Zwei Schiffe in den Dardanellen bei Konstantinopel, wie Istanbul damals
hieß. Zwei Schiffe, die den Verlauf des Ersten Weltkrieges entscheidend
beeinflussten, und zwar sogleich zu Beginn. Dass die Goeben (vorne) so
mächtig dampft, verdankt sie unter anderem meinem Großvater, Erich
Jansen. Er war Heizer auf diesem Schiff und hat die gesamten dramatischen
Fahrten der Goeben mitgemacht. War sogar - durch den Verkauf des Schiffes
an die Türkei - offiziell Soldat im Dienste des türkischen Sultans.
Großvater brachte von den Reisen der Goeben etliche kleine
Postkartenbücher mit, die hier in Auszügen wiedergegebenen werden.
Das Schlachtschiff wurde nach dem preußischen General August von Goeben
benannt, der im Krieg gegen Frankreich 1870/71 zu Ruhm gekommen war.
Das Schiff, obwohl mit ca. 188 m Länge, 9 m Breite
und ca. 9 m Tiefgang wahrlich kein großes, hatte immerhin 1010 Mann
Besatzung und 43 Offiziere - man stelle sich die Enge unter Deck vor.
|
Die
ersten entscheidenden Ereignisse des Seekrieges spielten sich im August
1914 im Mittelmeer ab. Unmittelbar nach Eintritt des Kriegszustandes mit
Frankreich, am 4. August 6 Uhr morgens, beschossen die deutsche
Kriegsschiffe der Mittelmeerdivision unter dem Kommando von Konteradmiral
Souchon S.M.S. Goeben und S.M.S. Breslau die algerischen
Truppenverschiffungshäfen Bone und Philippeville hinab. Drei Tage
verzögerte sich dadurch das Eintreffen des XIX. Armeekorps in Frankreich.
Die abenteuerliche Fahrt von S.M.S. Goeben und S.M.S. Breslau nach
Konstantinopel (dem heutigen Istanbul in der Türkei) hat freilich noch
größere Folgen hervorgerufen. Sie hat der Entente das Tor nach dem
Schwarzen Meer zugeschlagen und den Zusammenbruch des Russischen Reiches
begründet, das auf den anderen Verbindungswegen nicht genug
Materialzufuhr erhielt, um widerstandsfähig zu bleiben. Am letzten
Friedenstage, dem 4. August vormittags, spürten zwei englische
Schlachtkreuzer, beide zusammen erheblich stärker als S.M.S. Goeben, die
deutschen Schiffe auf und jagten mit geladenen Geschützen in wenigen
Meilen Abstand hinter ihnen her. Auf die funkentelegraphische Bitte um
Feuererlaubnis gab Churchill nur eine bedingte Genehmigung: wenn nämlich
die deutschen Schiffe französische Truppentransporte angreifen. Beinahe
wären also die ersten Schüsse - noch im Frieden - aus englischen
Schiffsgeschützen gefallen. Dann hätte England die Verletzung der
belgischen Neutralität nicht als Vorwand für seine Teilnahme am Kriege
nehmen können. So besitzen bereits die ersten Tage der Kriegsgeschichte
der S.M.S. Goeben einen Anflug weltgeschichtlicher Bedeutung. Auf der
Fahrt zur algerischen Küste erhielt der deutsche Admiral die Nachricht
vom Abschluss eines geheimen Bündnisses zwischen Deutschland und der
Türkei und den Befehl, nach Konstantinopel zu gehen. Dieser Befehl wurde
jedoch in letzter Minute widerrufen. Während des kurzen Aufenthalts in
Messina sah sich Admiral Souchon vor schwerwiegende Entscheidungen
gestellt. Er fürchtete, beim Einlaufen in die Adria für die ganze Dauer
des Krieges an die wahrscheinlich defensive Haltung der österreichischen
Flotte gekettet zu sein. Die Türkei musste dagegen einen Sieg Russlands
fürchten und war durch das Erscheinen der deutschen Mittelmeerdivision
vielleicht zum Eintritt in den Krieg auf Seiten der Mittelmächte zu
bewegen. Souchon entschloss sich gegen den Befehl der deutschen Regierung
zu einem kühnen Vorstoß ins Ungewisse.
|
Am 16. August 1914 wurden S.M.S. Goeben und S.M.S.
Breslau von der Türkei angekauft und unter die türkische Flagge gestellt.
Sie erhielten die Namen "Sultan Yawus Selim" und "Midilli". Admiral
Souchon wurde türkischer Flottenchef. Im Oktober beschloss er in
stillschweigendem Einverständnis mit Enver Pascha, die russische Flotte
im Schwarzen Meer anzugreifen und die Seeherrschaft zu erkämpfen. Am 27.
Oktober liefen sämtliche türkischen Schiffe unter Souchons Führung ins
Schwarze Meer und beschossen Sewastopol, eine der größten Seefestungen
der Erde, Odessa, Noworossijsk und Feodosia. Der Kriegszustand zwischen
der Türkei und der Entente trat ein.
Nach dem Zusammenbruch der Mittelmächte und dem
Abschluss des türkischen Waffenstillstands übergab der deutsche Admiral
S.M.S. Goeben der türkischen Marine, wie es für das Ende des Krieges
vorgesehen war. Die ehemalige Goeben wurde erst 1928, nach dem Bau eines
geeigneten Schwimmdocks, gedichtet und repariert und war 1930 wieder voll
fahrbereit. Erst 1973, als letztes Schiff der ehemaligen Kaiserlichen
Marine, wurde es verschrottet.
|