Symbolische Heraldik: der Bergische Löwe, der wehrhafte Harnisch, das schildhafte Solinger Wappen.

Bergisches Land

Knapp eintausend Jahre währt nun die Geschichte des Landstriches zwischen den Flüssen Rhein im Westen, Ruhr im Norden und der Agger im Süden; in ihrem Mittelpunkt die Wupper, ein Wasserlauf mehr als Bach, weniger als ein Fluss, aber bedeutsamer als manch anderes Gewässer. Das Herzogtum Berg hat nie eine bedeutende Rolle im politischen Sinne gespielt, war nie "mächtig"– Bergische Grafen dagegen durchaus. Aber das Bergische wurde eines der erfolgreichsten Industriezentren Deutschlands, war eine Wiege revolutionärer Ideen und Erfindungen, ein Konglomerat mutiger Taten und des kleingeistigen Philistertums, brachte ungezählte menschliche "Größen" hervor, nur, um sie im öffentlichen Bewusstsein fast samt und sonders zu vergessen. Vor allem wurde im Bergischen Land Sozialgeschichte geschrieben, die sozial orientierte Politik der letzten 150 Jahre in Deutschland entscheidend beeinflusst. Wer das Bergische Land zum Ruhrgebiet zählt, begeht eine Todsünde, es ist eine grüne Landschaft, deren ungemein vielfältiger Reiz am besten denen gefällt, die hier wohnen. Ein Land, das sich selbst genügt. Und deshalb zu einer Export-Region wurde. Die Widersprüche sind das, was das Wesen der Selbstbesinnung ausmachen. Das Bergische Land war, ist und wird immer sein ein Land der Gleichzeitigkeit des Gegensätzlichen. Und: vom Ursprung her ist es "Kölner Gebiet". Köln war über Jahrhunderte die einflussreichste, mächtigste, einer der reichsten Städte des Reiches und die frömmste. Keine europäische Stadt bot mehr Kirchen auf so engem Raum. Köln verstand, mit Stadt- und Allgemeinheiligen ein Vermögen zu machte und zog Millionen von Pilgern an. Hinter Rom galt Köln als die katholischste Stadt Europas. Der Kölsche Klüngel ist im Ursprung nicht Korruption, sondern das "Geben und Nehmen" zwischen der Bevölkerung und ihren gehüteten und exportierten Heiligen. Die Leute lebten von ihrem Ruf als Kirchenstadt und die Heiligen waren dafür so der Glaube den Kölnern gut gesonnen. Von Köln aus kam der Segen (sprich die Genehmigung und Gewährung) für die Herzöge des Bergischen und ohne Kölner Protektorat wäre das Bergische niemals so geworden, wie die Geschichte dann verlief. Dass die Kölner, nicht nur im Karneval, mit humoristischer Attitüde auf die Düsseldorfer herabschauen, hat also seine Berechtigung. Denn das Dorf an der Düssel ist nur per Zufall durch die Laune eines einzelnen Grafen zur Hauptstadt des Bergischen geworden und wurde später dann durch die Franzosen und Preußen als Verwaltungszentrum bestärkt. Der herausragende Graf der Bergischen Dynastie, Engelbert II., zugleich Erzbischof von Köln in Personalunion, war als Reichsverweser einst mächtigster Mann in Deutschland des Frühmittelalters. Die Ära endete mit Mord in der Blutsverwandtschaft, das Bergische verblieb fortan im Schatten anderer mächtigerer Herrscherhäuser. Gleichwohl hatte seine Gründung mit einer für die damalige Zeit typischen Heldentat begonnen, dem Sieg in einer Schlacht (bei Worringen). Seit dieser Zeit ist der angeblich von den aufständischen und siegreichen Bauern des Bergischen benutzte Schlachtruf "Roemryke Berghe" (ruhmreiches Berg) das heimliche, immer mehr vergessenes Synonym des bergischen Selbstbewusstseins.

 

Das Bergische Land nach heutigen Gemeinde- und Kreisgrenzen. Es ist nur noch teilweise mit dem Bergischen Land der Grafendynastie, der französischen oder preußischen Verwaltungs- und Gebietseinteilung identisch. Zweifellos zählt sich Düsseldorf, einige Zeit Hauptstadt der Bergischen, weder von Kultur noch von Mentalität heute zum Bergischen und dem Mettmanner ist Waldbröhl nicht weniger fern als dem Schweden Sizilien. Die Oberbergischen, sagt man, haben nicht nur die weitaus umfangreicheren Wälder, sondern auch dazupassende Hartschädel, Leverkusen ist ein künstliches Verwaltungsgebilde, in dem das heute zum Stadtteil degradiert Opladen eigentlich die Vorherrschaft gebühren würde. In dieser Karte fehlen die Namen vieler, vieler Orte, die einst von überragender Bedeutung waren und heute nur noch Stadtteile sind.

Autokennzeichen:
ME = Mettmann (Mettmann)
W = Wuppertal
SG = Solingen
RS = Remscheid
LEV = Leverkusen
GL = Rheinisch-Bergischer Kr. (Bergisch Gladbach)
GM = Oberbergischer Kreis (Gummersbach)

 

Im Bergischen Land leben rund 1,8 Mio Menschen (rund 10 % der Bevölkerung Nordrhein-Westfalens), mit einer mittleren Bevölkerungsdichte von 840 Menschen pro qkm (das sind ca. 1.200 qm pro Person Fläche).

Die vergessenen Nördler

 

 

 

 

Ein politischer Flickerlteppich. So sah es in Deutschland Ende des 18. Jahrhunderts aus. Solingen (gelb-blauer Kreis) war "Bergisches Binnenland", das Herzogtum Berg mit dem Herzogtum Jülich vereint, dazwischen das Kurfürstentum Köln. Die weiße Linie kennzeichnet den Verlauf der Landesgrenze des heutigen deutchen Bundesstaates Nordrhein-Westfalen

Nein, nicht Nörgler. Sympathische Menschen. Aber irgendwie auch "Zwischenmenschen". Zwischen allem: Dem Rheinland und Ruhrpott, Westfalen und dem Bergischen. Mülheim an der Ruhr, stolzes, schönes, wichtiges und zugleich nettes Städtchen, sogar mit eigenem Flughafen, mit einer Weißen Flotte an dem Fluss, der zum Synonym für Industrie wurde und doch in einer anmutigen Landschaft fließt. Mülheim ist gewissermaßen die nördlichste Bergische Bastion, trägt den doppelschwänzigen bergischen Löwen im vielgeteilten Wappen und spricht ansonsten Mölmsch, was dann doch zeigt, dass man sich mit den Bergischen verstehen, aber eben doch nicht so ganz mit ihnen identifizieren kann.

 

Das "Kernland des Bergischen mit einigen der alten Ortsbezeichnungen, die heute z. T. Ortsteile sind. Zwei Städtenamen sind erst Um 1929 "erfunden" und eingeführt worden, nämlich Wuppertal und Leverkusen.

Diese Karte im Detail (Achtung: Ladezeit, ca. 1,6 MB; nichts für niedrige Übertragungsraten)

Linker Teil der Karte

Rechter Teil der Karte

(Ursprung: Landkartenverlag Ponten, Aachen)

 

Geschichtszahlen des Bergischen, des Kreises und der Stadt Solingen:



Rückseite Merian-Heft 1/XII
1959
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg
Zeichnung Rainer Schmidt, Hamburg

Die bekannteste und legendärste Urmenschenrasse, die Neanderthaler, sind nach einem Tal im Niederbergischen benannt; es liebt zwischen Wülfrath und Mettmann. Das Tal wiederum hat den Namen von Joachim Neander, einem Kirchenliederdichter (1650-1680), dem Schöpfer des Liedes "Lobe den Herren". 1856 entdeckte J. C. Fuhlrott in einer Höhle einen Schädel, der recht bald als der eines Frühmenschen identifiziert wurde - 180.000 Jahre alt. Seit 30.000 Jahren lebt dieser Zweig der homo sapiens nicht mehr; es gilt neuerdings als gesichert, dass diese menschliche Rasse genetisch nicht unsere Urahnen sind, sondern ausstarben. Ab dem Jahr 2000 wurden weitere menschliche Knochenreste gefunden; jungen Wissenschaftlern gelang des Unglaubliche: sie fanden die längst verschüttet, örtlich inzwischen vergessene Höhe des Urfundes wieder und zu den seinerzeitigen Funden passende weitere Knochensplitter. Etliche andere Gerippeteile und Zähne, unter anderem der Milchzahn eines Kindes, sind auch gefunden worden.

 

Niederbergisches: um Düsseldorf, Velbert, Mettmann, Wuppertal (früher Vohwinkel, Elberfeld, Barmen usw.)
Oberbergisches: etwa südlich der Linie Bergisch-Gladbach - Marienheide
Das "Bergische Kernland": im Umkreis von rund 20 km Luftlinie um Burg an der Wupper; darin eingebettet der "Bergische Dom", der Dom zu Altenberg

 

Diese Karte zeigt - in etwa - die Ausdehnung und Lage des Bergischen Landes. 1050 wurde dieser Teil des damaligen Herzogtums Niederlothringen (Ripuarien) selbständig; Grafen von Berg, so der Name des Adelsgeschlechts, regierten. Sie gaben dem Land den Namen: Bergisches Land, das Land derer von Berg. Die Grafen waren teilweise zugleich Erzbischof von Köln (Deutz, der heutige Kölner Stadtteil, war Verwaltungsmitelpunkt)  und Vögte der Abtei (Essen-) Werden. 1118 wurde Schloss Burg gebaut, an einem hohen Felsen über der Wupper, das war für einige Zeit die Hauptstadt des Bergischen. Dann verzogen die inzwischen zu Herzögen erhobenen Landesherren Residenzen in Düsseldorf; etliche, für das sog. Mittelalter typische Erbstreitigkeiten charakterisierten das Zusammengehören oder die Teilung des Landes mit Grafschaften bzw. Erbländer wie Cleve, Mark, Jülich. Auf dieser Karte fehlt oben rechts eigentlich der Bergische Zipfel, der bis Altena an der Lenne reicht, einst auch wichtiger Teil des Bergischen Landes.