|
Et Mull jeschwatt |
Manchmal denke ich, es könnte für Fremde auch wie
rätoromanisch klingen. Oder wie deutsches texanisch - breit, ein wenig
unflätig, aber offen und direkt: das Solinger Platt, Verzeihung, Solijer
Platt. Do bruckste ein Wuörderbuck für, öm et te verstonn. Die Institution
schlechthin in Solingen für den Erhalt der Sprache ist - neben zwei
Laientheatergruppen, Bühnespiele Höhscheid und die Wohlgemut - der Verein
der Mundartdichter "De Hangkgeschmedden", die Handgeschmiedeten. So wurden einst die edlen
Fabrikationsstücke gekennzeichnet - eben keine Massenware.
|
Humor und Alltagsphilosophie der Solinger Mentalität
orientieren sich am Pragmatischen.
Von Wolfgang Trier als Bonmot treffend auf den Punkt gebracht mit der
Wiedergabe der Solinger Standardbegrüßung: "Tach"
"Tach"
"Wie jeht et?"
"Et muott"
Und jeder geht seines Wege
Werner Deichmann kannte diesen Dichter gut - gewissermaßen als väterlichen
Freund. Er stellte sein persönliches Exemplar zur Verfügung, das hier
komplett eingesehen werden kann. Warnung: wenn Sie kein Solinger
Platt lesen können, dann haben Sie wenigstens Vergnügen daran, dass
Sie nichts verstehen können.
|
PRIVATDRUCK
Druck: Ad. Mann Nachfl., Rd.-Lennep
Leseprobe:
Wengterdag on Fröhjahr, twei Kitzhahnen
Dat sind er twei, et es tom pipepn
Wie die sech en den Hooren hant!
Die Lütt, die könn' et nit begriepen,
Sind bluß gespannt,
Wielang die twei sech noch dröm strieden,
Wer nu die Bökse ahnen hät;
Denn eijner mott doch dronger lieden,
He oder Ett.
|
August Scheidtmann bemühte sich - in einem
offiziellen Vierergremium - Anfang der 50er Jahre des letzten
Jahrhunderts um eine Vereinheitlichung der Solinger Schreibweise. Sein
Vorschlag, die typisch singende Aussprache der ei-Kombination als ej zu
schreiben, ist nie offiziell geworden. Obwohl sie, wie er selbst betont,
vieles Gelesene wesentlich leichter aussprechen ließen:
Wejt / Mädchen
Mejs / Mais
Sejpe / Seife
wejk / weich.
Noch während der Drucklegung seines ersten Buches
ist er an einem Herzleiden verstorben, insofern konnte er einen ersten
offiziellen "Solinger Duden", an dem er arbeitete, nicht mehr vollenden.
|
Met on ohne Schröm
Mit und ohne Schrammen (was immer das für einen Sinn geben mag)
Leseprobe:
Karl Wester
Wer dat hät, wat he auch well,
sall tefriëden sinn on stell.
Te verstonn es de, de quett;
weïl he, wat he well, nit hät.
Doch am schlemmsten es on blitt,
wat he hät on well et nit.
Wer das hat, was er auch will,
soll zufrieden sein und still.
Zu verstehn ist der, der drängelt,
weil er, was er will, nicht hat
Doch am schlimmsten ist und bleibt,
was er hat und es nicht will.
|
|
1987
Verlag B. Boll
Damals waren sie noch beisammen:
Aenne Franz
Marlene Wagner
Heidi Theunissen
Karl Wester
Manfred Müller
Ute Schulz
Eva Butzmühlen
Karl Ernst
Brigitte Baden
Die Gründung der Hangkgeschmedden erfolgte am 28. Juli 1951
|
Ut der Lewermang
Aus dem Lieferkorb
Lewermang war der Korb, mit dem die Lewerfrauen - meist Ehefrauen der
Schleifer - die schweren Halb- und Fertigwaren von der Fabrik zum Kotten
und zurück brachten.
Heute eine verklärte Figur, damals erbärmlich unterbezahlt.
In einer Faksimile-Ausgabe bekommt die Lewerfrau plötzlich ein anderes
Aussehen. Anstatt schnell Ihres Weges zu gehen (oben, Original), stemmt
sie nun beherzt die Hände in die Hüften und lässt sich - strahlend wie ein
Honigkuchenpferd - bewundern. Wenn Sie ganz genau hinsehen, ist der Busen
übrigens einige Zentimeter gesunken und liegt auf. Nun ja, BHs gab's ja
noch nicht.
|
|
Verlag Litodruck Arthur Linder, Düsseldorf
erstmals 1940 veröffentlicht;
dieses ist eine Nachauflage, die ausdrücklich der Heimat und den Soldaten an
der Front gewidmet ist.
Gesammelt und erzählt von Arthur Linder, Düsseldorf
mit Zeichnung von Richard Bloos, Düsseldorf
Leseprobe (verkürzte Wiedergabe):
Ein Mann geht abends immer spät zu Bett und kommt morgens nicht aus den
Federn. Das ärgert sein Frau. Auf die Frage, warum er das tut, antwortet
er: owes es de Böxe warm und morgens es dat Bett warm."
|
Religionsfreiheit |
|
Leseproben "Ut der Lewermang" |
Drittklassige Ohligser? |
|
|
Finngepliest
En Gedrag Soliger Platt
übersetzt:
Feinschliff
Ein Schultebrett (Tragegestell) voll Solinger Platt
Finnpliesten ist ein Fertigungsgang, bei dem Messer und Scheren "den letzten Schliff"
bekommen.
|
|
1959, 1. Auflage 1. bis 3. Tausend
Verlag B. Boll, Solingen
Herausgeber Stadt Solingen
Leseprobe
Peter Witte
Häult ouch der Herrgott us de Dür
tem Paradies veschloten,
hät doch he, äs Ersatz dofür;
de Heïmat us geloten.
On wann er Sprooke, Kengkheitskläng,
höösch lispelnd us ömruuschen,
o Menschekengk, wöülß du am Eng
mem Paradies dann tuuschen?
Ist ohnehin nur für Solinger gedacht und wird daher nicht übersetzt.
|
Kaarl on Frie
In Köln heißen sie Tünnes und Scheel |
Leseprobe
Der Frie kommt am Sonntagnachmittag auf einem Fahrrad, auf dem er auf
dem Gepäckständer und auf dem Lenker jeweils einen schweren Sack geladen
hat.
Zwei Polizisten halten ihn mißtrauisch an und fordern ihn auf, den Sack
auf dem Lenker zu öffnen. Der Frie öffnet den Sack, und die Polizisten
sehen zu ihrem Erstaunen, daß er voll von 50-Pfennig-Stücken ist.
Auf die Frage der Polizisten, wie er an das viele Geld komme, erklärt der
Frie:
"Ja, wett ihr, dat es su: Ech hann minnen Garden direkt am Tunn vam
Ohligser Stadion. Wenn dann de Union spellt on dat Stadion kröppevoll es,
dann kann nömmes van den Männern mieh erut. Die drehen sech dann eifach
eröm on pinkeln bei mir en den Garden. Ja, on dann stonn ech do met ner
gruter Scheren on sag: ,Fouf Groschen udder . . .!' "
Dabei macht er eine schnippelnde Bewegung mit der Schere.
"Und dabei haben Sie den ganzen Sack voll Geld kassiert?" fragt einer der
Polizisten.
"Eja", sagt der Frie.
"Und der Sack auf dem Gepäckständer ist auch noch voll Geld?" meint der
andere Polizist.
"Enee, dat nit", antwortet der Frie.
"Und was ist darin?" will der Polizist wissen.
"No", meint der Frie, "die betahlen jo nit all."
|
1976
2. Ausgabe
Gesammelt und nacherzählt von Heinz Weyersberg
Herausgeber / Verleger Heinz Weyersberg
Illustrationen Hans Lichtenfels
Druck B. Boll, Solingen
|
Mem Öügsken gekniëpen
Mit dem Auge gezwinkert
Die Hangkgeschmedden stellen vor: Band 2 Karl Wester
1975
2. Ausgabe
Satz: vom Schemm & Müller, Solingen
Druck: Hermann Rabitz, Solingen |
|
Leseprobe Karl Wester
Wat sall dat Kniesten, Knasen, Schängen,
meïnßte dann, dat hölpt dir jet?
Wenn wer't ouch nit te Riekdom brengen,
et Lewen es ouch su ganz nett.
Men mott et bluß te lewen wiëten
on darf et Lachen nit vergeten.
Was soll das Geizen, Nörgeln, Schimpfen,
meinst Du denn, das hilft dir was?
Wenn wir's auch nicht zu Reichtum bringen
das Leben ist auch so ganz nett.
Man muss es nur zu leben wissen
und darf das Lachen nicht vergessen.
|
Ut minner Schmetten
Aus meiner Schmiede
Solinger Mundart von Karl Wester
1969
Joh. van Acken, Krefeld
|
|
Leseprobe:
Bluomen am Weeg
Mols blüöht en Rösken dir am Weeg,
mols bluß ein kleïn Vijülschen,
doch haulen alle beïds für dech
se praat ehr lecker Müllschen.
Gangk du nohr Rus, ech gönn se dir,
ech gonn beï dat Vijülschen;
et hät wall nit sun nette Klür,
doch auch keïn Döörn am Müllschen.
|
|
|
|