Schmiede

In den Nachbarstädten Cronenberg und Remscheid wurden seit alters her immer nur Werkzeuge hergestellt. In Solingen dagegen Schwerter, später Bestecke. Warum diese scharfe Trennung? Es liegt die Vermutung nahe, dass dies mit dem Handelsplatz Köln zu tun hat. Solinger Schwerter wurden anfangs ausschließlich dort verkauft, denn in Köln hatte das Eisenhandwerk recht früh einen hohen Stand. Wahrscheinlich haben die Kölner sich hier einen "Außenposten" geschaffen, die Werkstatt im Grünen. Andere Forscher neigen dazu, die ausgedehnten Buchenwälder (gutes Essenholz) und die vereinzelten früher ausgebeuteten Kohlevorkommen als den Grundstein des Solinger Schmiedehandwerks zu sehen.

 

DER Solinger Schmied überhaupt: Sein Denkmal auf dem Alten Markt, im Bombenhagel des II. Weltkrieges vernichtet, galt als das Symbol für die Solinger weltberühmte Klingenindustrie.

Kunstverlag Max Biegel, Elberfeld
Poststempel: 23. 6. 1911

Die damalige Briefmarke zeigt das weibliche "Gegenstück", die eiserne Germania, Standardserie mit verschiedenen Werten in unterschiedlichen Farben. Schmied wie Germania sind Nachwirkungen des 1870/71er-Kriegspatriotismus.

 

 

1515: schlipkotten mit ihren wasserschleussen

Bei der Herstellung von Waffen und Bestecken greifen  viele spezialisierte Berufe ineinander. Deshalb ist Solingen auch die Wiege der Arbeitsteilung und Spezialisierung, die rein formal und funktionell in einem Heer von "Heimarbeitern" gipfelte, die man heute unisono "Scheinselbständige" nennen würde: Abhängig vom "Fabrikanten", meistens einem Kaufmann (der die  fertigen Produkte vertrieb und die jeweiligen Spezialisten mit Roh- und Halbfertigmaterial belieferte) wurden sie im Stücklohn bezahlt. Dies führte Ende des 19. Jahrhunderts zur Schaffung eines deutschen Heimarbeitergesetzes - neben der "Lex Solingen" (Schutz des Namens) das zweite solingen-typische Reichs- und später Bundesgesetz.

Deutsche Geschichtsschreibung ist stets auch die Sucht nach der heilen Welt und dem ewig Guten. So wird in der Solinger Literatur oft stolz und prahlerisch über die Bruderschaften (Zünfte) gesprochen. Nichts anderes als Kasten, wie man sie in hinduistischen Ländern kennt, waren dies. Denn dem einzelnen war es untersagt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dies ging bis zum "Verbleibungseid", also der Verpflichtung, an Ort und Stelle das Handwerk auszuüben und nicht in nach eigenem Gusto irgendwo. Der Begriff "Sklaven" wäre auch nicht zu weit hergeholt. Im übrigen musste man in eine Kaste, sprich Bruderschaft hineingeboren sein: von wegen Chancengleichheit! Als Gegenleistung für die Knechtschaft wurden die Zunftbrüder vom Herzog geschützt. Aus gutem Grund, sie brachten ordentlich Geld.

 

1401 ist zwar schon von Kotten die Rede, aber man weiß nicht, ob sie mit Wasserkraft betrieben wurden.
Hier sieht man deutlich, dass Schmiede damals die Kleidung der Ritter herstellten: eine komplette Rüstung hängt zur Anprobe bereit.

Solingen, die alte Klingenstadt
Herausgegeben vom Propagandaamt der Stadt Solingen 1937
Das Bild zeigt einen Holzschnitt aus dem Jahre 1479.

Eine alte Schmiede am Fleußmühler Bach nahe Kohlfurt. In solchen Hütten an Bächen wurde früher das Handwerk ausgeübt. Das Klingen der Klingen (Schlagen der Schwerter) hallte durch Wald und Feld - daher der Begriff des "klingenden Landes".

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Mich schuf Solingen"
Man spürt richtig die Ausrufezeichen, die nun gesetzt werden müssten. Mit diesen drei Worten wurden die sicherlich aus handwerklicher Sicht als Kunstwerke zu bezeichnenden Schwerter, Dolche, Degen und andere Waffen gekennzeichnet, wenn sie sich von Massenware unterschieden. Im 18. Jahrhundert gilt Solingen als die bedeutendste Klingenschmiede Europas - vor aller Konkurrenz aus England, Spanien und anderen Ländern. Was die Solinger nur über Jahrhunderte geärgert hat, war Damaszener Stahl. Diesem aus Damaskus stammenden Verfahren der Verschmelzung verschiedener Stahlschichten hatten sie lange nichts gleichwertiges entgegenzusetzen, bis sie doch eines Tages hinter das Geheimnis kamen.

 

1713 wollten die Schmiede durchsetzen, dass Schwerter nur mit dem Hammer eines Meisters geschlagen werden dürfen. Man wehrte sich gegen wassergetriebene Self- und Reckhämmer. Umsonst. Erstens scheiterte es am Argument des Geldes (Stücklohnkosten) und zweitens gab es gar nicht mehr so viele Meister, dass sie die verkaufbare Menge hätten schmieden können.

Der Schmied als Prototyp des deutschen Arbeiters und sämtlicher Tugenden des Fleißes. So wurde er über Jahrzehnte vor allem zu Propagandazwecken symbolisiert, ob zu Kaisers Zeiten oder beim Blut- und Ehre-Wahn des Dritten Reiches.

So genannte Werbemarken, früher als gewissermaßen "private Briefmarke" durchaus üblich, zeigen ebenfalls die Schmieden als Helden der Arbeit. Die Berufe sind übrigens "Dropschläger" und "Darhalter". Ein Team, das in Geschwindigkeit und Qualität aufeinander eingespielt sein sollte. Ob die wackeren Recken aber tatsächlich wie die Götterhelden mit nacktem Oberkörper gearbeitet haben, sei dahingestellt - wollten sie nicht schon nach Minuten glühendes Metall im Körper haben, taten sie es besser nicht.

 

 

Selbst die Briefmarken- und Postbeförderungs-Experten sind dem Solinger Schmied verfallen. Der Schmied ziert sowohl ihr gezacktes Vereinsemblem wie er auch auf dem Aufnahmeantrag zu fordern scheint, klopfe die Briefmarke, solange sie noch klebt. Oder wie war der Spruch noch mal?

2003; Informationsfolder des Vereins

 

Selbst als Grabmal ist der Schmied als Symbol der Schaffenskraft zu sehen.

 

Grabmal auf dem Friedhof Casinostraße

Auch als seinerzeit die Not groß wurde, erinnerte man sich an die Symbolkraft des Solinger Schmiedes. 1920, als Folge des Ersten Weltkrieges und einer nicht geregelten Geldpolitik, mussten die Städte Gutscheine drucken, die eigentlich für eigene Leistungen gedacht waren, dann aber als Notgeld allgemein akzeptiert wurden. Die Werte, die in der Inflation gedruckt werden mussten, schienen dann allerdings in der Zahl der angehängten Nullen schier unbegrenzt.

Druck Hermann Rabitz, Solingen

 

Zwischen Kitsch und Stil: der Klingenschmied als Symbol auf einem Küchentuch

 

Die heilige Barbara ist die Schutzheilige der Klingenschmiede.

Als Tochter eines reichen Kaufmanns lebte die heilige Barbara in der heutigen Türkei. Die Legende von der heiligen Barbara erzählt, dass sie ein schönes Mädchen war, das der Vater behütete und beschützte wie einen Edelstein. Eines Tages musste er verreisen und schloss Barbara in einen Turm ein, um sie vor jeder Gefahr zu schützen. Als er von der Reise heimkehrte, entdeckte er an den Wänden des Turms das Zeichen der Christen, das Kreuz. Barbara war also, trotz Turm, während der Abwesenheit des Vaters Christin geworden. Die Liebe zu seinem Kind schlug beim Vater in Hass um. Er schleppte sie vor den Richter. Sie wurde furchtbar gefoltert, verriet ihren Glauben aber nicht. Da zog der Vater selbst sein Schwert und tötete seine Tochter. Gott strafte ihn auf der Stelle mit einem Blitzschlag. Sie wurde zur Schutzherrin der Dachdecker, Glockengießer, Bauarbeiter, Kanoniere und Bergleute. Nach einer Legende hat sich, als Barbara auf dem Weg ins Gefängnis war, ein Kirschzweig in ihrem Kleid verfangen. Diesen nahm sie mit, stellte ihn in einen Becher und gab ihm von dem Wasser, das sie im Gefängnis zu trinken bekam. Genau am Tag ihrer Verurteilung zum Tode kam der Zweig zum Blühen und wurde damit für Barbara ein Zeichen der Hoffnung. An diesem Tag, dem 4. Dezember, schneidet man Kirsch- oder Forsythienzweige ab, stellt sie in die warme Wohnung in eine Vase mit Wasser, das man täglich wechselt. Vielleicht hat man Glück, dass sie dann zu Weihnachten blühen.

 

Schmiede in Scharfhausen

 

Schmied = Qualität, so könnte man die instruktive Botschaft des "Versandhaus I. Ranges" Gebrüder Rauh aus Gräfrath bei Solingen übersetzen.

 

Markenzeichen auf einem Couvert