Peripherie: Konstantinopel

685 v. Chr. gegründet war sie Hauptstadt des oströmischen Reiches, der Weltmetropole Rom durchaus ebenbürtig. Ihre Funktion als "Sprungbrett nach Asien" an der Meerenge der Dardanellen macht sie seit alters her strategisch bedeutsam - und städtebaulich pittoresk. Byzanz, Konstantinopel, Istanbul - diese Stadt hat Geschichte erlebt und gemacht. 

 


Zwei Schiffe in den Dardanellen bei Konstantinopel, wie Istanbul damals hieß. Zwei Schiffe, die den Verlauf des Ersten Weltkrieges entscheidend beeinflussten, und zwar sogleich zu Beginn. Dass die Goeben (vorne) so mächtig dampft, verdankt sie unter anderem meinem Großvater, Erich Jansen. Er war Heizer auf diesem Schiff und hat die gesamten dramatischen Fahrten der Goeben mitgemacht. War sogar - durch den Verkauf des Schiffes an die Türkei - offiziell Soldat im Dienste des türkischen Sultans. Großvater brachte von den Reisen der Goeben etliche kleine Postkartenbücher mit, die hier in Auszügen wiedergegebenen werden.

Das Schlachtschiff wurde nach dem preußischen General August von Goeben benannt, der im Krieg gegen Frankreich 1870/71 zu Ruhm gekommen war.

Das Schiff, obwohl mit ca. 188 m Länge, 9 m Breite und ca. 9 m Tiefgang wahrlich kein großes, hatte immerhin 1010 Mann Besatzung und 43 Offiziere - man stelle sich die Enge unter Deck vor.

 

 

Die ersten entscheidenden Ereignisse des Seekrieges spielten sich im August 1914 im Mittelmeer ab. Unmittelbar nach Eintritt des Kriegszustandes mit Frankreich, am 4. August 6 Uhr morgens, beschossen die deutsche Kriegsschiffe der Mittelmeerdivision unter dem Kommando von Konteradmiral Souchon S.M.S. Goeben und S.M.S. Breslau die algerischen Truppenverschiffungshäfen Bone und Philippeville hinab. Drei Tage verzögerte sich dadurch das Eintreffen des XIX. Armeekorps in Frankreich.

Die abenteuerliche Fahrt von S.M.S. Goeben und S.M.S. Breslau nach Konstantinopel (dem heutigen Istanbul in der Türkei) hat freilich noch größere Folgen hervorgerufen. Sie hat der Entente das Tor nach dem Schwarzen Meer zugeschlagen und den Zusammenbruch des Russischen Reiches begründet, das auf den anderen Verbindungswegen nicht genug Materialzufuhr erhielt, um widerstandsfähig zu bleiben. Am letzten Friedenstage, dem 4. August vormittags, spürten zwei englische Schlachtkreuzer, beide zusammen erheblich stärker als S.M.S. Goeben, die deutschen Schiffe auf und jagten mit geladenen Geschützen in wenigen Meilen Abstand hinter ihnen her. Auf die funkentelegraphische Bitte um Feuererlaubnis gab Churchill nur eine bedingte Genehmigung: wenn nämlich die deutschen Schiffe französische Truppentransporte angreifen. Beinahe wären also die ersten Schüsse - noch im Frieden - aus englischen Schiffsgeschützen gefallen. Dann hätte England die Verletzung der belgischen Neutralität nicht als Vorwand für seine Teilnahme am Kriege nehmen können. So besitzen bereits die ersten Tage der Kriegsgeschichte der S.M.S. Goeben einen Anflug weltgeschichtlicher Bedeutung. Auf der Fahrt zur algerischen Küste erhielt der deutsche Admiral die Nachricht vom Abschluss eines geheimen Bündnisses zwischen Deutschland und der Türkei und den Befehl, nach Konstantinopel zu gehen. Dieser Befehl wurde jedoch in letzter Minute widerrufen. Während des kurzen Aufenthalts in Messina sah sich Admiral Souchon vor schwerwiegende Entscheidungen gestellt. Er fürchtete, beim Einlaufen in die Adria für die ganze Dauer des Krieges an die wahrscheinlich defensive Haltung der österreichischen Flotte gekettet zu sein. Die Türkei musste dagegen einen Sieg Russlands fürchten und war durch das Erscheinen der deutschen Mittelmeerdivision vielleicht zum Eintritt in den Krieg auf Seiten der Mittelmächte zu bewegen. Souchon entschloss sich gegen den Befehl der deutschen Regierung zu einem kühnen Vorstoß ins Ungewisse.

 

Am 16. August 1914 wurden S.M.S. Goeben und S.M.S. Breslau von der Türkei angekauft und unter die türkische Flagge gestellt. Sie erhielten die Namen "Sultan Yawus Selim" und "Midilli". Admiral Souchon wurde türkischer Flottenchef. Im Oktober beschloss er in stillschweigendem Einverständnis mit Enver Pascha, die russische Flotte im Schwarzen Meer anzugreifen und die Seeherrschaft zu erkämpfen. Am 27. Oktober liefen sämtliche türkischen Schiffe unter Souchons Führung ins Schwarze Meer und beschossen Sewastopol, eine der größten Seefestungen der Erde, Odessa, Noworossijsk und Feodosia. Der Kriegszustand zwischen der Türkei und der Entente trat ein.

Nach dem Zusammenbruch der Mittelmächte und dem Abschluss des türkischen Waffenstillstands übergab der deutsche Admiral S.M.S. Goeben der türkischen Marine, wie es für das Ende des Krieges vorgesehen war. Die ehemalige Goeben wurde erst 1928, nach dem Bau eines geeigneten Schwimmdocks, gedichtet und repariert und war 1930 wieder voll fahrbereit. Erst 1973, als letztes Schiff der ehemaligen Kaiserlichen Marine, wurde es verschrottet.