Solingen ist grün - 4

Vom Urwald sagt man, er decke ganze Kulturen zu. Vielleicht finden eines Tages Archäologen auch Solingen verborgen unter Gestrüpp wieder. Pläne, die Stadt überwuchern und zuwachsen zu lassen, sind längst vorhanden und an vielen Stellen der Stadt sind die Arbeiten zum Rückbau schon stark im Gange. Motto: Wo Solingen ist, kann der Urwald nicht weit sein. Na dann auf die Bäume, Ihr Affen.

 

Wer nach Solingen kommt, fährt durch grüne Tore. Die Breite der Straße, sollte man besser sagen: die Enge der Straße ist keine optische Täuschung, sondern die pure Armut, getarnt hinter dem unschlagbaren Argument «landschaftsbewahrender Inversionsstrategie mit nur minimalern Eingriffen in naturbelassene Strukturreservate zur Konservierung ökologisch intakter Großflächennutzung » (diese Formulierung schenke ich großzügig der Stadt für die Ablehnung irgendeiner Forderung nach Ausbau von Straßen).

Katterberger Straße, von Brücke kommend

 

Mit solchen alpenähnlichen, bergdörfer-verbindenden Nebenstraßen muss man überall mitten im Stadtgebiet rechen. Holländer und ähnliche Flachlandfahrer sollten Solingen großräumig umfahren oder Trainingskurse absolvieren.

 

 
 

Wie gefährlich, wie unbefahrbar Solingen ist, macht diese Schilderkombination unmissverständlich klar: wegen herumlaufender Kühe in engen Gassen langsam fahren, denn selbst die Kinder laufen weg und müssen wieder eingefangen werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

links und unten
Eingang Unterkatternberg

Wer dennoch nach Solingen hinein fährt (Bild rechts), dem muss klar sein, dass in ganz Solingen Halteverbot herrscht (Bild mitte).

 

Schon bald trifft man auf erste Besiedlungsspuren ... auf dieser Hauptdurchgangsstraße, einer nicht wenig befahrenen Ortsein- und Ausgangsstraße.

 

Für Fahranfänger: Das Schild besagt, hinein dürfen nach Solingen nur weiße Autos, raus nur rote.

Mit einem sehr guten Bekannten lebe ich seit Jahren in einem fürchterlichen Streit. Immer, wenn er mich besucht (er kommt von auswärts), schimpft er fürchterlich über Solingen. Ich jedoch behaupte stets - und mit Recht ! - in Solingen gäbe es durchgängig eine grüne Welle. Er behauptet genau das Gegenteil. Nun sind wir dahinter gekommen, woher der Streit kommt. Er meint die Ampeln, ich die Straßenränder.

 

 

Übrigens, je nachdem, woher sie kommen, sind das die ersten Bewohner, die sie sehen (mitten in der Stadt, wohlgemerkt). Die ECHTEN Solinger können Sie relativ gut erkennen: sie haben KEINE gelben Marken im Ohr.

 

 

Wie bereits mehrfach erwähnt wohnt auch der Liebe Gott in Solingen im Grünen. Und das auch noch direkt im Weg, der - nein: das - sich hier Weeg schreibt.

 

Weeger Kirche mit Glockenturm an der Glockenstraße

Natürlich duckt sich auch das 1899 erbaute dazugehörige Pfarrhaus aus rotem Ziegel hinter grünen Bäumen.

 

 

Die Sucht nach Grün geht so weit, dass sich beispielsweise Anstreicher hinter Hecken verstecken und anstatt Farben nur Tarnfarben benutzen.

 

Hohlstraße

Sie ahnen es: auch diese Straße ist mitten in der Stadt, in der Industriestadt :-)

 

 

Alternative à la Solingen: entweder grün oder Halteverbot. Nicht selten kombiniert. Das Stadtgebiet als Zone mit besonderer Erschwerung, so baut man Frust auf, der sich auf Ausfallstraßen ausrast.

 

 

Hier sehen Sie das Rathaus. Und wenn Sie es nicht sehen, dann liegt es, wie wohl klar bewiesen, daran, dass Solingen eine Urwald-Stadt ist. Oder Halteverbot gilt. Dass die Ampel grün zeigt, ist allerdings so selbstverständlich nicht. Wenn etwas in Solingen rot ist, dann die Grüne Welle. Aber, Gerechtigkeit muss sein, eben nicht immer.

 

 

Selbst wo blau ist, ist grün. Und wo grün ist, ist Haltverbot (siehe unten links im Bild).

 

 

So grün, wo kann es wohl hingehen - und dann auch noch unter einer niedrigen Brücke her? Natürlich, direkt ins Zentrum der Stadt (dass hier nur noch wenig mehr als einen Steinwurf entfernt ist). Und wer ganz genau hinsieht, erkennt das Halteverbot. Weil: Es ist ja grün.

 

Eine aparte Idee, wie sie nur in und an einem Rat(los)haus entstehen kann: erst lässt man den Giebel mühsam mit einem impressiven Monumentalbild total bemalen und hat damit einen Blickpunkt geschaffen, der viel Lob verdient. Dann lässt man ihn schnell wieder zuwachsen, damit man das Gemälde ja nicht sieht. Toll, gerne zahlen wir weiter auch noch mehr Steuern, wissen wir sie doch auf diese Weise gut verwendet. Die Stadtkasse, wen wundert's, hat sich natürlich auch ins Grüne verzogen. Sie residiert in der Ohligser Heide und steht damit fast unter Naturschutz. Na, das immerhin.

 

Vielleicht ist der Übergang vom Rathaus zur Seniorenresidenz (hieß das nicht früher Altersheim?) nicht sehr geschickt (vielleicht aber doch, denn das Rathaus grenzt an den Friedhof), aber auch direkt an Durchgangsstraßen gelegene Altersheime (wie geschickt) sehen zwar nach Beton aus, wenn man sie geschickt fotografiert, entwickeln sie jedoch den Charme, den Investoren mögen: Das Haus bloß nicht so bauen, dass irgend einer mal auf die Idee käme, es hätte image-prägenden Charakter und muss damit unter Abrissschutz gestellt werden.


 

 

Doch es gibt auch schöne Häuser, sogar sehr schön renovierte Häuser in der Stadt, die mit einem Tupfer Grün noch schöner aussehen. So wie das ehemalige Amtsgericht, Ende vorigen Jahrhunderts vom Papierfabrikanten Jagenberg gebaut und an den preußischen Staat verkauft, nunmehr Arbeitsgericht und gleichzeitig Außenstelle des Jugendarrestes Remscheid. Arbeitsgericht und Jugendarrest - o Grün, wuchere kräftig über diese makabre Kombination.