Solingen und sein Industriebezirk 4

Solingen ist eine Stadt ohne Universität, aber keineswegs ohne Bildung. Im Gegenteil, es gibt nicht wenige Künstler, Wissenschaftler, Manager, die in den Solinger Schulen gewissermaßen die Saat für ihre späteren Leistungen legten oder, die Leistung der Lehrer würdigend, gelegt bekamen. Schulen haben ihre Eigenart und Geschichte, man war und ist stolz darauf, auf eine bestimmte Schule zu gehen, es gab und gibt regelrechte Konkurrenz und ein Image-Wettbewerb - und in Gebäuden gemessen, gibt es wahrlich nicht zu wenige. Viele der "alten Pennen" sind erhalten, wenn auch erweitert, etliche Klotzbauten sind als Zweckgebäude hinzugekommen.

 

"Zu Anfang des 17. Jahrhunderts gab es im Bezirk Solingens zwei reformierte Kirchenschulen, eine lateinische für höhere Berufsarten und eine deutsche für jedermann, die vom Konsistorium (Presbyterium) und vom Magistrat gemeinschaftlich unterhalten und verwaltet wurden."

Was immer die Schule auch heute für eine Bedeutung haben mag und soll, vor rund 100 Jahren sah man es so: "Der Volksstaat beruht auf der Erziehung aller Staatsbürger zur höchsten Leistungsfähigkeit und vollen sittlichen Verantwortung. Daraus erwächst der Schule die Aufgabe, alle in der Volksjugend schlummernden geistigen und sittlichen Kräfte zu wecken ... und auch die Anlagen zu praktische rTüchtigkeit zu entwiceln. Damit wird weiter das Wort Diesterwegs wahr: ,Volksfreiheit und Volksglück durch Volksbildung'."

 

1794 erfolgte die Gründung der Solinger Lehrer-Konferenz, mit immerhin 38 Lehrern. Einige Schulen waren da bereits vierklassig. Um 1800 unterrichtete ein Lehrer mit je einem Gehilfen ca. 130 Schüler. Der Staat Preußen führte um 1815 die allgemeine Schulpflicht ein und übernahm die Aufsicht über alle Schulen. Danach wurden "an allen Ecken und Enden" Schulen gebaut.

Unterricht wurde in den vergangenen Jahrhunderten vor allem auch "von der Geistlichkeit" gegeben, Pfarrern und Mönchen oder Brüdern der Sozietät. Schulen waren keine Gebäude, sondern irgendwelche Räume, auch Ställe und Scheunen, zweckmäßig hergerichtet. Die ersten Lehrer außerhalb des Klerus waren "gut unterrichtete Bewohner", meist ältere Handwerker. Solche Schulen nannte man "Winkel- oder Heckenschulen". Davon gab es etliche in Solingen, um vor allem die Schulwege zu verkürzen. Das Schulgeld war danach gestaffelt, an welchem Unterricht jeweils die Schüler teilnahmen.

 

Lutherische Kirche, rechts daneben ehemaliges Rathaus, später Schule; Situation um 1870; Gemälde von Rud. Haag.

Diese ev.-luth. Kirche samt Rathaus standen in unmittelbarer Nähe zur ev.-ref. Kirche (Stadtkirche, Stadtmittelpunkt) am Fronhof.

 

Alte Bürgerschule von 1841 (1891 Foto von Alb. Weyersberg)

 

 
 

 

Alte Schule Hecken

 

Schule Krahenhöhe

 

 
Schülerzahlen um 1900

Da mögen sich heutige Schulen einen Grusel dran holen - oder ein Beispiel nehmen, denn: sind die Schüler wirklich früher "dümmer" von der Schule gekommen, immer gemessen am vermittelten Stoff ???

 

 
 

 

 

Berufsschule Wald

 

 

Die "Solinger Bürgerschule" hat eine lange Tradition, jedoch war sie in vielen Gebäuden untergebracht:
1689 in der Brunnenstraße
später im Rathaus am Kirchplatz
1843 im kath. Pfarrhaus Klosterwall
1845 Eckhaus Klosterwall-Kaiserstraße (Vollmann'sche Schule)
1859 Friedrichstraße
1897 Schwertstraße

Bedeutende Schüler, die in oder im Kreis Solingen geboren die Solinger Bürgerschule besucht haben:

Prof. Clauberg, Universität Duisburg. *1622
Prof. Joh. Melchioris, Universtität Herborn, *1646
Prof. Johannes von Lüneschloß, * Solingen 5.2.1620, + Weinheim 17.12.1699, (Dr., Professor der Mathematik, Physik u. Geographie an der Universität Heidelberg 1652-1695, Rektor (1654), Marburg (6.7.1694), Frankfurt (1696), Weinheim (1698)
Johann Peter Berg, † 1801, Prof. in Duisburg
Clemens Berg,  † 1708, Prof. in Duisburg
Dr. iur. Wilhelm Dinger,  † 1730
Johann Wilh. Berger, Lehrer, *1747
Johann Arnold von Recklinghausen, Verfasser der Berg. Reformationsgeschichte, *1753
Johann Wilhelm Meigen, Naturforscher, *1764
Franz Wilh. Oligschläger, Botaniker, Erforscher der Berg. Geschichte, *1809
Friedrich Albert Lange, Philosoph, *1828
Peter Witte, Heimatdichter
Rudolf Hartkopf, Dichter des Bergischen Heimatliedes
Walter Schulte vom Brühl, Schriftsteller,  † 1901
Rudolf Cronau, Schriftsteller (u.a. Gartenlaube)
Geheimrat Coppel, Ehrenbürger Solingesn,  † 1904
Friedrich Amberger (Montanus), Verleger

1871 wurde in Solingen ein Lyzeum gegründet (Höhere Töchterschule).