Zugig

Wie in anderen Gegenden auch begann Ende des vorvorigen Jahrhunderts der Boom, jeden Ort mit dem jeweils nächsten per Bahn verbinden zu wollen. Von den nicht vielen, aber interessanten Strecken sind nur die Hauptlinie Köln-Wuppertal, die Ohligs schneidet übrig geblieben sowie die über die berühmte Kaiser-Wilhelm- / Müngstener- / Riesenbrücke, von Remscheid nach Ohligs. Neu hinzugekommen ist später die Verbindung von Ohligs nach Düsseldorf

Ob die Solinger damals so gejubelt haben, als die Eisenbahn kam, sei dahingestellt. Aber der griechische Tempel in Solingen und Volk, das Reigen tanzt - ja, so muss sie wohl gewesen sein, die bergische Volksseele ;-)

 

 

Historisches Solingen-Post '87
Original im Privatarchiv Lommel (abgeändert)
Herausgegeben von Manfred Lommel

Einst hatte Solingen etliche Bahnhöfe. Heute existieren noch Solingen-Ohligs als der eigentlich wichtige, weil an der IC/ICE-Strecke gelegen. Der Hauptbahnhof ist zur Zeit ein Trümmerhaufen ohne Beispiel und soll demnächst saniert werden. Und Solingen Schaberg ist direkt an der Müngstener Brücke gelegen. Der einstige Solinger Bahnhof war auf dem Gelände Weyersberg, der jetzige Hbf wurde erst später als Südbahnhof gebaut. Von dort gingen Gleise zum Nordbahnhof, direkt am Schlagbaum und weiter nach Wald und von dort nach Gräfrath, dann nach Vohwinkel - die berühmte Korkenzieherbahn.

 

Zeichnung: hgw

Zahlreiche Pläne gab es für den Landkreis Solingen, einige wurden nicht verwirklcht.

1841 ElberfeldVohwinkel—Gruiten—Düsseldorf
1845 Elberfeld—Gruiten—Köln (nicht verwirklicht, orange punktiert)
1867 Elberfeld—Gruiten—Köln (verwirklicht)
1845 Wuppertalbahn Opladen—Burg—Sonnborn (nicht verwirklicht, orange punktiert)
1867 Ohligs—Bahnhof Weyersberg
1875 Düsseldorf—Hilden—Opladen
1887 Vohwinkel—Gräfrath—Wald
1890 Solingen-Weyersberg—Solingen-Hbf—Wald
1894 Hilden—Ohligs
1897 Solingen-Hbf—Remscheid; erstes Gleis
1910 dto. zweites Gleis
1915 Solingen—Köln (grünes kurzes Stück in Ohligs, nicht verwirklicht)

 

aus: Gutachten betreffend Städtevereinigung im oberen Landkreis Solingen, 1927

Fahrkartenverkauf 1925:

Solingen 945.000
Ohligs 1.036.000
Wald 51.000
Gräfrath 13.000

Frachtvolumen 1925

Solingen 550.000 to
Ohligs 348.000 to
Wald 154.000 to
Gräfrath 35.000 to

"In Norwestdeutschland ging die Anregung zur Einführung von Eisenbahnen von Friedrich Harkort (1793-1887) in Wetter an der Ruhr aus". 1825, 10 Jahre vor der ersten Eisenbahnlinie in Deutschland, schrieb Hartkort: "Denken wir uns eine solche Strecke von Elberfeld nach Düsseldorf, so würden 1000 Zentner in 2,5 Stunden von einem Ort zum anderen geschafft werden."

Nach zahlreichen, widersprüchlichen, strittigen Planungen hielt sich über Jahrzehnte die Idee, von Vohwinkel eine Eisenbahnlinie dem Tal der Wupper bis Opladen folgen zu lassen.

Skizze aus: aus: Anker und Schwert, Band 2
Verlag für Wirtschaft und Kultur Werner Renckhoff K.G., Duisburg
1964
Herausgegeben vom Stadtarchiv Solingen
farbige Zeichnung: hgw

 

Fahren Sie mit der Maus über die Skizze rechts. Sie sehen rot die heutig existenten Linien, rosa tatsächliche gebaute, heute stillgelegte Linien und grün die geplante Trasse einer "Wupper-Eisenbahn".

 

Situation 1969, eine Art "Vollversorgung" mit Bahnstrecken. Historisch sind die 228, die Grundader in der Eisenbahnentwicklung des Bergischen Landes; aber auch die 229. Ebenso die 230 und die 288b als Konkurrenz zur Wupper-Hauptachse Vohwinkel-Elberfeld.

 

So sah einst der Süd-, spätere Hauptbahnhof aus, ein stolzes Gebäude, wie Bahnhöfe zu dieser Zeit (um 1915) auch in kleineren Städten üblich waren (woher hatten die Kommunen oder die Bahn eigentlich das Geld für solche Bauten???). Was in anderen Städte die Normalität ist, nämlich dass vor dem Bahnhof Busse und Straßenbahnen losfahren, hat Solingen bis auf eine kleine Ausnahme niemals schaffen können. Der Bahnhof ist gescheitert, weil er mitten in der Stadt kaum erreichbar ist. Soviel Dummheit einer Kommune müsste eigentlich mit einem Preis ausgestattet werden.

Mit diesem bescheidenen Gebäude hatte es um 1890 angefangen, der Vorläufer des Hauptbahnhof-Gebäudes.

Abb: Stadtarchiv Solingen

 

So sieht, in seiner Totenruhe, das Gebäude jetzt aus, wenn man es wie die Solinger Starfotografin Kerstin Putsch liebevoll als Motiv behandelt.

Originalfoto: Kerstin Ehmke-Putsch

 

 

Panoramabild des früheren Hauptbahnhofs. Vier Fahrzeugarten auf einmal, wenn auch eine indirekt: hinter dem Bahnhofsgebäude die Züge, davor Auto, Pferdefuhrwerk und Straßenbahn.

Kunstverlag Max Biegel, Elberfeld
wahrscheinlich 1927

 

Bahnhof Solingen: dort wo heute der Park- oder Kirmesplatz Weyersberg viel Fläche bietet, ungefähr an der Stelle der Klingenhalle stand der frühere Bahnhof Solingen. Die Friedrichstraße hatte einen Fußgängeranschluss dorthin, vom Güterschuppen aus konnte man die Waren direkt hoch in die Innenstadt fahren.

Abb: Stadtarchiv Solingen

 

Um 1900 zählte die Belegschaft des Bahnhof Ohligs an die 50 Köpfe.

Bild: Stadtarchiv
in: 150 Jahre Stadtsparkasse Solingen

 

Der Traum der Remscheider und Solinger: es mögen die Fernzüge vom Bergischen Land in aller Herren Länder fahren. Ab und zu wagt sich mal ein Sonderzug über die Brücke und in der Tat fuhren einst, wie Autor Kurt Kaiß in unten erwähnter Zeitschrift berichtet, D-Zug-Kurswagen von Lennep nach Ohligs, um dort an Züge nach Nord und Süd gehangen zu werden.

Nach einem Foto von  E. Pempelforth in Eisenbahn-Journal November 1997

 

Um 1930 - ein Zug überquert die Müngstener Brücke Richtung Remscheid. Echte Eisenbahn-Experten werden wissen, um welche Dampflok es sich handelt ... - oder?

 

Und zum Schluss noch etwas für die Esoteriker. Da geschah doch im Bahnhof Schaberg, neben der Müngstener Brücke am 11. September 1999 ein Unfall mit einem überladenen Güterzug, der nicht mehr rechtzeitig bremensen konnte.
11. September, kommt uns das Datum nicht bekannt vor? Exakt 2 Jahre später ... nicht weit von Müngsten, in New York ..


 

 

 

Zwei Brücken an den Überbleibseln der ehemaligen Nordbahn-Strecke, die vom Hauptbahnhof zum Bahnhof Nord am Schlagbaum führte (von dort aus nach Wald, weiter nach Gräfrath, von dort auf der Korkenzieherbahnstrecke nach Vohwinkel). Die obere Brücke überquert die Cronenberger Straße, die untere die Klauberger Straße