Der Silberling

Eine der merkwürdigsten – oder soll ich wirklich sagen "schaurig-schönsten" – Bücher und Aufzeichnungen über das Bergische ist wohl ein 166 Seiten umfassendes Brevier mit dem Namen "Der Silberling". Eine Solingerin, die jetzt in den Niederlanden wohnt, hatte es im Besitz und hat es durch ihren Sohn scannen lassen. Es erzählt die Geschichte des Bergischen in vielen Einzelgeschichten. Und verfolgt dabei, den (hoffentlich, toi, toi, toi) fiktiven Gedanken, dass ein Silberling, ein Geldstück, Fluch und Unglück bringen. Und an allem schuld ist, was dem Bergischen und den Bergischen in dieser Hinsicht zugestoßen ist. Es wandert von Hand zu Hand, vom Beutel des Armen in die Schatulle des Reichen.

 

Druck und Verlag: Westdeutsche Großdruckerei G.m.b.H., Wald, 1911

 

Der PDF-File ist satte 45 MB groß, der Leserlichkeit wegen auch nicht mehr zu komprimieren. Sollte jemand an der kompletten Story Interesse haben, so kann er mir gerne eine Mail senden. Bei einem seriösen Verwendungszweck sende ich eine CD-Kopie gegen Kostenerstattung zu.

Frau S., die mir diese Datei verschaffte, sage ich recht herzlichen Dank für ihr hartnäckiges Bemühen, mich von der "Echtheit" des Buches zu überzeugen. Ich muss gestehen, dass ich es - sie hatte es mir nur kurz beschrieben - ursprünglich für "unmöglich" hielt. Aber es erwies sich als "echter Knüller". So geht's eben auch erfahrenen Redakteuren: manchem Autoren tut man unrecht.

 

 

 

Dann schauen Sie mal ganz schnell in ihre Spardosen und Schatullen, Taschen und wo auch immer Sie Geld aufbewahren, ob sie nicht - ohne es zu wissen - in den Besitz des verfluchten Geldstücks gekommen sind.

Oder noch besser: Merken Sie sich die Moral von der Geschichte: Geld muss man immer freiwillig und gaaaaanz schnell ausgeben.

 

 

 

 

 

 

Wenn die Erde bebt im Bergischen, die Sonne fahl wird und die Kreuze zerbrechen - huhu, huhuuuuhuuuuu, der Silberling ist Schuld daran.

 

 

 

Und wenn sie demnächst in Altenberg etwas in den Klingelbeutel werfen - bloß nichts mehr Silbriges. Das hat denen schon mal ganz nett Ärger gebracht. Spenden Sie Gold (Euro sei Dank, der ist gemischt).

 

Kloster Altenberg ist die Urzelle des Bergischen Landes.

 

 

Aus dem Bewusstsein verschwunden, dass Werden (bei Essen) einst auch Bergisches Kernland war.

 

Die hinterhältige Ermordung des Erzbischofs und Grafen von Berg, Engelbert II., zu seiner Zeit der mächtigste Mann des damaligen Deutschlands, ist ein epochales, geschichts-prägendes und das weitere Schicksal des Herzogtums bestimmendes zentrales Ereignis. Sie geschah im Jahr 1225. Für Kabbalisten: Quersumme 10=1. Das sagt ja wohl alles.

 

 

Dieser Fiesling, natürlich ein Westfale, warum die Bergischen, den Kölnern seelenverwandt, bis heute die Abneigung gegen alles Westfälische pflegen und sich auch sprachlich zu Wuppertal und Remscheid, Grenzland zu Westfalen, tunlichst fern halten, dieser Fiesling aus Altena, in die Tropfsteinhöhle hätte man ihn versenken sollen, dieser hinterhältige Schlächter hat den guten Grafen Engelbert II meuchlings morden lassen. Pfui. Aber rein Schwere-der-Schuld-mäßig kann er ja nicht dafür, es muss auf Freispruch plädiert werden: denn der Silberling war's ja, wie wir nun wissen.

 

In einem Hohlweg bei Gevelsberg schlugen die Mörder zu, nachdem sie im Gestrüpp und einer hohlen Gasse gelauert haben. Hohle Gasse? Hey, Tell me, what's going on, tell me, tell you.

Hier ist er, der Bergische Strahlemann. Nach anderer Literatur hat er natürlich einen unehelichen Sohn und außerdem, drunter tun wir Bergischen es nicht, ist er nach nämlichem Buch auch ein Abkömmling des in Nazareth Gekreuzigten. Steht da geschrieben. Da geb' ich einen Silberthaler drauf. Oder lieber doch nicht?

 

 

In (h)eiliger Fahrt mussten die Bergischen dann den Erzbischof auf einem einfachen Karren nach Schloss Burg fahren.

Und während ich das hier gerade eintippe, läuft - ernsthaft, wahrhaftig, ehrlich, wirklich - eine schwarze Spinne über die Tastatur. Sieht mich und haut ab. Kann man das einer erklären? Nein, sie kommt wieder, interessiert sich für den Bildschirm. Uuuuuuuuuuhhhhh.

 

Was aber echt gut ist: den Isenburg hat man in Köln auf Rad gespannt und gepfählt. Dass dennoch heute Züge durchgängig von Köln über Solingen-Ohligs nach Hamm in Westfalen fahren, ist doch echt ein Fortschritt, nicht wahr. So etwas wie der Bergische Westfälische Friede.

 

 

In der Schlacht zu Worringen erkämpfte sich das Bergische die Unabhängigkeit von Köln. Mit dem angeblichen Schlachtruf "roemryke Berghe", ruhmreiches Berg, kloppten sich die bergischen Bauern mit den Rittern und gewannen. Seitdem gilt im Bergischen der Buur mehr als der Edelmann, unabhängig davon, wie viele Silberlinge sie in der Tasche haben.

 

 

Schloss Hackhausen bei Ohligs. Hier wurde offiziell die Hackordnung erfunden, nach der sich die Menschen noch heute das Leben schwer machen. Silberling für Silberling.

 

 

Sie fragen, wer oder was ist Cleverham. Nun Clever ist nicht von clever abgeleitet, sondern von Cleve, Kleve, der Stadt am Niederrhein und Hamm eine Senke. 1809 ereignete sich bei Eisgang des Rheins hier übrigens ein Dammbruch, ein Fräulein wollte ein Kind retten und ertrank, was Goethe dazu veranlasste, ein rührendes Gedicht zu schreiben. So ist also der Silberling am Ende gar noch Goethes Muse?

 

Im Cleverham besiegt Graf Adolf II. seinen Widersacher Herzog Wilhelm von Berg und dessen Verbündete.

Jülich-Kleve-Berg hieß folgerichtig späterhin das Herzogtum. Eine Anektion des Bergischen durch die Niederrheiner. Wahrscheinlich der Grund, dass Solinger bis heute Gouda-Käse, frisch und preiswert, über alles lieben. Mehr als ein Silberling darf er nicht kosten. Aber schön goldgelb muss er sein.

So nebenbei lernt man alle Burgen des Bergischen kennen. Nesselrode, Nesselrath, ist bei Leichlingen (heute im Stadtbezirk Opladen) gelegen. 1303 wird sie zum ersten Mal genannt. Die Ursprünge liegen im Dunkeln.

 

 

Leysiefen ist als Burg gleich nebenan; heute ist hier nur noch die Zoppesmur zu sehen. Ob die Burgen jemals so groß gewesen sind wie auf beiden letzten Federzeichnungen, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Der Phantasie von Künstlern kann man eben nicht für einen Silberling trauen.

 

 

Und auch hier wette ich alle meine Silberlinge drauf, dass der Zeichner es sich leicht gemacht hat. Er hat nämlich die Burg so gezeichnet, wie sie wiederaufgebaut wurde (Ende des 19. Jhdts) und nicht, wie sie wirklich im 14. Jhdt gewesen ist. Doch dem Selbstwertgefühl der Bergischen tut es keinen Abbruch. Es gibt keine schönere Burg auf der Welt und auch kein Schloss als Schloss Burg hoch über der Wupper und Burg an der Wupper (letzteres müssen Sie als Fremde wörtlich nicht deuten können, ist aber buchstäblich wahr).

 

Übrigens: als Schloss Burg wieder neu aufgebaut wurde, wurden die Kosten in Reichsthaler abgerechnet. Und das waren bekanntlich - Silberthaler !

Hier wieder ein Bergisches Strahlemännchen, Wilhelm II, der das Land in fester Herrschaft einigte, nur, auf dass es dann erneut vor sich hin dümpeln sollte Mit Wilhelm war übrigens die Grafschaft zu einem Herzogtum aufgestiegen. Was die Untertanen mit reichlich Silberlingen zu besteuern hatten.

 

 

Aber schließen wir dieses Kapitel doch erst einmal mit dem echt Bergischen Spruch "Hol's der Henker". Womit gemeint ist: ist mir auch egal.

 

 

 

 

 

 

 

Hier geht es weiter mit dem Silberling