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Schönschreiben |
Jetzt bin ich gar nicht so sicher, ob Sie wissen, was
gemeint ist. Schön zu schreiben. Das ist so ähnlich wie richtig zu
schreiben. Oder deutlich zu sprechen. Oder sich zu benehmen. Oder zuhören
können. Oder sich Mühe geben. Oder gewissenhaft zu sein. Also Dinge, die
nicht jeder mehr beherrschen muss, um das Abitur zu bestehen. Jedenfalls
konnten die Menschen, die früher schrieben, meistens gut schreiben. Die
anderen schrieben nicht. Und jetzt kommt das absolut sensationelle: die
sendeten auch kein SMS. |
Du lebe wohl du der Besten mein,
Im Schoße der Zufriedenheit,
Gedenke meiner und voll Mithleid wein,
Eine Thräne, meiner Einsamkeit.
Fern von Dir zu leben ist ein Kummer,
Welcher Gram, auf meine Seele stömt.
Ach! wäre doch die Trennungszeit ein Schlummer
Und dein Umgang eine Ewigkeit
Bei Durchlesung diesen meinigen Zeilen gedenke
Deines
Wald den 24ten März 1844.
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Es war üblich, Akten mit der Hand zu
schreiben. Und nicht Formulare auszufüllen oder Computerausdrucke zu
erstellen ...
Schönschreiben zu können war eine Berufsgrundlage
für die gesamte Verwaltung. |
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Schrift = Bild Es ist ein Irrtum zu
glauben, wir lesen Buchstaben. Wir lesen "Wortbilder", Gruppen von
Buchstaben, "Lese-Silben" (die nicht mit Wort- und Sprachsilben
übereinstimmen müssen. |
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Lesen wir überhaupt? Ach wo, wir
denken uns das Geschriebene. Zur Ziet krusiret ein Txet druch die Emials
des Intnrets der bsesagt, nur jeiwels der esrte und lzete Bcuhsatbe enies
Wotres müsesn rcihitg sein und man knan es trdosdem noch venrüfntig
leesn. |
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Schrift. Kulturgut ohne Erben. Sie
zählen zu den größten Künstlern. Die Schöpfer der Druckschriften. Doch
kaum einer kennt sie. Einige der "großen alten Männer" leben noch. Neue,
gute Schriften sind in den letzten 10 Jahren kaum noch auf den Markt
gekommen. Und bezahlen will keiner dafür. |
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Schrift. Spiegelbild des Charakters?
Kaum. Wohl eher des Geistes. Schreiben ist die Kunst der intuitiven
Formgebung an Hand abstrakter Regeln. Schreiben ist ein Ausdruck der
Seele, denn Schrift kann man "mit den Augen fühlen". |
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Druckschrift schreiben.
Neuerdings wird heftig diskutiert, ob Kinder zuerst
Druck- oder Schreibschrift lernen sollen. Wenn das, was Lehrer als
Druckschrift lehren, Druckschrift sein soll, dann ist ein gekochtes Ei
der Gipfel der Kochkunst. |
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Was verdirbt die Schrift, die Handschrift?
Weder Eile noch fehlende Übung. Nur, und nur, das falsche
Schreibwerkzeug. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Kulis falsch, weil
schriftuntauglich. Sie eigenen sich allenfalls für Kreuze auf Formularen
und Krakeleien auf Schmierzetteln. Es sei denn, man wählt den
Kugelschreiber nach seiner eigenen Persönlichkeit. Und nicht, weil es ein
Werbegeschenke ist. |
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Kann man Schreiben verlernen? Nein.
Aber die meisten vergessen, den anderen zu schreiben ... :-)
Selbst zu Weihnachten übrigens. |
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Wer erfand eigentlich die Schrift?
Welche Schrift? Es gibt tausende Erfinder. |
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Sind Buchstaben eigentlich genormt?
Erstaunlich. Alles in Regeldeutschland ist gesetzlich verordnet. Nur die
Form von Buchstaben nicht (mit Ausnahme der sog. Normschrift, einer
technischen Anwendung). Nein, Buchstaben sind die letzten Freiheiten, die
wir noch haben. |
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Rechtschreibung.
Texte können falsch sein. Aber noch ist keiner
wegen Schreibfehlern im Gefängnis gelandet.
Keiner? Doch, manche Buchhalter schon ... !!!! |
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an Rede Fräulein ! Herrlein ?
Herrn ! Fraun ? Sehr geehrter Herr.
Sehr verehrte Frau.
Gekommen. Verkommen.
Geschickt. Verschickt.
Geliebt. Verliebt.
Geraten. Verraten.
Gelobt. Verlobt. |
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Post. Posten. Posten: beamtisch =
zugewiesene Arbeitsstelle
Posten: militärisch = Wache
Posten: computerenglisch = an einen Server senden
Posten: handwerklich = Pfahl
Posten: schwyzerdütsch = einkaufen
Posten: buchhalterisch = Summe
Posten: im Handel = zusammengefasste Menge |
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Marke. Und andere Fragen. Wieso
klebt eine BRIEFmarke auf einer POSTKARTE? Wieso wird ein EINschreiben
AUSgetragen? Welches ist eigentlich bei einer Postkarte die RÜCKseite?
Wer kennt eigentlich noch die BriefmarkenSPRACHE? Lesen BRIEFTRÄGER
Postkarten? Warum braucht EILpost immer länger als normale? Wenn man
Adressen schon nicht im KOPF hat, ist es ein Wunder, wenn man sie nie zur
HAND hat? Warum muss BriefmarkenGUMMIERUNG immer so scheußlich schmecken? |
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Wie viel Text passt auf eine Postkarte?
Immer zu wenig. Deshalb werden IMMER die Zeilen zum Schluss kleiner und
die Buchstaben unleserlich. |
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Geschäftlich
Auch im Geschäftsverkehr war Schönschreiben eine Ehrensache. |
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rhythmisches Schreiben, rhythmisches Denken - und
umgekehrt
Je flüchtiger man schreibt, desto ungeordneter die Gedanken. Denn bei
aller Intelligenz: auch Denken hat natürliche Grenzen der "inneren
Rückkopplung". Man sehe (und höre) sich die erbarmungswürdigen Stotterer
von heute an. Die Äh-Generation, die Hohlphrasendrescher, die
Stammelkids.
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Mit Bedacht.
Mit Stil.
Mit Tinte.
"Vordrucke" waren die Favoriten eines jeden Büros und das tägliche Brot
der Druckereien. Jede Firma, die auf sich hielt, hatte mannigfache Brief-
und Rechnungsbogen, Postkarten, Avis-Karten, natürlich Lieferscheine und
andere "Papiere", um den Bürobetrieb zu organisieren. Dennoch wurde
alles, die Schreibmaschine kam praktisch erst nach dem zweiten Weltkrieg
wirklich durchgängig zum Einsatz, alles in Ruhe und leserlich zu Papier
oder Vordruckkarton gebracht.
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