer Genauigkeit von bis zu zwei
Metern. Dumm nur, daß zehn Prozent der Bomben zielverwirrte Irrläufer
sind, so die US-Streitkräfte an anderer Stelle. Es kommt noch schlimmer,
mindestens fünf der 700 von US-Schiffen abgefeuerten Raketen trafen nicht
einmal den Irak, sondern schlugen im Iran, in der Türkei oder in
Saudi-Arabien ein.
Irakische Einheiten ergeben sich massenweise. Und das
schon am 21. März. Lt. Colonel Tim Collins gibt sich bereits siegessicher
und prophezeit: "Noch vier Tage, dann stehen wir in Bagdad!" Es sollte
dann doch noch etwas länger dauern. Am 23. März wird vorsorglich schon
mal vom britischen Verteidigungsminister Hoon verkündet, dass die
Alliierten schon am nächsten Tag Bagdad erreichen könnten. Ein wenig
voreilig. Erst die Meldungen am 2. April, die Soldaten stünden an einer
Front 80, an anderer 30 Kilometer vor der irakischen Hauptstadt, scheinen
zu stimmen. Der erwartete und immer wieder beschworene harte Widerstand
in mehreren Ringen um Bagdad hingegen scheint nicht mehr recht zu
funktionieren.
Die Halbinsel Fau, die Hafenstadt Umm Kasr und die
südliche Metropole Basra wurden im Verlauf den Krieges nahezu täglich als
von den Briten eingenommen und unter Kontrolle gebracht gemeldet. Fast
täglich musste dann auch zu begrenzten Rebellionen und massenhaftem
Widerstand Stellung genommen werden.
Peter Arnett, Reporter-"Held" des ersten Golfkriegs bei
CNN, wurde von seinem jüngsten Arbeitgeber NBC gefeuert. In einem
Interview mit einem arabischen Sender, meinte der Bagdad-Reporter, dass
die ursprüngliche US-Strategie zu einer schnellen Eroberung des Iraks
gescheitert sei. Auf Druck der US-Regierung entließ NBC den feigen
Verräter.
Was die ganze Propaganda nicht verhindern konnte,
dummerweise gerade weil die Militärs sich Journalisten als "embedded
Reporter" in die eigenen Reihen geholt haben, sind die Meldungen über die
eigenen - tödlichen - Fehler.
Zwei britische US-Hubschrauber stießen zusammen, sechs
britische, ein US-Soldat kommen ums Leben. Ein britisches Flugzeug wird
von einer US-Rakete abgeschossen, weil die Freund-Feind-Kennungen der
beiden Streitkräfte nicht korrekt aufeinander abgestimmt sind. Zwei
Soldaten sterben. Bis zu dreißig US-Soldaten sollen am 27. März Nahe
Nasirija durch eigenen Beschuß ums Leben gekommen sein, wie ITV meldet.
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Lügen-Ali Mohammed Al Sahhaf (irakischer
Informationsminister, auch "Baghdad Bob" genannt) war wohl noch der
Ehrlichste in diesem Krieg:
Am 24. März wird im irakischen Fernsehen ein Bauer
präsentiert, der mit einer alten Flinte einen US-Apache-Helikopter
abgeschossen haben soll. Wohl die absurdeste Propaganda-Lüge des
Irakischen Informationsministers.
Nach der Eroberung des Sadam International Airports am
3. April, die ohne großen Widerstand erfolgte, meldete der Irakische
Informationsminister Sajid el Sahhaf: "Die Söldner sind nicht in der Nähe
der Hauptstadt, der Kampf geht weiter. Wir werden ihnen die Lektion
erteilen, die sie verdient haben." Am nächsten Tag wird es noch
gruseliger: Mit der Einnahme des Flughafens seien die US-Soldaten in eine
Falle getappt, sie seien vollständig umzingelt und isoliert. Am Besten
sei es, sich zu ergeben. "Die Amerikaner haben keine Chance, da lebend
herauszukommen."
Kurz vor dem Einmarsch auf einer der letzten der
täglichen Pressekonferenzen heißt es dann noch aus dem Mund von Sajid el
Sahhaf: "Die amerikanischen Söldner haben damit begonnen, vor den Mauern
Bagdads Selbstmord zu begehen. Wir schlachten ganze Gruppen von ihnen
ab."
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Die heutigen Meldungen können wir dank des
internationalen Journalismus und einer Meinungsvielfalt im Internet
ziemlich verlässlich auf Wahrheitsgehalt prüfen. Diese Möglichkeit
bestand vor knapp 100 Jahren nur in einem eingeschränkten Umfang. |
Zwar gab es Zeitungen aller politischen Richtungen,
doch eigene Reporter am Ort des Geschehens waren eher die Ausnahme. Und
insofern war die Bevölkerung mehr oder weniger ausschließlich auf die
amtlichen Verlautbarungen angewiesen. Was Militär und Regierung schon
damals weidlich zu nutzen wussten. |
Doch weder die Drohungen, wie wir sie in der
Jetztzeit erleben mussten noch Lügen über die wirkliche Gefechtslage sind
wirklich neu. Schon im ersten Weltkrieg berichteten auch seriöse Medien
in reißerischer Manier darüber. |