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  | Gesang & Musik 3 | 
     
     
       | Chöre gibt es viele auf der Welt. Kaum aber irgendwo so 
      viele wie in Solingen, gemessen an der Einwohnerzahl. Warum eigentlich? 
      Was treibt die Solinger in den Gesang? Lästerer behaupten, das Trinken 
      nach der Probe. Kann sein. Manche meinen, es sei die pure Faulheit, weil 
      jeder andere Verein - Turnen, Laufen, Fußballspielen, Schießen, 
      Hahneköppen - setzt körperliche Bewegung voraus. Sänger(innen) stehen rum 
      und bewegen nur den Mund. Selbst Walter Scheel, der nachmalige 
      Bundespräsident, wurde durch sein geschmettertes "Hoch auf dem gelben 
      Wagen" (heute politisch korrekt als Anbiederung an China wollen alle ein 
      "Hoch auf die Gelben wagen") über alle Maßen bekannt. Haben die Solinger 
      nur als erste die allseligmachende Glücksformel der Welt gefunden? Frieden 
      durch Singen? Freude durch Musik und Entspannung durch musikalisches 
      Miteinander? Zuzutrauen wäre es den cleveren Menschen hier. 
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       |     Frage an die heutige Jugend: Was ist das? Es ist keine CD, 17 cm im Durchmesser, 
       schwarz, kann von beiden Seiten abgespielt werden, hat in der Mitte ein 
       Loch, mit dem richtigen Gerät kommen Töne raus und hat ganze Generationen 
       glücklich gemacht? Unter dem gleichen Namen laufen heute viele 
       unglückliche Menschen herum. ??? Antwort: Single.  |    |  | 
     
       | Eine Total-Solingen-Produktion für westfälische 
       Texte (sage einer, wir wären nicht offen und tolerant !). 
       Die Musik stammt von Musikdirektor Karl Kemper, Becker ist in 
       Solingen Stammgast gewesen, die Produktion wurde vom Solinger 
       Schallplattenverlag Rhenania gestemmt, Bruno Unterbühner aus Wald machte 
       das Starfoto und die Druckerei Knoche, Wald, druckte das Cover. Das 
       inzwischen Solinger Schloss Burg ist drauf, der damals neue Schriftzug 
       und die alte Lobeshymne soli deo gloria, nur Gott sei Ehre.  | 
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       "Zum Kuckuck noch mal"*), werden Sie jetzt 
       sagen, da ist der Kuckuck falsch geschrieben. Nein, keineswegs, es 
       handelt sich um die Lieder des Dichters Fritz Kukuk.
 
       *) Lieblingsfluch der Lehrerin Käthe Plier am 
       Aufbauzug Solingen (Aufbau-Realschule in den Räumen der heutigen 
       Grundschule Brühl) | 
     
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       Diese Gaststätte existiert noch und bewahrt das Andenken an den 
       Heimatdichter Fritz Kukuk 
         
  
  
       Er verstarb Heilig Abend 1987. Die Schallplatte wurde 1976 aufgenommen. | 
     
       | Und noch mal Heimat, bis die Nadel wackelt: der 
       Stahlgießerchor der Firma C. Großmann lässt von sich hören.                      Und Werner Becker setzt die Reihe der Kukuks-Lieder 
       vor, fernab der lauten Straßen.  |  
        
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       | Singen war keineswegs nur eine 
       Vereinsangelegenheit. Heute, multimedia-zugedröhnt und schon im Babyalter 
       hörgeschädigt, kann man sich nicht mehr im Ansatz vorstellen, was 
       Hausmusik früher bedeutet hat. Zu Zeiten, da es noch nicht einmal die 
       Schallplatte als "normale Haushaltsausstattung" gabe und der Rundfunk 
       noch ein unheimlich Ding war. Insofern ist das Idyll, wie auf einem 
       Umschlag abgebildet, durchaus kein Produkt realitätsfremder Phantasie, 
       sondern allenfalls Idealisierung eines Brauchtums. | 
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       | Gesangbücher waren damals durchaus 
       Gebrauchsgegenstände, nicht nur Zierstücke. Und da es weder DJs noch 
       Hitparaden gab, trugen die Lehrer das Liedgut zusammen. Denn die Lehrer 
       waren oft auch die Organisten und Chorleiter, auch der älteste heute noch 
       existente Männerchor Deutschlands, die Meigener, wurden von einem Lehrer 
       mitgegründet und geleitet. Man traf sich in der Schule, nicht in der 
       Kneipe. Singen war also eine ernsthafte Angelegenheit und sie geschah 
       damals entweder zur Ehre Gottes oder zum Ruhm des Vaterlandes - und nicht 
       selten in Kombination. Insofern ist es erklärlich, dass es evangelische 
       und katholische Gesangsbücher mit entsprechenden Texten gab (und gibt) 
       und auch politisch gefärbte, denn die Kommunisten und Falken und 
       Sozialisten trällerten andere Lieder als die bürgerlich-konservativen. 
       Gesang war schon immer Ideologie pur.  |  
 
       9. 2. 1928 von der Regierung zu Düsseldorf genehmigtLadenpreis gebunden 1,10 Mark
 H. Knape, Lehrer in Barmen und H. Weitkamp, Rktor in Elberfeld, beide 
       "praktische Schulmänner"
 Sam. Lucas, Elberfeld
 
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       | Wie einen - hier mich, den völlig Unmusikalischen - 
       doch die eigene Vergangenheit wieder einholt. Obwohl nachweislich 
       choruntauglich (Lehrer Schruck: "Was brummt denn hier so?"), habe ich 
       immerhin in der Nachfolge der Knabenschule Zweigstraße den Ernst des 
       Lebens zu begreifen versucht (allerdings ko-edekutiv, während meine 
       Mutter noch auf die Parallelschule, nämlich die Mädchenschule Zweigstraße 
       gegangen ist) und dann nach dem Studium bei Lucas in Elberfeld 
       gearbeitet. Aber da druckten wir Kurs- und Telefonbücher, nicht mehr 
       Gesangbücher. Ja, und wer hätte noch nichts "bei Tückmantel" gekauft, allerdings später 
       nicht mehr wissend, dass dieses Geschäft einst einen so poetischen Namen 
       trug.
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       |   Solche Lieder waren 
       damals Brauch. Was heute so gut wie nur in Kirchen erklingt, war 
       seinerzeit gängige Hausmusik. Die Simplizität der Tonsetzung deutet es 
       an. Das konnte jeder auch per Blockflöte, Laute, Pianola, Akkordeon oder 
       Violine begleiten. Und die Texte, allesamt mit Volkslieder-Charakter, 
       prägten sich fest als Lebenshilfe ein und stellten eine nicht zu 
       unterschätzende Gemeinsamkeit, eine Bindung im Volk dar. Heute dividieren 
       Kenntnisse von Hits die Menschen in Fan-Clubs, seinerzeit verbanden sie 
       alle zu einer gemeinsam aktions-, sprich singfähigen Gemeinschaft. Ein 
       emotionales Politikum, das heute schlichtweg fehlt (und das leider auch 
       oft genug ausgenutzt wurde).  |  
 
 
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       | Von der Mentalität her neigt der Solinger zwar zum 
       Spritistischen, eher jedoch zum Spiritus in trinkbarer Form. Rein von der 
       Stimmlage ist der Solinger dem Rheinischen Frohsinnslied zugeneigt, von 
       der Stimmungslage her allemale. Texte wie "Wenn ich su an ming Heimat 
       denke un sin d'r Dom su vör mir ston" liegen ihm, zumal von den Höhen von 
       Widdert aus gut. "Meer rigge met däm Essel op d'r Drachenfels" ist 
       Schilderung des Sonntagsausfluges, "Heidewitzka, Herr Kapitän" ist bei 
       jedem Kneipenbummel angesagt, "Drum solt ich im Leben ein Mädel mal 
       frei'n, dann muß es am Rhein nur geboren sein" bezieht sich auch auf die 
       Nebenflüsse, also die Wupper; "Pfeifet auf die Gröschelchen, hüpfet wie 
       die Fröschelchen" beschreibt gut die Festtagslaune, "Rheinische Lieder, 
       schöne Frau'n beim Wein" sind stets willkommen und "Wenn Du eine 
       Schwiegermutter hast" sind Worte des Dichters, denen man stets eingedenk 
       ist.  |  
 
       Druck: Gutenberg-Druckerei, Köln; 1936 
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