Schwebebahn

Weil sie keine so schöne Brücke wie die Müngstener haben, gönnen wir sie ihnen, den Wuppertalern, ihre Schwebebahn. Und auch schon deswegen, weil wir als Solinger so gerne damit fahren und uns extra die Linie 3 bis vor die Endhaltestelle Vohwinkel gelegt haben. Dass die Schwebebahn indes weltweit ziemlich einzigartig geblieben ist, grenzt an ein kleines Wunder. Es hat nicht an Ideen und Plänen gefehlt, ihr Konstruktions- und Funktionsprinzip ins Moderne zu übertragen. 1901 ist sie als öffentliches Verkehrsmittel gestartet und fährt ziemlich unterbrechungslos bis heute. Durch vermeidbare Unachtsamkeit gab es einen schweren Unfall, ansonsten gilt sie als das sicherste Verkehrsmittel der Welt.

 

Kühne Vision eines Unikums: so stellt sich der Zeichner Alfred Deubel 1951, zum Fünfzigsten, das Staunen vor, dass die Zeitzeugen der Eröffnungsbahn ergriffen haben muss. Historisch-bildlich ein wenig inkorrekt, denn es sind die neuen Schwebebahnwagen ("51er Serie") zu sehen und die Dame samt Kutscher unzweifelhaft Figuren der Kaiserzeit; denn kein Geringerer als Kaiser Wilhelm II. war in Wuppertal, um dem Wunderding gerecht zu werden.

 

Herausgegeben im Auftrag der Wuppertaler Stadtwerke AG von Kurt Hackenberg
Klischees: Friedrich Brockhaus, Wupperal
Druck: Sam. Lucas GmbH, Wuppertal-Elberfeld
gesetzt in der Cornelia-Antiqua
1951

Ehre, wem Ehre gebühret. Eigentlich ist die Schwebebahn ein "Zuckerstückchen". Denn der Kölner Zuckerfabrikant Eugen Lange erdachte um 1890 das Prinzip und ließ auf dem Firmengelände eine Versuchsbahn bauen. Die Berliner Firma Siemens konnte er für dieses Projekt begeistern und sie wagte den Bau in Wuppertal. Schade nur, dass sich die Selbstfahrgondeln nicht durchgesetzt haben. Wäre das ein Gaudi.

 

 

 

 

 

 

Tollkühne Männer in ihren schwebenden Kisten! Die fotografische Perspektive ist kurios: weil hinter dem Rheindeich, tiefergelegen, wirkt die hoch aufgehängte Versuchsbahn eher als U-Bahn. Und die Zuschauer stehen "wie die Zaunlatten", wortwörtlich.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Auf dem Firmengelände ein anderer Prototyp mit völlig anderer Aufhängung.

Der Skytrain am Düsseldorfer Airport, gewissermaßen in räumlicher wie auch geistiger Nähe zur Wuppertaler Schwebebahn, fährt nach dem gleichen Prinzip.

 

Als man die Entscheidung traf, eine Schwebebahn zu bauen, trat man nicht gegen den heute so städte-dominierenden und straßen-verstopfenden Individualverkehr (Auto) an, sondern in Konkurrenz zu Pferdedroschke und ersten elektrischen Straßenbahnen bzw. Lokaleisenbahnen.

 

Ein tollkühnes Unterfangen war seinerzeit der Bau. Ohne die technischen Hilfsmittel (etwa Kräne), wie sie heute üblich sind. Eine Meisterleistung, die man gar nicht hoch genug würdigen kann.

 

 

Was muss das für die pferdekutschen-gewöhnten Wuppertaler ein Anblick gewesen sein, als sich plötzlich ein riesiges Stahlgerüst über die Wupper vorschob. Vorstellen konnte man sich wohl kaum, wofür das gut sein sollte und wie das alles funktionieren kann.

 

 

Was ist schon New York / Manhattan gegen Wuppertal. Klimmen dort schwindelfreie Männer auf Wolkenkratzer-Gerippen, so klettern hoch über der Wupper Arbeiter ungesichert und balancierend über dünne Eisenträger. Und wie es scheint, besucht man als Ingenieur die Baustelle im Gehrock.


 

War es nun Voraussicht oder Wagemut: teilweise wurde die Schwebebahn "ins Nichts" gebaut. Das Tal der Wupper, heute Wuppertal, war noch nicht so dicht bebaut, wie man es heute kennt. Zwischen Sonnborn und Vohwinkel gab es eine regelrechte Baumallee.

Und alles Material, alles, egal wie schwer, wie viel, musste mit Pferdefuhrwerken herangeschafft werden ... !!!!!

 

Die erstaunliche Wendigkeit der Schwebebahn zeigt sich in den Wendekurven mit einem Radius von nur 9 Metern. Ursprünglich waren diese Retourkurven noch nicht überdacht und in Haltestellen integriert.

 

 

Immer wieder wird die Metapher vom "eisernen Lindwurm" bemüht, der sich im Tal entlangschlängelt. Hier auf einem dem einzigen geraden Stück ist er noch beeindruckender (Ende 1940er Jahre).

 

 

Zeitgleich mit Wuppertal wurde in Dresden eine Schwebebahn gebaut. Doch diese ist nur ca. 500 Meter lang und führt auf einen Berg; die Wagengondel ist ähnlich gestufte wie bei einer steilen Zahnradbahn. Inzwischen total renoviert fährt sie ebenfalls immer noch, als älteste Bergschwebebahn der Welt, wie Wuppertal die älteste noch existente Personenverkehr-Schwebebahn der Welt ist.

 

Im Ueno-Zoo von Tokyo, Japan, fährt auch eine echte, moderne Schwebebahn. "Monorails", Einschienenbahnen gibt es relativ viele auf der Welt, aber die meisten von ihnen fahren oder schweben auf Schienen, die unter ihnen sind. Hängebahnen sind eindeutig in der Minderheit.

 

Bilder Austinmonorail-Project, auch in der Neuzeit wollte man in den USA mit dem Prinzip Hängeschwebebahn Verkehrsprobleme lösen. Wie man sieht, wäre die Idee auch für deutsche Autobahnen gut.

 

 

Und immer wieder muss die Geschichte von Tuffi, dem Zirkuselefanten erzählt werden. Zu Werbezwecken sollte er Schwebebahn fahren. Fand das aber nicht gut und verweigerte den Einstieg. Doch der Zirkusdirektor bugsierte ihn eignhändig in den Waggon. Kaum in der Luft, es schaukelte, war der "Kleine" unbehalten und trat die Türe ein - und sprang hinaus! 11 Meter tief ins Wupperbett. Er überstand den Sturz vollkommen unbeschadet. Was zweierlei beweist: erstens, es gibt fliegende Elefanten! Und zweitens, die Schwebebahn hält auch Elefanten aus, denn außer einer verbeulten Tür ist weiter nichts passiert.

 

Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung. Der Zirkusdirektor, vorbildlich mit Hut, leitet Tuffi höchstpersönlich durchs Wupperflussbett bis zu einer Stelle, da er wieder zum Zirkus zurück kann.

Was erst viel, viel später herauskam, warum der Elefant abgesprungen ist: er hatte keine Fahrkarte und ein Kontrolleur kam. Ehrlich.