Bergisches Land 2

Die Industrialisierung Deutschlands, eigentlich sogar der gesamten Welt, geht unzweifelhaft vom Bergischen Land aus. Denn die Erfindung des nahtlosen Stahlrohres erst machte es möglich, Energie und Maschinen im großen Umfang sicher und wirtschaftlich zu erzeugen, zu betreiben und zu verteilen. Kraft lässt sich durch nahtlose Rohre in mannigfacher Hinsicht nutzen: Ob Kraftwerk oder Fahrrad, Gasleitung oder Dampfkolben, Flugzeugbau oder Riesenschiffe, das Badezimmer, der OP-Saal, die Beleuchtung und der gesamte Bau, Brücken und Sendemasten, Satelliten und Bühnenshows: überall nahtlose Rohre. Und sie wurden tatsächlich in Remscheid erfunden, von den Brüdern Mannesmann.

Schrägwalzverfahren (1887)

Und wer arbeitet, muss auch essen:
 

Bergische Spezialitäten für Leib und Magen:

Die Bergische Kaffeetafel: Kaffee mit reichlich Milchsahne und Zucker; zum Essen Rosinensemmel (süßes Brot), Schwarzbrot/Vollkornbrot, Weißkäse (Quark, "Klatschkies"), jungen Goudakäse, Butter, Milchreis mit Zimt, Marmelade, Rübensirup ("Rübenkraut") oder Apfelkraut; dazu Burger Brezel; süße Waffeln (frisch im Waffeleisen gebacken) plus saure Kirschen, gerne auch Sahne; fürs Sattwerden unter Umständen noch Sandkuchen ("Pröffkuoken"), im Herbst plus Pflaumenkuchen oder gedeckten Apfelkuchen; je nach Variante und Hunger zusätzlich geräucherte Mettwurst ("Bratwurst", "Kottenwurst"), Blutwurst, beides mit rohen Zwieberingen; notwendigerweise hinterher ein "Körnchen", Kornbrand (Kenner trinken davon soviel wie vorher Kaffee, und drei Tassen Kaffee sind Pflicht);
Wer lieber Schokolade statt Kaffee trink, ersetzt den rauhen Schnaps durch milden Eierlikör; besonders Damen ab 70 zu empfehlen; Klosterfrau Melissengeist gleicht's dann wieder aus.

Riffplätzker, Riffkoken, Riffkuoche (je nach Mundart); Reibekuchen (bayerisch: Reiberdatschi): möglichst sehr fettig und dick mit Rübenkraut bestrichen; ohne den Zuckersirup sollen um die 30 handtellergroße Reibekuchen bei jungen, kräftigen und arbeitenden Männern seinerzeit Usus gewesen sein;
sehr einfaches Rezept: Kartoffeln reiben, kleingehackte Zwiebeln darunter, Salz nach Belieben, Pfeffer, eine Prise Muskat, je nach Menge 1 bis 3 Eier, verrühren; in viel heißem Öl flach ausbacken; möglichst frisch essen;
Ach ja: hinterher Schnaps, je Reibeplätzchen einen.

Variante: Schnibbelkouken, Pillekouken; größere Kartoffelschnitze, ähneln auffallend Schweizer Röstis, sind aber wegen Zwieben und Gewürzen sowie Ausbacken in Fett viel leckerer und neigen zum längeren Verbleib im Magen.
Medizinisch ist, wegen des Emulgierens, daher der Schnapsverzehr während des Essens empfohlen. Achtung: eher bei Kartoffeln maßhalten.

Pannhas, Kröppels: Eine Art Blutwurstmasse (Herz, Leber, Lunge, fetter Speck), jedoch mit Buchweizenmehl, ähnlich zu einer großen Pastete geformt wie Leberkäse, scheibenweise mit Öl kross in einer Pfanne ausbacken; auf Schwarzbrotscheiben essen; gerne auch nach Geschmack mit rohen Zwiebelringen oder süßem Rübenkraut;
Übrigens: hinterher Schnaps, diesmal am besten DB, Drietlochsbitter, eine Mischung aus Underberg und Korn; je Zwiebelring einen ....

Bokweïterrötsch, Pfannkuchen aus Buchweizenmehl; mit dicken Schweinespeck-Stücken darin oder Bratwurst-/Mettwurst-Scheiben belegt; dazu grüner Salat in Sahnesauce;
empfehlenswert: hinterher ..., Sie wissen schon.

Pferdegulasch, Pferdesauerbraten: Pferdefleisch ist DIE Delikatesse im Bergischen; jede Hausfrau, jeder Koch hat eigene Rezepte; ganz hervorragend auch die Pferdewurst, eine Knackwurst aus Pferdefleisch, dick mit Senf bestrichen (übrigens am besten Düsseldorfer Löwensenf, der ganz scharfe).
Danach ..., ok.

Bohnensuppe: gibt es in ungezählten Variationen; im Prinzip ein mit Wasser verlängerter Bohneneintopf ("Schnibbelsbohnen"), mit Kartoffeln, anderen Gemüse- und Wurzelsorten, nach Geldbeutetl, Geschmack und Tradition mit allerlei Fleischeinlagen. Reizvoll ist die Variante Bohnen in Milch gekocht.

Für Gesundheitsbewusste: Bergisches Gemüse "untereinander"
Folgen Sie der Kochkunst meiner Großmutter. Man nehme beliebige Gemüse, am besten Kohl. Koche es lange und gründlich aus und schütte die Brühe, in die alle Mineralien, Vitamine und Vitalstoffe gezogen sind, komplett ab. Dann gebe man das Gemüse, von dem nun nur noch die Zellulosebestandteile existieren, in einen Topf, der mit reichlich Schmalz ausgefüllt ist und brate es leicht an. Danach kommt Schweinebauch oder Schweinspeck hinzu. Halbierte Salzkartoffeln unterrühren. In riesigen Mengen servieren. Dazu am besten gegrillter Schweinebauch.
Sie halten das nicht für gesund? Irrtum. Es ist Nulldiät pur. Entweder Sie kotzen alles sofort wieder aus oder sie weigern sich, auch nur einen einzigen Bissen davon zu essen. Gesünder gehts wirklich nicht mehr.
Außer: Vor Schreck trinken Sie ... siehe oben.

Noch ein Diätrezept: Trinkkur "Blauer Montag"
Montags haben Solinger Schleifer nie gearbeitet. Da erholten sie sich vom Wochenende. Mit folgender Arznei:
Kanne Fusel (Kanne = gr. Flasche, Fusel = Kornbrand), Kasten Bier (Kasten = 20 Flaschen zu 1/2 Liter), Reimel Brotwuorscht (Reimel = undefinierbare, große Menge; Brotwuorscht = geräucherte Mettwurst, mdl. Bratwurst) mit Senf.
Mengenangaben selbstverständlich für 1 Person.
Falls die Anwendung länger als bis zum frühen Nachmittag gehen soll, Mengen verdoppeln.
Achtung: Das Verprügeln von Hausfrauen ist heute unter Strafe gestellt. Kinder darf man auch nicht mehr in die Kneipe schicken, um Nachschub zu holen. Und gepinkelt wird auf Klo, nicht über den Schleifstein !

Seit 1910 aus der Mode gekommen: Krommetsvögel
Man fange eine oder mehre Wacholderdrosseln (Amseln) in Kauen (bis dato fing man in Solingen jährlich zehntausende). Köpfen, Rupfen, Ausnehmen. Zart braten. Dazu: Bier und Schnaps. Guten Appetit.
(Wirklich und wahrhaftig: diese Vögel waren hierzulande seinerzeit "Normalessen". Bevor man sich aufregt: erstens sind Wachteln und ähnliches heute Normalfall auf Speisekarten, zweitens, geht es einem Huhn aus der Legebatterie besser?)

Kobold und Knirps sind zwei Regenwichtel, die aus Solingen stammen: Kobold der "Urahn" aller automatisch aufklappbaren Schirme, gefertigt von Kortenbach & Rauh und Knirps die Marke mit dem roten Punkt, gefertigt von Bremshey. Beide Firmen existieren nicht mehr, die Marken werden weitergeführt.

Je ungesünder, desto lieber ist es dem Bergischen. Denn sonst sündigt er ja nie, der Bergische.

 

Für alle Diät-Fans: der drüge (trockene) Burger Brezel, der am besten schmeckt, wenn er in Kaffee jezoppt (getunkt) wird. Kalorienarm und süchtig machend.

 

Reiten kann er noch nicht, aber ein Pferde essen, das schon. Am liebsten in Form knackiger Pferdewürste.

Hunger ist ein Übel. Deswegen schickt die Polizei zuweilen ihre Lieferwagen aus, um sich ein Frühstück zu besorgen ...

Die Kottenbutter ist längst ein außerkottenliches Butterbrot geworden und erfreut sich eine von der Schneidwarenindustrie-Konjunktur abgekoppelter Beliebtheit.

Geduldig warten Gästinnen (die feministisch-radikale  Rechtschreibreform verlangt solche Worte) auf das fertig gebackene Fischbrötchen.

In der Ex-DDR hieß es schlicht und einfach "aus". Krommetsvögel alle weggeflogen, nur noch die Käfige da.

 

Was man bisher über das Bergisch Land noch nicht gewusst haben muss oder schon wieder vergessen hat .

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Bergischen Land wohnen rund 1,2 Millionen Menschen. Die älteste Stadt ist Wipperfürth (Stadtrechte um 1220), die einwohnermäßig größte Stadt Wuppertal (ca. 350.000; gegründet 1929 als Zusammenschluss vieler kleinerer Städte und der größeren Barmen und Elberfeld).

 

  • Es gibt eine Wallfahrtskirche, zu der gepilgert wird. Sie steht in Neviges.

  • Wuppertal hat eine "Schwimm-Oper" (Stadtbad Johannisberg).

  • Die erste Talsperre Deutschlands wurde in Remscheid gebaut.

  • Aus keiner Gegend kommen mehr deutsche Bundespräsidenten als aus dem Bergischen Land: Gustav Heinmann / Schwelm, Walter Schee / Solingen, Johannes Rau / Wuppertal.

  • Als einzig deutsche Stadt ist der Name Solingen geschützt - exklusiv für Schneidwaren, die im Raum Solingen überwiegend produziert und zusammengesetzt werden ("Lex Solingen", Gesetz zum Schutz des Namens Solingen in der Öffentlichkeit).

  • Die einzige wirkliche "Monorail" mit "Alltags-Bedeutung" fährt weltweit in Wuppertal: die Schwebebahn. Aus ihr springen gelegentlich Elefanten ab, der letzte in den 50er Jahren; seitdem heißt ein Joghurt nach ihm: Tuffi.

  • Am 8. 12. 88 stürzte im Wohngebiet Remscheids ein Militärjet ab. Seitdem halten sich Gerüchte, es sei Uran freigesetzt worden. Leukemie- und andere Krebserkrankungen in der Nähe der Absturzstelle nährten die Mär. Offiziell stellte die Landesregierung NRW 2002 fest, dass kein Uran nachweisbar sei.

  • Der in Remscheid geborene Conrad Wilhelm Röntgen, der 1895 die nach ihm benannten Strahlen entdeckte, wurde 1901 der erste Nobelpreisträger für Physik.

  • Nahtlos gewalzte Rohre, revolutionär für den Maschinen- und Anlagenbau bzw. unverzichtbar für Autos usw., werden 1886 von den Gebrüdern Mannesmann in Remscheid erfunden; Gleichfalls in Remscheid wurde der erste Elektrostahlofen der Welt von den Edelstahlwerken Lindenberg in Betrieb genommen.

  • 1849 gibt es in Elberfeld Barrikadenkämpfe - die deutsche (soziale) Revolution tobt auf den Straßen; Todesopfer.

  • 1970 wird in Wuppertal der Kiesbergtunnel eröffnet. Es ist der erste doppelstöckige Straßentunnel Deutschlands.

  • Das "Sonnborner Kreuz" der Autobahn A 46 ist zur Fertigstellung 1974 das größte Deutschlands.

  • 1794 wird in Barmen die erste wasserbetriebene Baumwollspinnerei der Welt eingerichtet.

  • In Burg an der Wupper existiert die einzige Omnibusdrehscheibe Europas. Die Busse können aus Platzmangel nicht fahrend wenden, sie werden auf einem "Teller" gedreht.

  • Noch ein Brückenrekord: Die Blombachtalbrücke, eine Betonbogenbrücke über die A 1, war über Jahrzehnte die größte Deutschlands.

  • In Barmen fuhr die erste elektrische Zahnradbahn der Welt zwischen Barmen und dem Toelleturm (sie wurde gegen den Willen der Bevölkerung und der Wirtschaft vom Stadtrat 1956 nicht nur stillgelegt, sondern zerstört).

  • Das Bergische Land ist auch ein Gebirgsland: Remscheid ist mit Bezug auf die Innenstadt die höchstgelegene Großstadt nördlich der Donau; mit 25 % gibt es in Remscheid die steilste innerörtliche Straße Europas; bis 1968 gab es in dieser Stadt die steilste Straßenbahnstrecke Europas, übrigens auch die erste elektrische Straßenbahn Westdeutschlands; der Streckenabschnitt Erkrath - Hochdahl der Bahnlinie Düsseldorf - Wuppertal ist Europas steilste Haupteisenbahnstrecke (1847 erbaut), herunterfahrende Zug zogen per Seil, das über eine Umlenkrolle lief, den hinauffahrenden Zug mit.

  • Mit den Persönlichkeiten Röntgen, Sauerbruch und Bayer hat das Bergische deutsche Medizingeschichte geschrieben.  

  • Das Briller Viertel in Wuppertal ist Deutschlands größtes zusammenhängendes Villenviertel.

  • Friedrich Engels stammt aus Elberfeld. Die deutsche Sozialgeschichte wäre ohne seine Ideen anders verlaufen.

  • Nirgendwo in Deutschland gibt es auf so dichtem Raum so viele religiöse unterschiedliche Kirchen, Gemeinschaften, Sekten wie in Wuppertal

  • In Essen-Werden steht eines der ältesten und bedeutendsten Klöster Deutschlands (Bergische Herzöge waren Vögte in Werden).

  • Pina Bausch, weltbekannte Balletmeisterin, ist Wuppertalerin, geboren in Solingen.

  • In Barmen, auf dem Werth zwischen Alter Markt und Heubruch wurde 1960 die erste Fußgänger-Zone Deutschlands eröffnet.

  • Seit 1828 wird von Barmen aus missioniert: die Barmer Missionsgesellschaft (heute Rheinische M.) errichtet Stationen vor allem in Afrika.

  • In Wuppertal-Vohwinkel gibt es unter der Schwebebahn jährlich einmal den längsten Straßentrödelmarkt der Welt.

  • Jeder kennt das Lied "Kein schöner Land in dieser Zeit". Keiner weiß, dass es vom Dichter Wilhelm von Zuccalmaglio aus Waldbröl stammt und auf das Bergische Land gemünzt ist.

  • Die Poststempel mit den beweglichen Datumseinstellungen, wurden von dem Solinger Julius Klaucke erfunden.

  • In Solingen gibt es die einzige deutsche Süßwarenfachschule. Und die Haribo-Goldbären erblicken samt und sonders in Solingen-Gräfrath das Gummilicht der Welt.

  • Das deutsche Dick-und-Doof-Museum ist in Solingen.

  • Das Bergische Land ist Flughafen-Zentrum! Allein 6 internationale Verkehrsflughäfen sind innerhalb einer Autostunde zu erreichen. Dreimal so viel wie in New York.

    Als einzige Stadt in NRW hat Solingen den Integrationspreis des Bundesinnenministeriums und der Bertelsmann-Stiftung gewonnen – kein Wunder, die Stadt beherbert Bürger aus 130 Nationen und ist durch die Brandstiftung auf der Unteren Wernerstraße im negativen Sinne zu einem Symbol geworden. Um dies zu kompensieren, unterstützt sie einen Ausländerbeirat, der Kommunalpolitiker berät.

    Lüttringhausen ("Lütterkusen"), Stadtteil von Lennep, wird als "schönes Dorp im Bergischen" bezeichnet – ein noch authentisches Kleinod – so etwas wie das "Bergische Rothenburg o.d.T."; gleiches kann im übrigen Langenberg für sich in Anspruch nehmen. Und Lennep ... und mehre dutzend andere Orte achu.

  • Das Bergische Land ist das einzige in Deutschland, das zu recht behaupten kann, eine Schlüsselindustrie zu besitzen. Nämlich die von Velbert; aber auch in anderen bergischen Städten (Solingen) gab/gibt es Schlüssel- und Schlossfabriken.

    2006/7 geht im Waschhaus Weegerhof des Spar- und Bauvereins Solingen der letzte Waschmeister (mit Dampfkesselschein) Deutschlands in Pension – den Beruf gibt es fortan nicht mehr – und auch keine zentralen Waschhäuser für Sozialsiedlungen mehr.

  • Ohne das Bergische Land führe in Deutschland kein einziges Auto. Hier sind bedeutende Zulieferer für die Automobilindstrie ansässig.

    Der älteste noch existierende Männerchor Deutschlands ist ein Solinger Chor, die Meigener. Sie wurden 1801 gegründet und singen immer noch froh und munter.

  • In Solingen wurden die ersten Müll-Wechseltonnen Deutschlands eingeführt; jene Behälter, die regelmäßig von den "Müllmännern" gelehrt werden.

  • Kletter-Nikoläuse, wie sie zur Weihnachszeit regelmäßig die Fassaden hochgehen, wurden in Solingen erfunden und die Originale dort noch immer hergestellt.

  • In Solingen-Wald steht - bis heute! - Deutschlands älteste Stahlgießerei, C. Grossmann, 1853 gegründet.

  • Die erste Eisenahn Deutschlands, auf Schienen (noch von Pferden) gezogene Wagen, fährt 1829 im Bergischen, im Deilbachtal; es ist die 7,3 kam lange Kohlenbahn (Schmalspur) vom Himmelsfürster Stollen in Überruhr Richtung Elberfeld (Dampflok Fürth-Nürnberg 1835)

  • Fahrräder, wie wir sie heute kennen, wären ohne Solinger Firmen und Produkte plus einer Erfindung aus Remscheid nicht denkbar: erst nahtlose Stahlrohre erst machten Velos der heutigen Bauart möglich, und die waren früher eine Domäne der Bergischen Stahlindustrie.

  • Schon 1903 gab es im Bergischen - vor allem im Morsbachtal, das bei Müngsten münde -  das, was man heute Vergnügungsparks nennt. Regelrechte Bahn-Attraktionen, so zum Beispiel ein schräg ins Wasser rutschendes Schiff oder eine hölzerne Sommerrodelbahn.

    An der Grenze zum Sauerland, in Wenden, befindet sich mit der Wendener Hütte die älteste noch existierende Holzkohlen-Hochofenanlage (1728) – von wegen, Stahl käme nur aus dem Ruhrgebiet und werde in schmuddeligen Gegenden gekocht! Die älteste Stahlgißerei, Großmann, wurde 1853 in Solingen gegründet.

    Der Neandertaler ist ein Bergischer !

  • In Elberfeld gründet sich 1830 die erste deutsche Industrie- und Handelskammer; als Bergische Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid noch heute existent.

    Der erste jemals in Deutschland auf einer Verpackung gedruckte und offiziell in den Handel gebrachte EAN-Code (Strichcode) war am 1. Juli 1977 auf einer Gewürzmischung der inzwischen zerschlagenen Firma Wichartz aus Wuppertal.
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Bergische Persönlichkeiten



 

 

 

 

 

 

 

Äußerungen Reisender über das Bergische Land:

Solingen / an der Wipper / im Hertzogthumb Bergen / da gute Wehrklingen gemcht werden. Anno 1633 haben die Hessischen diese Statt eingenommen. Anno 1642 als viel Volcks der Enden lage / wurde Statt und Ampt Solingen rein außgeplündert. Matthaeus Merian, um 1645
 

Die Einwohner darinnen sind mehrentheils felißige Leute, und gar viele darunter zur Handlung geneigt, daher nahrhafft ihr Stück Brodt zu gewinnen, sie suchen auswerts vielfältig mit fremden Landen zu correspondieren, um, wann sich eine Gelegenheit zeigen mögte, etwas zu gewinnen. Sonsten sind sie spizz, scharf und nachdenkend von verstand, und können öffters Dinge, die sie nicht gelernet, anderen nachmachen. Ob sie aber auch friedliebend, akn man am besten auf der Canzley erfahren.
E. Ph. Ploennies, Landvermesser, 1715

Als in Elberfeld wie in der Schwebebahn
Runter auf das Wupperwasser sahn,
Und dann plötzlich unsre Blicke hoben
Gen einander ins Gesicht,
Hätten wir uns eigentlich verloben
Können. — Doch wir taten's nicht.
Weil man manchmal in der Schwebe Schweigen
Vorzieht. Um bald wieder auszusteigen.
Joachim Ringelnatz, 1883-1934

 

 

Das Bergische Land hatte auch einen Sonnenkönig - einen Herzog, der in Düsseldorf Hof hielt, als wäre das Städtchen der Mittelpunkt der Welt (wenn Sie es bitte, bitte wirklich nicht weitersagen: die Düsseldorfer halten sich und die Stadt immer noch dafür und wissen gar nicht, dass es auch südlich von Benrath, nördlich von Kaiserswerth, östlich von Gerresheim und westlich des Rheins noch Leben auf diesem Planeten gibt). Der Großherzog blickt heute stolz auf die Altstadt, die "längste Theke der Welt" und überwacht auf dem Hof des Rathauses den jährlichen Rosenmontagszug. In der Wirklichkeit machte er Schulden, bis das Land pleite war und war ein echter Jung des rheinischen Frohsinns: Leben und Leben lassen, bloss nicht zu viel arbeiten und schon gar nicht ins Portemonnaie schauen. Dass Köln nicht gut auf Düsseldorf zu sprechen ist, hat möglicherweise auch damit zu tun, dass die Kölner immer nur Bischöfe als Oberhaupt hatten und deshalb immer ein schlechtes Gewissen beim Trinken haben ... :-) Weshalb sie sich gerne bei selbigem vergessen.

 

Reiterstandbild Jan Wellem auf dem Platz des Düsseldorfer Rathauses, früher Residenz.
Stich eines unbekannten Künstlers mit den Initialen RK.

 

Johann Wilhelm II., der Kurhut weist ihn als Kurfürsten aus, Apfel und Zepter kennzeichnen seine Stellung als Erztruchsess. Jan Wellem, so sein rheinischer Name, 1658 in Düsseldorf geborene, regierte seit 1679 über die rheinischen Besitzungen seines Vaters Philipp Wilhelm. Nach dessen Tod wurde Jan Wellem Kurfürst von der Pfalz, der im Gegensatz zu seinem Vater Düsseldorf zu seiner Residenzstadt machte. Unter seiner Ägide erlebte Düsseldorf eine bis dahin nie gekannte Blütezeit - unter anderem wurden Straßen angelegt und diese beleuchtet. Geschaffen wurde das Denkmal 1703-11 vom flämischen Bildhauer Gabriel de  Grupello, geb. 1644 in Geraardsbergen; der Sockel ist Ratinger Marmor.

So extrem ferne Vergangenheit ist die Grafschaft des Bergisches Landes noch nicht. Noch zu Preußens Zeiten lebte sie in allerlei Institutionellem fort. 1815 wurde die nebenstehend bezeichnete Synode gegründet. Dieses Gesangbuch wurde 1866 ein einziges Mal aufgelegt - damals ein durchaus "Bergisches Gesangsbuch", den die evangelische Synode (heute umfassender "Evangelische Kirche im Rheinland") bezog sich auf die historischen (vereinigten) Grafschaften/Fürstentümer Jülich, Cleve, Berg und Mark

 

Nicht nur die katholische Kirche kennt die - oft zu Machtzwecken missbrauchte - Druckfreigabe, die Imprimatur ("es werde gedruckt"), auch Schriften und Werke anderer Religionen brauchen den kirchenamtlichen Segen.

 

Das Buch, über 600 Seite stark, zu 24 Seiten im Bogen gedruckt, ist komplett im Handsatz erstellt - der Maschinensatz war noch nicht erfunden. Der Setzer Aufgabe war, Text und Noten ins rechte Verhältnis der Abstände zu bringen, und das heißt, praktisch jeder einzelne Wortabstand ist individuell und anders, muss mit unendlicher Geduld und viel, viel Blindmaterial korrekt auf Satzspiegel-Breite gebracht werden. Auch die Notenlinien wurden aus einzelnen "Noten-Lettern" plus leere Abschnitte unterschiedlicher Breite zusammgesetzt. Das gesamte Buch besteht aus ca. 1,2 Millionen einzelnen "Bleistücken", Buchstaben, Blindmaterial, Noten usw., die von Setzern einzeln angefasst und in Winkelhaken zu Zeilen zusammengesetzt werden mussten. Das war nur durch ganze "Batterien" von geübten und spezialisierten Setzern zu schaffen und nur Spezialverlage hatten überhaupt so viel Material vorrätig.


 

Sam. Lucas wurde 1797 in Elberfeld als Druckerei und Buchhandlung gegründet. Die Firma zog in den 60er Jahren von der Morianstraße um in einen Neubau am Deutschen Ring. Sie war einer der größten Kalenderdrucker Deutschlands ("Glockenkalender"), druckte Kursbücher der Bundesbahn, hatte einen Telefonbuchverlag und war einer der größten Druckereien im Bergischen Land. Das Unternehmen wurde an die amerikanische ITT verkauft, diese hat es nach allen Regeln der Kunst "in den Sand gesetzt". Um 1995 wurde das Unternehmen liquidiert.
Ich habe dort nach dem Studium von 1971-74 gearbeitet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Notensatz im Detail.

 

Zur Verdeutlichung: die einzelnen Satzstücke:

 

 

Nicht bewusst hat ein Bergischer ein Stadt mit eigenem Namen gegründet. Der in Remscheid geborene spätere Chemiker Carl Leverkus gründete in Wiesdorf eine chemische Fabrik, die später mit der des Gründers Bayer aus Elberfeld fusioniert wurde. Die neu erwachsene "künstliche Stadt" um das gigantische Werk herum wurde Leverkusen genannt und "Bayer Leverkusen" zu einem Inbegriff deutscher Konzernmacht.

- Alles vorbei inzwischen. Aber Leverkusen existiert noch und hat einen mal mehr und mal weniger guten Ruf im Sport, dort im besonderen Maße im Fußball. Gefördert und ins Gerede gebracht vor allem durch seine Trainer und Manager. So gesehen ist "Bayer Leverkusen" die einzige Werksmannschaft, die in er Bundesliga spielt.

 

 

Zeichnung von Erika Tesche-Feder